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Jenseits der Untiefen

Jenseits der Untiefen

Titel: Jenseits der Untiefen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Favel Parrett
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gernhatte und dass er wünschte, er könnte auch einen zu Hause haben, aber Dad erlaubte es nicht, weil er Hunde hasste. Er erzählte George, dass Miles ebenfalls einen Hund haben wollte und dass er sich wünschte, Miles müsste nicht auf dem Boot arbeiten, weil er es gar nicht schön fand, die ganzen Ferien allein zu verbringen, und zu Joe konnte er nicht gehen, weil Joe zu tun hatte, weil er Großvaters Haus ausräumen musste und alles. Und dann fragte er George, ob er Großvater gekannt habe, und George nickte. Und Harry hatte sich das schon gedacht, weil damals hier jeder jeden kannte. Das hatte ihm jedenfalls Großvater erzählt.
    George sagte nicht viel, aber er schien zuzuhören. Er schien zu verstehen, was Harry ihm erzählte. Harry fragte ihn, wo er Jake herhatte, und wartete darauf, dass George antwortete. George goss noch einmal Tee in beide Tassen, rührte Milch und Zucker hinein wie zuvor und nahm einen Schluck.
    Er sagte, dass er Jake auf der Straße in der Nähe von Daryl Jarratts Haus gefunden hatte und dass er dürr und krank gewesen war und beinahe schon tot.
    Harry wusste genau, wie die Hunde von Daryl Jarratt lebten. Sie waren aggressiv, sie verbrachten ihr ganzes Leben an der Kette, sie hatten Schaum vor dem Maul und heulten und bellten und sahen aus, als wollten sie töten. Sahen aus, als wollten sie sterben. Einmal hatte er sie durch die Windschutzscheiben von Dads Lieferwagen gesehen – ihre aufgequollenen roten Augen, und der Geifer war ihnen von der kläffenden Schnauze getropft, als Daryl einen Kübel mit verrottetem Abfall vor ihnen auskippte.
    Dad war dorthin gefahren, um eine Kettensäge zu kaufen. Er hatte gesagt, dass Daryl aus Verzweiflung alles verkaufte, sogar sein Auto, und man alles so billig bekam, wie man wollte. Als sie nach Hause gekommen waren, hatte Dad über die Kettensäge gelacht, weil er gar keine brauchte. Er besaß eine viel bessere. Er sagte, er würde Daryls Kettensäge für das Doppelte dessen verkaufen, was er bezahlt hatte.
    »Verdammter Idiot«, hatte er gesagt.
    Harry war nie wieder auch nur in die Nähe dieses Grundstücks gegangen. Dabei waren sie fast Nachbarn. Er war nie wieder auch nur in die Nähe des roten Metallschildes gegangen, das an einer Kette über dem Ende der Einfahrt hing und auf dem mit großen Buchstaben in weißer Farbe stand:
Privatgelände.
    Harry sah hinunter auf Jake. Er lag jetzt auf dem Boden, und Harry streichelte seinen Körper, tätschelte seinen warmen Bauch. Die Augen des Hundes wurden schwer und schlossen sich. Und auf der Stelle war er eingeschlafen. Eingeschlafen mit dem Kopf auf Harrys Fuß.
    Jake hatte Glück gehabt. George hatte ihn gerettet.
    George stellte seine Tasse auf den Tisch und streckte sich. Harry wusste nicht, wie spät es war. Er wusste nicht, wie lange er schon hier saß. Sein Fuß unter Jakes Kopf fing wieder an einzuschlafen, und vorsichtig hob er sein Bein an. Jake erwachte und sprang auf. Er machte einen Buckel, streckte sich und gähnte. Er sah Harry an.
    »Ich geh besser mal«, sagte Harry.
    George stand auf, und sie gingen hinaus auf die Veranda. Die kalte Luft schlug Harry ins Gesicht, und er zog den Reißverschluss seines Parkas zu. George hob die Werkzeugkiste auf, die noch auf der Veranda stand. Er sagte, am Steg hinterm Haus gäbe es etwas zu reparieren. Er sagte, dass Harry wiederkommen dürfe, wenn er wolle.
    »Ich geh besser«, sagte Harry noch einmal, obwohl es nicht nötig war. Er verließ die Veranda.
    Doch dann blieb er stehen. Er drehte sich zu George um.
    »Könnte sein, dass ich wiederkomme«, sagte er. »Ein andermal.«
    George nickte, und Harry sah ihm nach, wie er wegging, dicht gefolgt von Jake.

M iles fing an, das Deck abzuspritzen, und eiskaltes Wasser sprühte ihm ins Gesicht und über die Hände. Wenn ihm die Rippen nicht so wehgetan hätten und das Einschussloch im Bootsdeck nicht gewesen wäre, hätte er denken können, gestern hätte es nie gegeben, weil alles so war wie immer. Sie waren wie immer rausgefahren. Nur Martin fehlte. Nur das war anders.
    Jeff war wie immer früh gegangen, und Dad war in der Kajüte. Miles ging hinein, als Dad gerade dabei war, den Motor zu starten. Es klang nicht gut. Der Motor stotterte und spuckte, den ganzen Tag hatte er so geklungen. Und sie hatten an den Friars fast nichts gefunden. Die riesigen Abalone, die gestern noch dort gewesen waren, waren verschwunden. Auch bei Tasman Head waren keine. Nirgendwo gab es welche, egal wie oft Dad getaucht

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