Jenseits Der Unschuld
Delmonico's, und es war eine Leihgabe, also bereits verkauft.
Edwards Puls beschleunigte sich. Er betrachtete sein Porträt und die Art, wie Sofie ihn gemalt hatte. Für Edwards Begriffe ein ausgesprochen schmeichelhaftes Porträt; sie hatte ihn eleganter, attraktiver dargestellt, als er in Wahrheit war. Dann sah er sich weiter um. In anderen Arbeiten zeigte sie ihn an Orten, wo er sich nie aufgehalten hatte, in einem Cafe oder in anderer Umgebung mit Menschen im Hintergrund. In jeder Darstellung schien sie eine momentane Gemütsverfassung in seinem Gesicht einzufangen. Momente, die es nie gegeben hatte, die Softes Fantasie entsprungen waren. Oder hatte sie sich seine Gefühlsregungen ins Gedächtnis zurückgerufen und nur den Hintergrund dazu erfunden?
Edward sah sich verwundert um. Von allen Wänden blickte ihm sein Konterfei entgegen. Und plötzlich begriff er.
Sofie hatte all diese Arbeiten in den letzten achtzehn Monaten gemalt, seit sie seinen ersten Antrag abgelehnt hatte, um in Paris zu studieren. Während er in seiner Diamantenmine in Südafrika wie ein Sklave geschuftet und Tag und Nacht an sie gedacht hatte, hatte sie kein flatterhaftes Leben mit ihren Freunden in Paris geführt, sich nicht in Bars und Cafes herumgetrieben. All diese Bilder waren in Paris entstanden, sie musste beinahe Tag und Nacht gemalt haben. Und dabei hatte sie die Beschwerden ihrer Schwangerschaft durchgestanden und ihre Tochter zur Welt gebracht. Edward war verblüfft und überwältigt.
Und eines wurde ihm schlagartig klar. In der Zeit ihrer Trennung hatte sie sich ebenso nach ihm verzehrt wie er sich nach ihr.
Sofie war frühzeitig in der Galerie erschienen. Sie hatte mit dem Gedanken gespielt, Edward zu fragen, ob er sie begleiten wolle. Ihr graute vor den Kritikern und den Besuchern gleichermaßen, und es wäre tröstlich, Edward neben sich zu wissen. Sein selbstbewusstes Auftreten hätte ihr Kraft gegeben. Doch dann besann sie sich eines Besseren. Sie musste stark sein, zumal sie nicht wollte, dass er ihre Arbeiten jemals zu Gesicht bekam.
Sofie betrat die Galerie eine halbe Stunde vor Beginn der Vernissage. Das Herz krampfte sich in ihrer Brust zusammen. Jacques war nicht ansprechbar, da er mit wirrem Blick durch die Räume hastete und in letzter Sekunde hektisch ein paar Bilder unihängte. Die Minuten schleppten sich endlos dahin. Plötzlich öffneten sich die Türen, und die ersten Besucher betraten den Saal.
Bald füllte sich der Ausstellungsraum. Und dann erspähte Sofie ihre Mutter und Benjamin. Das Herz schlug ihr bis zum Hals. Sie hatte keinen von beiden erwartet. Ihrer Mutter hatte sie nichts zu sagen, aber bei Benjamin musste sie sich bedanken, zum einen für sein Erscheinen und zum anderen für den großzügigen Scheck, den er ihr als Hochzeitsgeschenk geschickt hatte. Sie bahnte sich einen Weg durch die Menge und bemerkte zu spät den Marquis von Connaught in Begleitung ihrer Eltern.
»Sofie, Liebes! «, rief Suzanne.
Sofie nickte ihr knapp zu, stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste Benjamins Wange. Er sah sehr mitgenommen aus, bleich und abgemagert. Wie gern hätte sie ihm gesagt, dass es Lisa an nichts fehlte, spürte aber den kalten Blick des Marquis auf sich, der nur darauf wartete, dass sie Lisas Versteck preisgeben würde. Sofie drückte Benjamins Hand. »Danke, dass du gekommen bist... und vielen Dank für dein großzügiges Hochzeitsgeschenk.«
Benjamin brachte ein müdes Lächeln zustande. »Ich bin sehr erleichtert, dass du heiratest Sofie.« Er blickte sich in dem Ausstellungsraum um. »Jetzt begreife ich, dass Delanza der richtige Mann für dich ist. Ich wünsche dir viel Glück, Liebes.«
Sofie war den Tränen nahe. Sie nickte und bedankte sich noch einmal. Wenn Benjamin beim Betrachten ihrer Bilder erkannte, dass sie Edward liebte, würden andere es auch bemerken. Morgen war der Tag ihrer Hochzeit.
Wenn alle glaubten, es wäre eine Liebesheirat, würde der Skandal, dass sie ein uneheliches Kind von Edward hatte, vielleicht bald in Vergessenheit geraten. Oder aber alle Welt würde die Wahrheit erkennen: Die bedauernswerte Sofie O'Neil war hoffnungslos in einen Lebemann und Herzensbrecher vernarrt.
Suzanne versuchte erneut, ihre Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. »Sofie, Liebling, bitte.«
Sofie warf einen kurzen Blick in das bleiche Gesicht und die flehenden Augen ihrer Mutter, ehe sie ihr den Rücken kehrte.
Der Gedanke an Edana gab ihr Kraft, sich von Suzanne loszusagen. Sie
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