Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jenseits des Bösen

Jenseits des Bösen

Titel: Jenseits des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
Vom Netzwerk:
konnte. Nicht nach der Ermordung aller anderen Mitglieder des Schwarms.
    Ich mußte bleiben und auf eine Gelegenheit hoffen, ihn zu tö-
    ten.«
    »Dann hättest du auch Blut vergossen.«
    »Besser das und gefangen zu sein, als so weiterzuleben. Er hatte fünfzehn große Männer und Frauen getötet. Reine, gute Seelen. Einfach abgeschlachtet. Manche aus Spaß gefoltert.
    Natürlich nicht persönlich. Er hatte seine Handlanger. Aber er hatte sich die ganze Sache ausgedacht. Richtete es so ein, daß wir voneinander getrennt wurden, damit er einen nach dem anderen ausschalten konnte. Dann schaffte er die Leichen rechtzeitig nach Trinity, weil er wußte, daß keine Spuren dort zu-519
    rückbleiben würden.«
    »Wo sind sie?«
    »In der Stadt. Was von ihnen übrig ist.«
    »Mein Gott.« Tesla erinnerte sich an das Haus des Gestanks und erschauerte. »Ich hätte sie beinahe mit eigenen Augen zu sehen bekommen.«
    »Kissoon hat dich selbstverständlich daran gehindert.«
    »Nicht mit Gewalt. Es war mehr eine Frage des Überzeugens. Er kann sehr überzeugend sein.«
    »Unbedingt. Er hat uns jahrelang getäuscht. Der Schwarm ist
    - ich meine war - die Gesellschaft aus der Welt, in die man am schwersten hineinkommt. Es gibt außerordentlich komplizierte Prüfungen, um potentielle Mitglieder auf die Probe zu stellen und zu läutern, bevor sie überhaupt wissen, daß der Bund existiert. Irgendwie ist es Kissoon gelungen, sich durch diese Pro-zeduren zu schummeln. Oder die Iad haben ihn irgendwie ver-
    ändert, als er schon Mitglied war, was möglich wäre.«
    »Ist über die Iad wirklich so wenig bekannt, wie er behauptet?«
    »Aus dem Metakosm kommen so gut wie keine Informatio-
    nen. Er ist eine versiegelte Daseinsform. Was wir über die Iad wissen, läßt sich mit ein paar Worten zusammenfassen. Es gibt viele; ihre Definition des Lebens ist anders als die von euch Menschen - tatsächlich sogar die Antithese dazu; und sie wollen den Kosm.«
    »Was meinst du mit euch Menschen?« sagte Tesla. »Du bist ein Mensch wie ich.«
    »Ja und nein«, antwortete Mary. »Ich war auf jeden Fall einmal wie du. Aber der Prozeß der Läuterung veränderte die Natur. Als Mensch hätte ich nicht über zwanzig Jahre in Trinity überleben können, mit Skorpionen zu essen und Schlamm zu trinken. Ich wäre tot, wie es Kissoons Absicht war.«
    »Wie kam es, daß du den Mordanschlag überlebt hast und die anderen nicht?«
    520
    »Glück. Instinkt. Verbissene Weigerung, den Dreckskerl gewinnen zu lassen. Es steht nicht nur die Essenz auf dem Spiel, obwohl das schon wertvoll genug wäre. Es geht um den Kosm.
    Wenn die Iad durchbrechen, wird auf dieser Daseinsebene nichts unversehrt bleiben. Ich glaube...« Sie hörte plötzlich auf zu sprechen und richtete sich im Bett auf.
    »Was ist?« sagte Tesla.
    »Ich habe etwas gehört. Nebenan.«
    »Große Oper«, sagte Tesla. Lucia di Lammermoor war immer noch zu hören.
    »Nein«, sagte Mary. »Etwas anderes.«
    Raul machte sich auf die Suche nach der Ursache des Ge-räuschs, bevor Tesla ihn darum bitten konnte. Sie wandte Mary wieder ihre Aufmerksamkeit zu.
    »Ich habe immer noch nicht alles verstanden«, sagte sie.
    »Sogar ziemlich viel. Zum Beispiel, warum sich Kissoon überhaupt die Mühe gemacht hat, die Leichen in die Schleife zu holen. Warum hat er sie nicht hier in der normalen Welt vernichtet? Und warum hast du dich von ihm dort hinbringen lassen?«
    »Ich war verwundet; fast tot. Er und seine Meuchler haben mich sogar für tot gehalten. Erst als sie mich auf den Stapel der Leichen zerrten, kam ich wieder zu mir.«
    »Und was ist aus seinen Meuchlern geworden?«
    »Wie ich Kissoon kenne, hat er sie wahrscheinlich auf der Suche nach einem Ausweg aus der Schleife sterben lassen. Das hätte ihm Spaß gemacht.«
    »Also waren du und er über zwanzig Jahre lang die einzigen Menschen - oder Fast-Menschen - in der Schleife.«
    »Ich halb verrückt. Und er ganz.«
    »Und die verdammten Lix, was immer die sind.«
    »Seine Scheiße und sein Samen, das sind sie«, sagte Mary.
    »Seine fett und toll gewordenen Scheißhäufchen.«
    »Mein Gott.«
    521
    »Sie sind auch dort gefangen, so wie er«, sagte Mary voller Genugtuung. »Am Nullpunkt, wenn der Nullpunkt...«
    Rauls Schrei aus dem Nebenzimmer unterbrach ihre Worte.
    Tesla war innerhalb von Sekunden aufgesprungen und in die Küche gelaufen, wo Raul mit einem von Kissoons
    Scheißewesen kämpfte. Ihre Vermutung, daß sie starben, wenn sie aus der Schleife

Weitere Kostenlose Bücher