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Jenseits der Untiefen

Jenseits der Untiefen

Titel: Jenseits der Untiefen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Favel Parrett
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war.
    »Werden wir morgen rausfahren können?«, fragte Miles. Dad gab keine Antwort. Miles hätte sich zurückhalten sollen. Er hätte Dad in Ruhe lassen sollen, aber das tat er nicht. Er wollte, dass der Motor kaputt war.
    »Klingt übel. Der Motor klingt –«
    Dad schlug mit der Hand auf die Armatur.
    »Glaubst du, ich kann mir aussuchen, wann wir rausfahren? Glaubst du, ich kann mir das verdammt noch mal aussuchen?« Er drehte sich zu Miles um, die Fäuste geballt.
    »Raus hier!«, sagte er.
    Miles verließ die Kajüte, aber da schob Dad sich an ihm vorbei und sprang vom Boot. Miles sah, wie er über den Kai marschierte und für einen Moment beim Lieferwagen stehen blieb, und dachte, dass er einsteigen und einfach wegfahren würde, aber das tat er nicht. Er ging weiter. Er überquerte die Straße. Er würde in den Pub gehen.
    Miles stand auf dem Deck. Er war nicht sicher, was er jetzt machen sollte. Das Boot konnte nicht hier bleiben. Die Boote mit den Flusskrebsen und die Fangschiffe, die nachts draußen waren, würden diesen Platz am nächsten Morgen brauchen. Miles sah hinüber zu ihrem Liegeplatz in der Mitte der Bucht. Er war durch eine pinkfarbene Boje gekennzeichnet, und das Dinghy lag dort. In der Nähe machte eines von Mr Roberts zwölf Meter langen Tauchbooten fest, die
Reef Runner 
II . Mr Roberts besaß jetzt drei solcher Boote, ganz aus weißem Fiberglas, sauber und neu. Sie ließen Dads Boot klein erscheinen und noch abgewrackter und verblichener, als es war.
    Miles würde das Boot selbst wegfahren müssen.
    Er zerrte an dem dicken Tau, mit dem das Boot am Kai gesichert war, aber die Schlaufe ließ sich nicht über den stämmigen Pfahl ziehen. Er kletterte auf den Kai, stellte sich so nah wie möglich an die Kante und befreite die Schlaufe mit einem Ruck. Er warf das Tau aufs Deck, sprang ihm nach und verschwand in der Kajüte. Als er den Motor endlich startklar hatte, war das Boot meterweit vom Kai abgetrieben.
    Zum Liegeplatz zu kommen war noch leicht gewesen.
    Schwierig war es, das Dinghy zu starten, besonders im Winter. Miles drückte den Choke-Knopf drei Mal, um die beste Chance zu haben. Er zog am Startkabel, so fest er konnte, und beinahe sprang der Motor an. Beinahe. Miles versuchte es noch einmal, aber jetzt war er nicht mehr so nah dran. Er versuchte es noch fünf Mal. Nichts. Dad schaffte es normalerweise beim zweiten oder dritten Mal, aber nach dem zwölften Versuch fing Miles an zu keuchen. Er musste wieder husten. Und er schwitzte.
    Noch einmal versuchte er es mit dem Choke, er drückte den weichen Knopf, der den Diesel ins Innere des Motors einspritzte, und zog dann mit aller Kraft, die er noch hatte, zog mit dem ganzen Körper. Er
musste
ihn starten.
Musste
es diesmal schaffen. Aber der Motor sprang nicht an. Miles ließ das Kabel los und hustete in die Hände. Er setzte sich hin. Vor dem nächsten Versuch musste er sich eine Weile ausruhen.
    Irgendwo sprang ein anderes Dinghy an. Miles blickte auf und sah Mr Roberts Kurs auf ihn nehmen. Mr  Roberts winkte, und Miles winkte zurück.
    »Spring rein, wir schleppen’s ab.«
    Mr Roberts zog die Dinghys nah aneinander, während Miles hinübersprang. Er hatte nicht darüber nachgedacht, was er tun würde, wenn der Motor nicht kam. Es gab nicht viel, was er hätte tun können.
    »Machst du heute allein Schluss, Miles?«, fragte Mr Roberts.
    »Nee – ich meine, ich hab gefragt, ob ich’s heute mal allein machen darf.«
    Miles sah weg. Die Lüge war ihm peinlich. Mr Roberts hatte wahrscheinlich gesehen, wie Dad davongestürmt war, und er kannte Dad, wusste, wie er war.
    Zurück am Kai, verabschiedete sich Miles, wusste aber nicht, wo er jetzt hinsollte. Er ging zum Lieferwagen – abgeschlossen. Er konnte noch nicht einmal im Auto warten. Und in den Pub wollte er nicht gehen. Da hätte er schon völlig verzweifelt sein müssen. Tante Jean wohnte nicht allzu weit weg, aber dort wollte er auch nicht hin. Er wollte sie um nichts bitten. Er konnte bei Joe vorbeigehen, vielleicht war er zu Hause. Es waren nur vierzig Minuten zu laufen, aber wenn Joe nicht da wäre, dann säße er fest.
    »Ich nehm dich mit.«
    Das war wieder Mr Roberts. Auf einmal stand er direkt hinter ihm.
    »Es liegt nicht auf Ihrem Weg«, sagte Miles und hielt sich die Hand vor den Mund, weil er schon wieder husten musste. Mr Roberts zog etwas aus seiner Tasche. Es war ein Päckchen Mentholbonbons.
    »Ich geh nur rein und sag deinem Dad Bescheid«, sagte

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