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Jenseits der Zeit

Jenseits der Zeit

Titel: Jenseits der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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krachte einen halben Meter neben seinem Kopf gegen die Wand, der Ton zerbarst, Weihrauchkräuter verteilten sich überall am Boden.
    Holsp sprang auf Duyair zu.
    Duyair hielt dem Ansturm stand – er war fünf Zentimeter größer als der Hohepriester und zwanzig Pfund schwerer. Für Sekunden trieb ihn die Wucht von Holsps Angriff gegen eine Wand, die er kalt in seinem Rücken spürte. Holsp trommelte mit seinen Fäusten auf Duyairs Magengrube ein. Duyair schnaufte nur kurz, beugte sich etwas vor und stieß Holsp nach hinten. In den Augen des Hohenpriesters funkelte kalte Wut.
    Plötzlich drehte er sich einmal um seine Achse, hielt dann in einer ausgestreckten Hand eine blitzende Klinge.
    »Eine Waffe? Im Tempel?« fragte Duyair. »Ihnen ist nichts heilig, Lugaur.« Er machte einen Schritt vor, blieb dann stehen. Die beiden Männer starrten sich Sekundenbruchteile in die Augen.
    Dann riß Holsp die messerbewaffnete Hand nach oben. Duyairs Rechte sauste nach unten, ergriff das Handgelenk Holsps auf halbem Weg. Duyair hielt sich Holsp vom Leib und griff fester zu. Knochen knirschten, Holsp verzog das Gesicht, hielt das Messer aber fest.
    Langsam entwand Duyair ihm die Waffe, ging dann langsam auf den Hohenpriester zu. Zum erstenmal überzog Angst das Gesicht des Verräters.
    »Ich habe das Gespräch mit dem Kaiser mitgehört«, sagte Duyair eiskalt. »Sie haben Aldryne verraten, nicht wahr? Für zehn Prozent verschachert, Lugaur. Zehn Prozent! «
    Duyair erhob das Messer.
    »Im Tempel?« krächzte Holsp entgeistert und ungläubig. »Du willst mich hier töten?«
    Duyair kicherte. »Ihre Skrupel stehen Ihnen zu dieser späten Stunde nicht mehr besonders, Lugaur. Aber die Tempelordnung verbietet Mord; es steht allerdings nichts über eine Hinrichtung darin.«
    »Ras!«
    »Tragen Sie die Sache doch dem Kaiser vor, Prokonsul Holsp«, sagte Duyair kalt.
    Dann ereilte Lugaur Holsp sein Schicksal.
     
    Als er über den Leichnam gebeugt dastand, überkam Ras Duyair ein Hochgefühl, das aber schnell wieder verschwand. Er hatte einen Verräter hingerichtet, Holsp hatte den Tod verdient.
    Aber was jetzt?
    Dervons Flotte war mit Sicherheit unterwegs nach Aldryne, um die Verräter abzuholen, die Holsp hatte übergeben wollen. Die Flotte würde in Kürze eintreffen. Man würde ihr keine Rebellen übergeben. Danach war sicher, daß der Kaiser seine Pläne änderte, was bedeutete, daß er die völlige Zerstörung Aldrynes anordnete, um den aufständischen Welten eine Lektion zu erteilen.
    Kurz überlegte Duyair, ob es nicht besser gewesen wäre, Holsp am Leben zu lassen und sich dem Kaiser zu ergeben. Nein! Er verscheuchte diesen Gedanken. Es mußte irgendwelche Abwehrmöglichkeiten geben.
    Seine nächste Aufgabe bestand darin, das Leben hier wieder in allen Einzelheiten in Gang zu setzen: den Ablauf des Lebens im Tempel, auf ganz Aldryne. Man mußte den Menschen von Holsps Verrat berichten – sie durften ihn nicht länger als einen Nationalhelden betrachten.
    »Thubar! Heimat!«
    Duyair rief die Priester zu sich, und gleich hier im Andachtsraum erzählte er ihnen alles. Sie hörten ihm aufgebracht zu, starrten immer wieder auf den Leichnam Lugaur Holsps.
    Als er fertig war, sagte Thubar Frin: »Ich habe Holsps Behauptung, den Hammer zu besitzen, schon mehrmals angezweifelt. Aber das Volk hat ihm geglaubt.«
    »Das Volk hat etwas Falsches geglaubt«, sagte Duyair.
    Heimat Sorgvoy warf ein: »Der Tempel ist ohne seinen Hohenpriester. Ich schlage Ras Duyair als Nachfolger des Verräters Lugaur Holsp vor – er soll den Thron seines verehrten Vaters einnehmen.«
    Duyair schaute in die Runde der versammelten Priester und Akolythen. Keiner sagte ein Wort.
    »Ich nehme an«, sagte er dann. »Die Investitur wird unverzüglich durchgeführt.«
    Schweigend führte er die Versammelten hinüber in den Thronsaal. Dort sprach Heimat Sorgvoy als ältester Priester des Tempels die erforderlichen Gebete, zelebrierte einen kurzen Gottesdienst, und damit war Ras Duyair zum Hohenpriester des Tempels der Sonnen ernannt.
    Mit etwas zitternden Knien stieg er hinauf zum Thron seines Vaters. Bevor er sich setzte, sagte er: »Hiermit übernehme ich Pflichten und Aufgaben dieses Amtes.«
    Er ließ sich nieder.
    Wodurch in seinem Gehirn eine kleine Explosion ausgelöst wurde.
    Wie ein Schleier erhob sich der Nebel, der über seinem bisherigen Bewußtsein gelegen hatte – plötzlich hörte er die Stimme seines Vaters überall in seinem Kopf.
    »Der Tag, an dem

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