Jenseits der Untiefen
schwindenden Licht bewegte. Es wurde Zeit, etwas zu tun. Etwas Eigenes.
Als Joe und Miles sich umzogen, lachten sie über nichts und über alles. Joe konnte eine seiner Socken nicht finden, und Miles blieb der Neoprenanzug an der Haut kleben, und er bekam den Arm nicht frei. Der Wind war eisig, aber Miles lachte so sehr, dass sein Gesicht wehtat. Er konnte es noch immer nicht glauben, dass er den Southport Bluff gesurft hatte. Aber er hatte es getan, er hatte ein paar der richtig großen Wellen hoch über ihm genommen. Sie liefen noch immer durch ihn hindurch.
Im Auto, beim Licht der Scheinwerfer, entspannte sich sein Körper. Nichts als ausgelaugte Muskelmasse schmiegte sich da in den Schalensitz. Aber Joe fuhr nicht los. Seine Hände lagen auf dem Lenkrad, und er rührte sich nicht. Er saß da und sah geradeaus.
»Ich glaube, ich mach mich morgen auf den Weg«, sagte er nach einer Weile. Er sah Miles an. »Wenn die Dünung noch stärker wird und ich morgen nicht losfahre, dann kann es Wochen dauern, ehe ich wieder durch die Meerenge rauskomme.«
Miles fiel keine Antwort ein. Es gab nichts zu sagen. Joe meinte, dass es wahrscheinlich das Beste wäre, Harry vorher nicht mehr zu treffen, weil er nicht in der Lage wäre, es ihm zu erklären, und dass Miles es ihm sicher besser erklären könnte. Und die ganze Zeit sah Joe seltsam aus, mit seinen aufgerissenen roten Augen. Er sah aus, als hätte er Angst.
»Erzähl du es ihm bitte. Und sag ihm, dass ich zurückkomme.«
Miles wollte aussteigen. Er wollte das Gefühl wieder haben, dass er noch vor fünf Minuten gehabt hatte, und er konnte Joe nicht ansehen. Er rückte, so weit es ging, von ihm ab und presste sich an die Tür, sodass der Griff in seine Rippen stieß. Joes Hände lagen immer noch auf dem Lenkrad. Hielten es fest umklammert.
Miles fragte sich, ob Joe vielleicht weinte.
»Ich muss einfach hier weg«, sagte Joe.
Es war still, bis auf Joes Stimme, und Miles wollte ihm sagen, dass er die Klappe halten sollte. Er wollte ihn fragen, um was oder um wen er weinte, was es hier zu weinen gab. Joe musste nicht bei Dad wohnen oder auf dem Boot arbeiten. Er musste sich nicht um Harry kümmern.
Joe parkte nicht in der Einfahrt. Er hielt in Sichtweite des Hauses am Straßenrand. Er ließ den Motor an.
»Wann genau fährst du los?«
Joe zuckte mit den Schultern. »Früh, schätz ich mal.«
Und Miles wusste instinktiv, dass Joe bereit war, sie jetzt sofort zu verlassen. Er würde sich wahrscheinlich noch heute Nacht davonmachen, und das war es, worum es an diesem Nachmittag gegangen war. Joe hatte die ganze Sache geplant. Das Surfen. Alles.
Miles öffnete die Beifahrertür, und Joe beugte sich hinüber und griff nach seinem Arm.
»Ich komme wieder, Miles. Wirklich.«
Miles stieß die Tür weit auf und schwang sich aus dem Auto.
»Ich bin erst neunzehn, Miles. Ich bin erst neunzehn.«
Miles schlug die Tür zu. Er ging die Einfahrt hoch und dachte, wenn er neunzehn wäre, dann wäre Harry fast fünfzehn, und dann würden sie beide sich auch schleunigst davonmachen. Das war es, was er dachte. Aber es fühlte sich nicht so an, als könnte es je so weit kommen.
Es fühlte sich an, als wäre das für ihn niemals drin.
M iles wusste, wie man Corned-Beef-Haschee machte, nur dass kein Corned Beef da war. Allerdings jede Menge Kartoffeln.
»Hast du Lust auf Kartoffelbrei, Harry?«
Harry saß vor dem Fernseher und sagte, ohne sich umzudrehen, ja. Dann fragte er: »Was gibt’s sonst noch?«
Miles sah im Schrank nach. Tomatensoße. Eine kleine Dose Baked Beans, trockene Nudeln, eine Zwiebel.
»Baked Beans?«
Harry nickte.
Der leuchtend rote Schäler funktionierte nicht mehr. Er war durchgerostet, und niemand hatte sich je die Mühe gemacht, ihn wegzuwerfen. Miles nahm ihn aus der Schublade und berührte mit dem Finger die verrostete Klinge. Er würde ein Messer benutzen müssen, und er nahm sich das schärfste aus dem Fach. Aber so schmutzig waren die Kartoffeln auch wieder nicht. Er konnte sie genauso gut einfach abschrubben und mit der Schale zerdrücken. Nein, das würde Harry nicht essen. Er sollte sie lieber schälen.
Es war schwierig, dicht an der Schale entlangzuschneiden, und am Ende hatte er viel Kartoffel weggeschnitten. Aber es war noch genug übrig. Kartoffeln machten satt. Wenn Mum mit ihnen zum Markt in Huonville gefahren war, hatten sie jedes Mal heiße Kartoffeln vom Kartoffelmann bekommen. Der kleine schwarze Metallofen war voller
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