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Jenseits der Untiefen

Jenseits der Untiefen

Titel: Jenseits der Untiefen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Favel Parrett
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er. Und er wusste es wirklich nicht.
    Harry stand neben ihm und legte ihm eine Hand auf die Schulter. Er sagte immer wieder: »Uns wird nichts passieren. Uns wird nichts passieren«, und Miles wusste nicht, wie lange sie dort standen, aber irgendwann brach die Kälte herein, und er spürte sie. Es gab wieder etwas, das er spürte. Sein Kopf tat weh. Er schmerzte und stach, und sein rechtes Auge fühlte sich komisch an. Er konnte es nicht richtig öffnen.
    »Okay«, war alles, was er sagte.
    Harry führte sie über die Straße und einen Pfad entlang, er rannte fast.

S ie waren beinahe da, als drinnen ein Hund zu bellen anfing.
    Miles blieb stocksteif stehen, aber Harry ging weiter auf die kleine Holzhütte zu.
    »Das ist nur Jake«, sagte er in normaler Lautstärke, und in der Hütte ging ein Licht an. Eine Gestalt erschien in der halboffenen Tür.
    »Ich bin’s. Und Miles«, sagte Harry.
    Ein Hund schoss aus der Tür und rannte auf Harry zu. Er sprang ihm um die Füße, und der Mann an der Tür winkte ihnen zu, dass sie hereinkommen sollten. Harry folgte ihm, aber Miles zögerte. Vorsichtig betrat er die knarrende Veranda und versuchte, die dunklen Löcher und die fehlenden Teile im Gesicht des Mannes nicht anzugucken. Miles hatte George Fuller noch nie wirklich aus der Nähe gesehen, hatte noch nie sein Gesicht gesehen, aber aus irgendeinem Grund war er nicht erschrocken. Der Mann dort sah nur wie ein alter Mann aus. Er war nichts als ein alter Mann.
    Miles wandte sich ab und ging hinein. Eine kleine Gaslampe erleuchtete den Raum, der aufgeräumt und gepflegt war, sauber. Die Wände waren weiß gestrichen und hoben sich hell von der dunklen Holzdecke und den Stützbalken ab. An einer Wand stand ein kleines Bett, es gab einen Tisch, einen Sessel und zwei Holzstühle, ein einzelnes Regal mit ein paar Bechern und anderen Sachen, einen Holzofen in der Mitte des Zimmers, einen Läufer, einen Metalltrog mit einem Hahn darüber, der an der Wand befestigt war. Miles hätte nicht gedacht, dass so viele Sachen in einer Hütte wie dieser Platz hatten, aber sie hatten alle Platz.
    George bedeutete Miles, er solle sich in den Sessel setzen, aber Miles stellte den Rucksack auf den Tisch und setzte sich auf einen der Holzstühle. Harry hatte Miles nicht vorgestellt, es schien ihm zu genügen, einfach nur dazustehen und nichts zu sagen, also sagte Miles auch nichts. Er sah zu, wie George über dem Trog einen alten Kessel füllte, das Wasser rann langsam aus dem Hahn. Dann stellte er den Kessel auf den Holzofen. Harry legte Holz nach und setzte sich vor das Feuer auf den Fußboden, den Hund neben sich, als wäre nichts geschehen, als hätte es den Abend nicht gegeben, als hätte er schon immer in dieser winzigen Hütte mit dem alten Mann gelebt. Miles starrte seinen Rucksack an, dann den Fußboden. Sein Kopf tat jetzt richtig weh, und die Wärme im Zimmer ließ sein Auge anschwellen. Er spürte, wie die Schwellung wuchs, sein Augenlid fühlte sich fett und schwer an. Er räusperte sich.
    Harry drehte sich um.
    »Das ist Miles«, sagte er.
    Der Hund sah für eine Sekunde zu Miles auf, dann legte er seinen Kopf wieder in Harrys Schoß. Miles dachte, er sollte etwas sagen, aber ihm fiel nichts ein. George stand auf und nahm eine Kiste vom Regal. Er stellte sie auf den Tisch und holte eine Flasche Dettol und ein Tuch heraus.
    »Okay?«, sagte er, und es war ein Geräusch, das tief aus Nase und Hals kam, ohne dass der Mund daran beteiligt war. George zeigte auf den Schnitt auf Miles’ Stirn. Miles nickte.
    George verdünnte etwas Dettol mit Wasser und tauchte eine Ecke des Tuchs in die Flüssigkeit. Er ging zu Miles hinüber und berührte leicht seine Stirn. Er strich das Haar über der Wunde zur Seite und betupfte sanft den Schnitt. Das Desinfektionsmittel brannte auf der offenen Haut, und Miles zuckte zurück. Helles, frisches Blut klebte am Tuch. Miles holte Luft.
    »Alles in Ordnung?«, fragte Harry, und Miles nickte.
    George kramte in der Kiste und fand einen Butterfly-Clip. Er drückte die Haut eng zusammen und legte die Bandage an, dann bekleckste er Miles’ Auge und die Wange mit einer Salbe. Sie war kalt und roch wie der Kräutertee von Tante Jean, aber seinem Kopf ging es besser.
    Das Wasser kochte. George tat etwas Tee in eine Kanne und goss ihn mit Wasser auf. Es gab zwei Teetassen und einen Becher. George ging zur Veranda hinaus und kam mit einer Flasche Milch zurück. Er goss etwas davon in alle drei Tassen und stellte

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