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Jenseits des Bösen

Jenseits des Bösen

Titel: Jenseits des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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gebracht wurden, hätte nicht falscher sein können. Die Bestie in seinen Händen sah kräftiger aus als die, gegen die sie und Mary gekämpft hatten, obwohl es sich nur um das Kopfende handelte. Sie hatte das Maul aufgerissen und näherte sich Rauls Gesicht. Er war bereits mindestens zweimal erwischt worden. Blut floß aus einer Verletzung auf der Stirn.
    Sie ging zu ihm und packte das Biest mit beiden Händen; jetzt, wo sie seine Herkunft kannte, ekelten Geruch und Berührung sie um so mehr. Es schien sich nicht einmal von vier Händen von seinem Tun abbringen lassen zu wollen. Es hatte die Kraft von drei seiner früheren Inkarnationen. Sie wußte, es war nur eine Frage der Zeit, bis es sie beide überwältigt haben und sich wieder auf Rauls Gesicht stürzen würde. Und dann würde es nicht nur sein Stirnrunzeln abbeißen.
    »Ich lasse los«, sagte Tesla. »Und hole ein Messer. O. K.?«
    »Beeil dich.«
    »Worauf du dich verlassen kannst. Auf drei, ja? Mach dich fertig, das ganze Ding zu nehmen.«
    »Ich bin bereit.«
    »Eins... zwei... drei!«
    Sie ließ bei drei los und rannte zur Spüle. Dort standen Berge ungespülten Geschirrs. Sie wühlte in dem Chaos und suchte nach einer geeigneten Waffe; die Teller rutschten in alle Richtungen, ein paar zerschellten am Boden. Aber der
    Erdrutsch legte Stahl frei; eines aus einem ganzen Set Küchenmesser, die ihre Mutter ihr vor zwei Jahren zu
    Weihnachten geschenkt hatte. Sie nahm es. Der Griff war klebrig von der Lasagne von letzter Woche und dem
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    Schimmel, der sich seither darauf gebildet hatte, aber es lag gut in der Hand.
    Als sie sich umdrehte, um Raul zu Hilfe zu kommen, fiel ihr ein, daß sie mehr als ein Lix-Stück aus der Schleife
    mitgebracht hatte - mindestens fünf oder sechs, dachte sie -, aber nur eines anwesend war. Die anderen waren vom Boden verschwunden. Aber sie hatte keine Zeit mehr, weiter darüber nachzudenken. Raul schrie auf. Sie kam ihm zu Hilfe und stach mit dem Messer auf den Körper des Lix ein. Das Tier reagierte sofort auf den Angriff, drehte den Kopf herum und entblößte die schwarzen Nadelzähne. Sie richtete einen Hieb auf dieses Gesicht und riß eine Wunde, aus der schmutziger gelber Schleim, den sie bis vor wenigen Minuten für Blut gehalten hatte, in großen Spritzern herausquoll. Die Zuckungen wurden zu einer Raserei, die Raul nur mühsam im Zaum halten konnte.
    »Zähl bis drei...«, sagte sie zu ihm.
    »Was diesmal?«
    »Wirf es weg!«
    »Es ist verdammt schnell.«
    »Ich halte es auf«, sagte sie. »Mach nur, was ich dir sage!
    Auf drei! Eins... zwei... drei!«
    Er folgte ihrem Befehl. Die Lix flog durch die Küche und landete auf dem Boden. Als sie sich bemühte, sich zum Angriff bereitzumachen, hob Tesla das Messer und ließ es mit beiden Händen auf die wütende Kreatur niedersausen. Mutter hatte einen guten Geschmack, was Messer anbelangte. Die Klinge schnitt durch die Kreatur und blieb im Boden stecken, wo sie sie unentrinnbar festnagelte, während ihr Lebenssaft weiterhin aus den Wunden floß.
    »Hab' ich dich, du Pisser!« sagte sie und drehte sich zu Raul um. Er zitterte nach dem Angriff, und es floß immer noch Blut in Strömen über sein Gesicht.
    »Du solltest die Wunden lieber auswaschen«, sagte sie.
    »Man kann nie wissen, welches Gift in diesen Bestien ist.«
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    Er nickte und ging ins Bad, während sie die Todeszuckungen der Lix verfolgte. Gerade als sie den Gedanken wieder aufgriff, den sie gehabt hatte, als sie mit dem Messer hereingekommen war - wo waren die anderen? -, hörte sie Raul sagen:
    »... Tesla.«
    Und sie wußte, wohin sie gegangen waren.
    Er stand unter der Schlafzimmertür. Seinem entsetzten Gesichtsausdruck konnte man deutlich entnehmen, was er sah.
    Dennoch schluchzte sie vor Ekel, als sie sah, was Kissoons Bestien mit der Frau angestellt hatten, die auf ihrem Bett lag. Sie waren immer noch emsig mit deren Ermordung beschäftigt.
    Alles in allem sechs und wie diejenige, die Raul angegriffen hatte, stärker als die, denen sie in der Schleife begegnet war.
    Marys Widerstand hatte ihr nicht das Geringste genützt.
    Während Tesla nach dem Messer gesucht hatte, um Raul zu beschützen - ein vorsätzliches Ablenkungsmanöver -, waren sie zu Mary gekrochen und hatten sich ihr um Hals und Kopf geschlungen. Sie hatte sich heftig gewehrt und war dabei halb vom Bett gerutscht, wo der Leichnam, ein zerschlissener Sack voll Knochen, immer noch lag. Eine Lix löste sich von ihrem Gesicht. Sie hatte ihre

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