Jenseits der Untiefen
dampfender Backkartoffeln gewesen. Eine Kartoffel, die, in der Mitte zerteilt, mit geschmolzenem Käse und Krautsalat gefüllt war und vor Butter triefte, reichte vollkommen aus. Sie hielt Miles den ganzen Tag von innen warm. Aber sie hatten weder Käse noch Butter noch irgendeine dieser Zutaten, nur Milch.
Miles gab Harrys Portion auf einen kleinen Teller, sodass sie größer aussah. Mit einer kleinen Dose Bohnen konnte man nicht allzu viel anfangen, und Miles achtete darauf, das Essen gerecht aufzuteilen, obwohl Harry wahrscheinlich nicht alles schaffen würde.
Es war früher Abend, aber draußen war es schon dunkel, als sie sich hinsetzten und ihre warmen Bohnen mit Kartoffelbrei aßen. Und Miles wusste, er würde Harry mit der letzten Milch einen Kakao machen, und er wusste, dass Harry danach fragen würde, sobald er den letzten Bissen aufgegessen hatte.
Und dann erzählte Harry von den beiden Leuten, die vor der Tür gestanden hatten. Den Leuten vom Fischereiverband.
M iles und Harry waren so lange wie möglich draußen geblieben, bis weit nach Mitternacht, sie waren so lange draußen geblieben, bis sie durchgefroren waren, weil Jeff und Dad seit zwei Tagen tranken. Jetzt waren sie zurück in ihrem Zimmer, und Harry musste dringend aufs Klo.
»Kletter einfach durchs Fenster«, flüsterte Miles.
»Ich kann nicht.«
»Warum?«
Harry sagte nichts. Er stand aus dem Bett auf und hüpfte von einem Fuß auf den anderen. Er konnte draußen einfach nicht aufs Klo gehen.
»Aber dann musst du durchs Wohnzimmer«, sagte Miles.
Außer den zwei kleinen Schlafzimmern gab es im braunen Haus nur noch das Wohnzimmer mit offener Küche, an das ein Betonbad angebaut war. Harry hatte Angst, öffnete aber trotzdem die Tür und schlüpfte hinaus. Miles hörte seine Füße auf dem Linoleumboden in der Küche. Jeff und Dad hatten nicht aufgehört zu reden. Vielleicht würden sie ihn nicht bemerken. Miles stand trotzdem sicherheitshalber auf. Er wartete an der Tür. Er hörte keine Toilettenspülung, aber das Gespräch der beiden war verstummt.
»Da ist er ja, der kleine Dummkopf.« Das war Jeffs Stimme.
Miles öffnete die Tür einen Spalt. Er konnte nur Jeff sehen, der im Sessel saß, und Harrys Rücken. Dad musste auf dem Sofa sitzen.
»Nimm einen Schluck, Harry«, sagte Jeff.
Eine Colaflasche stand auf dem Kaffeetisch. Es gab nie Cola im Haus. Jeff musste sie mitgebracht haben.
»Na los. Nimm einen Schluck.«
Harry schien zu glauben, Jeff würde ihm ein Glas Cola anbieten, denn er sagte okay. Jeff nahm die Flasche Whisky, die neben seinem Stuhl stand, und goss ein. Das Glas war halb voll, als er es Harry gab.
»Ich dachte, Cola«, sagte Harry und wollte Jeff das Glas zurückgeben.
»Du wirst das verdammt noch mal trinken.« Aber es war nicht Jeff, der das sagte. Es war Dad. Jeff lachte. Sein Gesicht war rot und glänzend, und er lachte.
»Trink das«, sagte Dad.
Harry nahm einen Schluck. Er hustete, während er versuchte, das Glas auf den Tisch zu stellen, aber Jeff stand auf und nahm Harry das Glas aus der Hand. Er nahm Harry in den Schwitzkasten, legte seinen dicken Arm um Harrys Hals und presste ihn fest an sich. Und bevor Miles wusste, was er tat, hatte er schon die Tür aufgerissen und rannte ins Wohnzimmer. Er sah Dad an, der schwammig und verquollen aussah. Glasige Augen, die keine Hoffnung versprachen.
»Lass ihn los. Du sollst ihn in Ruhe lassen!«, sagte Miles.
»Ah, der andere Dummkopf.« Jeff drehte sich zu Miles um und zerrte Harry mit sich. Es amüsierte ihn. Er grinste, er mochte die Aufmerksamkeit. Harry konnte sich nicht bewegen. Seine Augen waren blutunterlaufen, Tränen liefen ihm über die Wangen. Jeff rammte ihm das Glas an die Lippen und zwang ihn, den Mund zu öffnen. Die Flüssigkeit rann hinein, und Harry würgte und rang nach Luft. Whisky tropfte ihm übers Kinn. Miles wusste, wie Whisky schmeckte, er hatte schon einmal welchen probiert. Der Alkohol musste Harry im Hals, im Mund und in den Augen brennen. Und Jeff schüttete immer noch nach und zwang Harry zu schlucken, indem er seinen Kopf mit Handgelenk und Unterarm herumriss.
Miles machte einen Schritt und stürzte sich auf Jeff, aber Jeff rührte sich keinen Millimeter. Er trat mit dem Fuß nach Miles und erwischte sein Bein. Miles ging zu Boden, sein Kopf schlug gegen die Tischkante. Mit dem Gesicht nach unten fiel er auf den abgewetzten Teppich, der nach Fäulnis stank.
Miles hatte das Geräusch gehört, mit dem sein Kopf gegen
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