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Jenseits der Untiefen

Jenseits der Untiefen

Titel: Jenseits der Untiefen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Favel Parrett
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bedeutete, dass es leicht sein würde, ihn besuchen zu kommen.
    Aber es war nicht leicht gewesen. Und Miles hatte ihn nur ein einziges Mal besucht.
    Großvater hatte auf der Seite gelegen, ganz knochig und gelb, Schläuche steckten in seinen Armen, eine Maske bedeckte fast vollständig sein Gesicht. Er war zerknittert wie ein Stück altes Zeitungspapier, das Zimmer erfüllt von gurgelnden Geräuschen, jeder Atemzug war langsam und voll Flüssigkeit. Großvater war innerlich ertrunken, und Miles war wie ein Feigling in der Tür stehen geblieben.
    Er hätte zu ihm hingehen, hätte seine Hand halten sollen. Aber er tat es nicht. Er rannte den Flur entlang, rannte zurück zum Parkplatz und sagte Dad, dass Großvater geschlafen und die Krankenschwester ihm gesagt habe, er solle am nächsten Tag wiederkommen.
    Als sie nach Hause kamen, rief Joe an und sagte, dass Großvater gestorben sei.
     
    »Es ist alles in Ordnung, dein Freund wird wieder gesund – er hat nur ein gebrochenes Bein.«
    Die Krankenschwester hatte einen Arm um seine Schultern gelegt, und Miles bemerkte, dass seine Gummistiefel von der Elektroheizung glühten. Er wischte sich über die Wangen.
    »Das ist nur der Schock. Hier, ich habe dir Tee mitgebracht.«
    Aber Miles hatte keine Zeit, den Tee zu trinken, weil Dad hereinkam und sagte, sie würden jetzt gehen.

H arry erkannte das Gebüsch wieder, wo er den Hund das erste Mal gesehen hatte, und stellte sich so hin, dass er von der Straße aus nicht entdeckt werden konnte. Leise rief er »Hierher, Kleiner« und wartete, aber der Hund kam nicht. Wenn er wenigstens seinen Namen gewusst hätte, dann wäre er vielleicht gekommen, und sie hätten am Straßenrand spielen können. Harry hätte den Hund sogar für eine Weile mit nach Hause nehmen und ihm ein bisschen Milch oder etwas zu fressen geben können. Dad würde es nicht erfahren.
    Er rief noch einmal, etwas lauter diesmal, und suchte im Unterholz. Von hier aus war weder Georges Haus noch der Paddock zu sehen. Man sah nichts als Bäume. Solange er hinter der Baumreihe blieb, wäre er sicher. Sollte George auftauchen, konnte er weglaufen. George war groß und hatte einen Buckel, weshalb er wahrscheinlich nicht in der Lage war, schnell zu rennen. Nicht so schnell wie Harry.
    Nur ein bisschen näher wollte er noch herangehen, um zu sehen, ob er den Hund nicht vielleicht doch entdeckte.
    Es gab eine Spur, eine Art Pfad, den er zuvor nicht bemerkt hatte. Er war schlammig und glitschig von heruntergefallenen Blättern, und Harry war froh, dass er seine Gummistiefel angezogen hatte und nicht die Turnschuhe. Wahrscheinlich gab es Blutegel hier. Er ging langsam und lauschte.
    Einige der Eukalyptusbäume waren richtig groß – hoch ragten sie auf. Sie waren gerade gewachsen, und ihre ausladenden Kronen versperrten die Sicht zum Himmel. Er hörte Äste und Zweige knacken, aber das Geräusch kannte er. Immer knackte es irgendwo in der Ferne, auch wenn kein Wind ging. Es war das Geräusch, mit dem Knack-Akazien knackten. Das Geräusch, mit dem Zweige der Akazien in den Fluss fielen. In den engen Biegungen und schmalen Wasserläufen flussaufwärts gab es so viele Zweige, dass sie das Wasser beinahe stauten. Sie erstickten es geradezu. Flussabwärts dagegen war die Strömung stark. Das Wasser schluckte die Äste und Zweige und spülte sie ins Meer.
    Harry bog um eine Ecke, und vor ihm lagen die Hütte und der Paddock.
    Er hatte die letzte Baumreihe erreicht.
    Er hockte sich hin. George war nirgendwo zu sehen, aber er sah den Hund. Er lag flach auf der Veranda in einem kleinen Flecken Sonne, der durch die Wolken fiel. Er schien tief zu schlafen.
    Harry rührte sich nicht und beobachtete den Hund. Er wollte sich hinsetzen, weil ihm die Beine wehtaten, sie fühlten sich an, als würden sie gleich einschlafen, aber der Boden war nass, als er ihn mit den Händen berührte, und er blieb in der Hocke.
    Der Hund schlief wirklich. Er hatte sich nicht bewegt, weder den Schwanz noch die Ohren. Vielleicht war es besser, zu gehen und später wiederzukommen.
    Aber dann hob das Tier den Kopf. Eine Türangel quietschte, und die Hüttentür öffnete sich. Harry hielt die Luft an und stand völlig reglos da, als George auf die Veranda trat. Seine eingeknickten Beine brannten, aber er zuckte kein einziges Mal. Er bewegte sich nicht.
    George hielt eine Werkzeugkiste in den Händen. Er stellte sie auf die Veranda, drehte sich dann um und ging wieder hinein. Das war die Gelegenheit für

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