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Jenseits Der Unschuld

Jenseits Der Unschuld

Titel: Jenseits Der Unschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
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Freund. «
    »Verstehe«, meinte Paul und sah sie weiterhin prüfend an.
    Ihre Überempfindlichkeit hatte nur mit ihrer Schwangerschaft zu tun, tröstete Sofie sich. Suzanne hatte ihr gesagt, sie sei als Schwangere ein Nervenbündel gewesen. Während Sofie heimlich ihre Tränen wegzublinzeln versuchte, hielt Paul ihr ein Taschentuch vor die Nase.

    Sofie wischte sich die Augen und hörte sich sagen: »Er stand mir Modell für Junger Mann am Strand. «
    Paul wandte sich an Mrs. Crandal. »Noch ein Tässchen Kaffee?«
    Die Frau stand auf. »Nein, danke. Sofie ist übermüdet, wie Sie sehen. Auch ich bin erschöpft und sehne mich nach einem heißen Bad und einer warmen Mahlzeit. Wir müssen gehen. Sofie, Sie können morgen wiederkommen. «
    Auch Sofie war aufgestanden. »Mrs. Crandal hat recht. Es war selbstsüchtig von mir, sie durch ganz Paris zu schleppen, nur weil ich Sie unverzüglich sehen wollte, Paul.« Sie lächelte.
    Paul brachte sie zur Tür. »Ich hoffe, Sie kommen morgen wieder. Ich kenne nahezu jeden, der in Paris etwas mit Malerei zu tun hat. Sie müssen unbedingt andere Maler, Studenten, Lehrer und Kunsthändler kennenlernen. Und als erstes müssen wir ein Atelier und einen Meister für Sie finden.«
    Eine Welle der Zuneigung erfasste Sofie. »Vielleicht können Sie mir auch noch in anderer Weise behilflich sein, Paul. Mrs. Crandal muss bald nach New York zurück, und ich brauche eine Gesellschafterin.«
    Paul nickte. »Es gibt viele junge Frauen in Paris, die sich freuen würden, Ihre Gesellschafterin zu sein, Sofie. Ich denke darüber nach. «
    »Es muss eine Frau von untadeligem Ruf sein«, mischte Mrs. Crandal sich ein. »Auf keinen Fall eine Künstlerin.
    Sie muss außerdem Aufsichtsperson und Zofe in einem sein. «
    Paul nickte ernsthaft.
    Sofie stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste seine bärtige Wange. Ihre Blicke trafen einander in stummer Verständigung. »Bis morgen, Paul. A demain.«
    Die nächsten Wochen vergingen wie im Fluge. Sofie durchstreifte Paris und besichtigte die Sehenswürdigkeiten.
    Paul fand einen großen hellen Raum für sie, der ideale Arbeitsbedingungen bot. Natürlich lag das Atelier auf dem Butte. Mrs. Crandal missbilligte ihre Wahl, was nicht viel zu bedeuten hatte, da Mrs. Crandal alles und jeden missbilligte.
    Frauen waren an der Ecole des Beaux Arts nicht zugelassen, doch viele Kunstlehrer unterrichteten Schülerinnen in ihren Ateliers. Paul gab Sofie die Adressen einiger Meister, doch sie zögerte, bei einem von ihnen vorzusprechen.
    Sie fühlte sich noch nicht in der Lage zu arbeiten. Sie ging zwar jeden Tag ins Atelier, war aber zu nichts anderem fähig, als die weiße Leinwand anzustarren.
    Eines Morgens wachte Sofie in ihrem Pensionszimmer auf und stellte erstaunt und erleichtert fest dass sie nicht von morgendlicher Übelkeit heimgesucht war. Die Anfälle waren gottlob nie sonderlich schlimm gewesen, und während der Atlantiküberfahrt konnte sie ihren Zustand Mrs. Crandal gegenüber mühelos als Seekrankheit vertuschen. Sofie schälte sich aus Bergen von Decken. Die alten Pariser Stadthäuser waren unzureichend beheizt und die Nächte eiskalt. Der Blick aus dem Fenster bot ihr eine verzauberte Winteransicht. Über Nacht war der erste Schnee gefallen. Die spitzen Giebeldächer, die Markisen der Geschäfte und das Kopfsteinpflaster waren wie mit Puderzucker bestäubt. Nie hatte die Ile Saint Louis malerischer ausgesehen.
    Sofie goss kaltes Wasser aus dem Krug in die Porzellanschüssel und wusch sich Gesicht und Hände. Weihnachten stand vor der Tür. Der Gedanke machte sie traurig und auch ein wenig ängstlich. Sie hatte noch nie Weihnachten alleine verbracht.
    Wo würde Edward an Weihnachten sein? schoss es ihr durch den Kopf. Der Gedanke machte sie noch trauriger.
    Unwirsch schüttelte sie die Verzagtheit ab, die sich um ihr Herz krallte. Sie bürstete ihr Haar, flocht es zum Zopf und zog eine frische, weiße Hemdbluse und den üblichen dunkelblauen Rock an, der ihr zu eng zu werden drohte.
    Dann hüllte sie sich in ein großes, orientalisch gemustertes Tuch, das nicht nur die Wölbung ihres Leibes verbarg, sondern sie auch vor der Kälte schützte. Wie gewöhnlich begab sie sich nach unten, um mit Mrs. Crandal und anderen Pensionsgästen das Frühstück einzunehmen, bestehend aus einer Schale Milchkaffee und knusprigen Croissants. Danach verabschiedete sie sich von ihrer Anstandsdame unter dem Vorwand, ins Atelier zu gehen.
    Ehe Sofie die Pension

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