Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)
in der Nacht hat sie den Galan gewechselt, wie das lasterhafte Weibsbilder bisweilen tun.“
Die Katze sah ihn strafend an, sprang vom Bett und schnickte ärgerlich mit dem Schwanz.
„Apropos“, fuhr Thorolf fort, während er sich aus dem Bett schälte und nach seinem ägyptischen Morgenrock griff, „ich habe mir auch Sorgen gemacht. Geht es dir heute Morgen besser?“
Er trat aus seiner Kammer und traf auf einen perfekt gekleideten und frisch frisierten Ian. Seine Blässe war gewichen, und er sah munter und fidel aus und ausgesprochen gesund.
„Mach dir keine Sorgen. Ich habe in der letzten Zeit zu viel studiert und zu wenig geschlafen.“
„Aber jetzt geht’s dir gut?“
„Ausnehmend gut, danke.“
„Famos. Unsere Katze soll sich schließlich keine Sorgen machen müssen.“ Er schmunzelte. „Redest du eigentlich auch mit ihr, weil es dir so vorkommt, als verstünde sie einen?“
„Ich bin mir zunehmend sicherer, dass sie weit mehr versteht, als wir glauben.“
„Vermutlich. Glaubten Menschen früher nicht, Katzen wären Höllenboten? So im Mittelalter?“
„Stimmt. Während der Pest hat man jede Katze erschlagen, derer man habhaft wurde. Hat aber die Pest nicht besser gemacht.“
„Natürlich nicht. Ist ja auch eine dumme Idee.“
Thorolf setzte sich an den Tisch, den Ian gedeckt hatte. Er bemerkte ein Schälchen mit Milch daneben auf dem Boden.
„Oh. Du schmeichelst dich bei Catty ein! Die Hand, die die Bestie einst nährte … eines Tages, wenn sie zum riesigen Tiger herangewachsen ist, wirst du sie im Dschungel treffen, und sie wird dich verschonen, weil du ihr dereinst Milch serviert hast, als sie noch ein Kätzchen war.“
Ian schmunzelte.
„Während sie dich fressen wird?“
Thorolf verzog das Gesicht.
„Apropos, ich habe gestern bei den Lybrattes diesen britischen Adligen wiedergetroffen. Seltsamer Kauz. Erinnert mich fast ein wenig an … du weißt schon …“
„Graf Arpad?“
„Ja. Er hat mich überredet, eine Wette mit ihm einzugehen. ‚Klang ‘ soll ich malen. Also: Geräusch. Wenn es mir gelingt, will er mich fürstlich entlohnen. Gelingt es mir nicht, hat er gesagt, muss ich ihm ein Porträt einer lebenden Spinne anfertigen. Vielleicht bin ich ja übernervös, aber nach meinem Zusammenstoß mit dieser Drude, klang das ziemlich nach einer Drohung.“
„Eine lebende Spinne? Hat schon je jemand eine Spinne gemalt?“
„Aber sicher. Künstler, die Illustrationen für zoologische Bücher machen, malen so was dauernd. Doch meistens sind es Federzeichnungen oder Aquarelle. Oder Radierungen. Ich glaube nicht, dass jemand schon ein großes Spinnengemälde in Öl angefertigt hat.“
Ian sah ihn besorgt an.
„Du glaubst, er ist Feyon?“
„Nein. Ich glaube nicht an die Fey. Zumindest bis vorgestern nicht. Ich weiß nichts über sie, woher sollte ich wissen, wer einer ist und wer nicht? Catty könnte genauso gut einer sein. Oder du auch. Wer bin ich, dass ich das wüsste?“
Ian nickte gedankenvoll.
„Du brauchst Graf Arpad, damit er dir beibringt, wie man Menschen von Sí unterscheidet.“
„Kann man das denn? Kann man sehen, wenn jemand Feyon ist?“
„Vielleicht. Sicher bin ich mir nicht. Ich habe nicht so viele davon getroffen. Sie sind – soweit ich weiß – alle sehr unterschiedlich. Gut möglich, dass manche auch mich blenden würden. Warum glaubst du, dass der Engländer ein Feyon ist?“
Thorolf zuckte die Achseln.
„Er sieht ungewöhnlich aus, klein, aber doch ziemlich beeindruckend. Er hat ganz weißes Haar, und doch wirkt er sehr jung, zeitlos fast. Sein Blick fesselt einen, und er scheint durchaus charmant zu sein. Als er die Spinne erwähnte, fürchte ich, habe ich ein wenig überreagiert. Habe mein Glas zerbrochen und Wein auf dem Teppich verschüttet. Frau Lybratte war überaus verständnisvoll. Sie ist eine ganz außergewöhnliche Frau. So wunderschön. Wie eine Königin. Man hat immer das Gefühl, man sollte vor ihr niederknien und ihr Gefolgschaft schwören.“
„Dann ist sie vielleicht auch eine Feyon?“
Thorolf schnaubte.
„Sei nicht albern. Sie ist die Ehefrau eines der berühmtesten Wissenschaftler dieses Landes. Das könnte sie wohl nicht gut sein, wenn sie nymphengleich irgendwo auf einer Waldlichtung herumtanzt. Nein. Sie ist absolut wirklich. Schön, charmant, intelligent, gewandt und würdevoll. Aber gewiss ein Mensch.“ Thorolf kicherte und sah, wie sich die Katze herablassend von ihm abwandte. „Stell dir nur vor, da
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