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Jenseits des Bösen

Jenseits des Bösen

Titel: Jenseits des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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zweimal in ihrer eigenen Wohnung erreicht. Einmal im Schlaf; einmal, als sie Kaffee gemacht hatte. Wahrscheinlich konnte ihn nichts daran hindern, es noch einmal zu machen. Aber sie spürte keinen Kontakt mit ihm; überhaupt nichts. Vielleicht war er zu sehr darauf aus, daß sie sich hier für seine Belange einsetzte, und mischte sich deshalb nicht ein.
    Vielleicht hatte er andere Pläne gefaßt. Wer konnte das schon sagen?
    »Wie heißt du?« fragte sie.
    »Mary Muralles«, antwortete die Frau.
    »Du bist eine vom Schwarm«, sagte Tesla.
    Mary sah zu Raul, der unter der Tür stand.
    »Keine Bange«, sagte Tesla. »Wenn du mir vertrauen
    kannst, dann kannst du ihm auch vertrauen. Wenn du keinem von uns beiden traust, sind wir alle verloren. Also sag mir...«
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    »Ja. Ich bin eine vom Schwarm.«
    »Kissoon hat mir gesagt, daß er der letzte ist.«
    »Er und ich.«
    »Die anderen wurden ermordet, wie er gesagt hat?«
    Sie nickte. Ihr Blick fiel wieder auf Raul.
    »Ich habe es dir doch gesagt«, begann Tesla.
    »Er hat etwas Seltsames an sich«, sagte Mary. »Ein Mensch ist er nicht.«
    »Keine Bange, das weiß ich«, sagte Tesla.
    »Iad?«
    »Affe«, sagte sie. Sie wandte sich an Raul. »Es macht dir doch nichts aus, wenn ich es ihr sage, oder?«
    Raul sagte und tat nichts.
    »Wie?« wollte Mary wissen.
    »Das ist eine lange Geschichte. Ich dachte mir, du wüßtest mehr darüber als ich. Fletcher? Ein Mann namens Jaffe; oder der Jaff? Nein?«
    »Nein.«
    »Aha... dann haben wir beide einiges zu lernen.«

    In der Wüste der Schleife saß Kissoon in seiner Hütte und rief um Hilfe. Die Muralles war entkommen. Ihre Verletzungen waren sicher ernster Natur, aber sie hatte Schlimmeres überstanden. Er mußte sie erreichen, was bedeutete, er mußte seinen Einfluß in die Echtzeit ausdehnen. Das hatte er natürlich früher schon gemacht. Er hatte Tesla auf diese Weise zu sich geholt. Und vor ihr hatte es ein paar andere gegeben, die auf der Jornada del muerto gewesen waren. Randolph Jaffe war so ein Wanderer gewesen, den er in die Schleife führen konnte. So schwer war das nicht. Aber der Einfluß, den er jetzt ausüben wollte, galt nicht einem menschlichen Verstand, sondern Kreaturen, die keinen Verstand hatten und eigentlich auch gar nicht am Leben waren.
    Er stellte sich die Lix vor, die reglos auf einem Fliesenboden 515
    lagen. Sie waren vergessen worden. Gut. Sie waren keine besonders feinfühligen Tiere. Sie brauchten abgelenkte Opfer, wenn sie wirkungsvoll handeln wollten. Und das waren die Opfer momentan ganz bestimmt. Wenn er schnell genug war, konnte er die Zeugin immer noch mundtot machen.
    Sein Ruf war erhört worden. Hilfe war unterwegs. Krabbelnde Hundertschaften unter der Tür. Käfer, Ameisen, Skorpione. Er spreizte die überkreuzten Beine und zog die Füße zu seinem Körper, damit das Heer freien Zugang zu seinen Genitalien hatte. Vor Jahren war es ihm möglich gewesen, allein durch Willenskraft eine Erektion und Ejakulation herbeizuführen, aber das Alter und die Schleife hatten ihren Tribut gefordert. Jetzt brauchte er Hilfe, und da die Regel in diesem Fall ausdrücklich besagte, daß der Magier sich nicht selbst anfassen durfte, war etwas fremde Unterstützung erforderlich. Sie wußten, was von ihnen verlangt wurde, sie krabbelten auf ihn, und die Bewegungen ihrer Beine, ihre Stiche und Bisse erregten ihn. So hatte er die Lix geschaffen, indem er auf seine eigenen Exkremente ejakuliert hatte.
    Samenzauber waren schon immer seine Stärke gewesen.
    Während sie sich mit ihm beschäftigten, ließ er seine Gedanken wieder zu den Lix auf dem Boden schweifen und erlaubte den Gefühlswogen, die an seinem Schaft und den Eiern, auf denen es wuselte, hinauf rollten, seine Absichten zu dem Ort zu tragen, wo die Lix lagen.
    Ein klein wenig Leben reichte aus, damit sie ein klein wenig Tod bringen konnten...

    Mary Muralles hatte darum gebeten, daß Tesla ihre eigene Geschichte zuerst erzählte, bevor sie mit ihrer herausrückte, und sie sprach trotz ihrer leisen Stimme in dem Tonfall einer Frau, deren Bitten selten abgeschlagen werden. Diese ganz sicher nicht. Tesla erzählte ihre Geschichte mit Freuden, oder besser gesagt, die Geschichte - so wenig davon war ihre -, und zwar 516
    so gut sie es vermochte und in der Hoffnung, Mary könnte etwas Licht auf die verwirrenderen Einzelheiten werfen. Aber sie schwieg, bis Tesla fertig war, und das dauerte - bis sie alles über Fletcher, den Jaff, die Kinder der beiden, den

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