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Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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das Ungeheuer. Doch dies war kein Märchen, sie war in keinem Zauberwald, sondern rannte durch die Hauptstadt ihres Heimatlandes, fort von dem Ritter, der nun statt ihrer gefressen wurde.
    Sie schluchzte, und das Geräusch schallte durch die stille Straße. Vielleicht sollte sie einfach irgendwo klopfen und um Hilfe bitten. Doch wer würde schon einer jungen Fremden Asyl gewähren, die sich nachts auf den Straßen herumtrieb?
    Sie tat einen Schritt zurück, dann noch einen und noch einen. Zehn. Zwanzig. Fast war sie an der Hauptstraße angekommen. Da kroch eine dunkle Gestalt um die Ecke – auf acht Beinen.
    Es hatte sie gefunden! Sie drehte sich um und rannte wieder auf den Zaun zu, obgleich sie wusste, dass ihr Weg dort zu Ende war. Ein kleines Loch befand sich nahe am Boden, doch es war nicht annähernd groß genug für sie. Nicht einmal ein Kind würde da durchkommen. Viel zu schmal. Eine Katze vielleicht, aber kein Mensch. Dieser Ausweg stand ihr nicht zur Verfügung.
    Sie stolperte und fiel durch eine der seltsamen Linien, fühlte ein eisiges Rieseln durch ihren Körper gehen, erwartete, daran festzukleben. Doch schon einen Augenblick später war sie wieder frei, und nur ihre Seele tönte noch von der Berührung.
    Sie duckte sich. Wand sich durch das Loch im Zaun, fühlte, wie ihre Kleidung am Holz hängen blieb. Schon sprang sie über die nächste Mauer und verschwand durch ein Kellerfenster, während ein frustrierter Schrei durch die Nacht gellte. Sie landete auf einem Kohlenhaufen – mit allen vier Pfoten gleichzeitig.

Kapitel 25
    Mächtige Schwingen schwebten himmelhoch im Blau über der Stadt. Ganz unsichtbar und ungesehen, beinahe nur ein Gleichnis. Die Perlenaugen schimmerten nach unten. Und leise Freude ging ganz still durch den Azur. Ein Flügelschlag, so langsam, stark geführt und voller Macht. Doch selbst nicht da, nicht dort, nicht hier, nichts als der Schemen des Gedankens. Ein Nachbild im Verstehen der Menschen, die Geistesblitze jäh zu Neuem formten. So ward Gedanke zu Papier, Farbe auf Leinwand und Gefühl in Klänge und Musik gebannt.
    Musik war überall und wurde von dem Fliegenden gestattet und geliebt. Die Stimme summte manche Harmonie im Rhythmus ihrer Welt. Die starke Stimme, das Strahlen eines Chors, der allen hohen Festen dieser Menschheit sang. Sie fasste fest das Echo jener Klänge, so wie man ein Gemälde halten mochte, denn letztlich gab es keinen Unterschied. Denn grad das Strahlende menschlichen Geistes war es, das Kunst, Musik und Denken seinen Glanz verlieh. Nicht viel. Nicht mehr als Menschen eben schaffen mochten.
    Und noch ein Schwingenschlag, ein weitrer Blick hinunter aufs Gerüst der Wirklichkeit. Denn Träume waren niemals mehr als Schäume, flüchtige Schatten. Nur Pläne waren fassbar und wurden demnach auch gefasst und umgesetzt. Und Menschen waren voll davon, randvoll mit Plänen, Träumen, Vorhaben, visionslosen Visionen, Prophezeiungen, aus dem Moment geboren und nicht die Zeit umspannend.
    Sie wussten nichts. Sie ahnten nie etwas. Die kleinen Wieselwusel-Kreaturen und ihr so gänzlich falsches Bild von dem, was war und wie und auch warum. Sie hielten sich für so intelligent. Und dennoch sahen sie nicht über sich die Schwingen und nicht den scharfen Blick, der sie erfasste, so klar wie mancher Adler eine Maus.
    Ein Lächeln glitt ganz leise übers Firmament. Zwar war es gönnerhaft, verriet jedoch auch Spuren stahlschneidenden Humors. Gütig und grausam gleichzeitig gehörte es dem Schachspieler, der seine Bauern ohne Zögern opfert, und Springer, Turm und Läufer hinterdrein, nur um der Freude an dem reinen Spiel; und auch dem Schauspieler, der seine Rolle bis ins Kleinste spielt.
    Ein Lächeln, das begriff, dass Freude etwas war, das man sich machte. Sich machte und nicht gab. Zumindest nie umsonst, nie ohne die Erwartung eines Gegenzugs, der mindestens so viel an Freude wiederbrachte. Freude lag in der Durchführung des großen Plans, der sich alsbald erfüllen sollte. Pläne und Ränke schmieden wie die kleinen Menschen – mit einem Lächeln, das die Wolken silbrig schimmern ließ im Blau des Frühlingshimmels. Ein Lächeln und kein Grinsen. Ein Lächeln und kein finstrer Blick. – Kein allzu finstrer Blick.
    Doch war das Leben selbst zu wild, um es zu zähmen. Die Macht hatte schon die Erwartungen beschnitten, Ziele kupiert. Ein Ziel jedoch galt es noch zu erreichen. Und nur dies Ziel, dies eine große Ziel war just noch wichtig. Das Nest zu

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