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Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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Sie versprach ihnen, ihren frommen Rat zu beherzigen. Sie bedankte sich. Sobald man Thorolfs Namen reingewaschen hatte, würde sie das alles tun, sagte sie.
    Ohne zu erklären, was sie damit meinten, hatten sie gesagt, dass die Ehre und der Leumund eines guten Christenmenschen nicht durch den Frevel eines Höllenwesens beschmutzt werden dürften und sie deshalb helfen würden. Dass sie über genug Macht verfügten, um das zu bewerkstelligen, bezweifelte sie nicht. Alte Seilschaften von Autorität und Einfluss. So etwas hielt sich. Die uralte Herrschaft über schwache und abergläubische Gemüter.
    Dass ausgerechnet die Bruderschaft Thorolf diesen letzten Dienst erwies, hätte sie – unter anderen Umständen – vielleicht amüsiert.
    Thorolf, der unschuldig war, solange er tot blieb.
    Selbst wenn er nicht tot blieb, so war sein Leben hier – an der Akademie, in München – vorbei.
    Charlotte war vorausgefahren, um ein Zimmer für ihn zu bereiten. Sie hatte sich geweigert, über die Möglichkeit, er würde etwa nicht wieder aufwachen, auch nur zu diskutieren. Sie glaubte mit aller Inbrunst daran, dass alles gut ausgehen würde. Thorolf lebte, und ihr Gatte lebte und würde wieder auftauchen. Arpad würde zu Besuch kommen, und die Welt war ein kuscheliger, rosa Ort, konnte nichts anderes sein, denn Glaube versetzte Berge. Arpad hatte das einmal gesagt. Glaube konnte Dinge verändern. Also musste man glauben.
    Ob Charly das tat, war nicht auszumachen. Ihr Gesicht war ein Bild sturen Durchhaltens, ihr Lächeln auf ihren Zügen festgefroren.
    Als der Karren vor ihrem Haus zum Stehen kam, ließ sie Joseph mithilfe des Kutschers die tote Gestalt nach oben tragen, wo sie ein Bett für Thorolf bereitet hatte. Dem Gesinde erklärte sie, Thorolf sei krank, niedergestreckt von einer plötzlichen Lähmung.
    Sie ließen den Körper auf das Bett legen, dann sandten sie die Dienerschaft fort. Sophie zog sich einen Stuhl heran und setzte sich neben ihren leblosen Sohn. Tote Körper hatte man auf bestimmte Weise zu behandeln, man musste sie aufbahren, waschen, ins Totenhemd gewanden. Das sollte sie jetzt tun. Die Totenfrau im Gefängnis verdiente sich ihr Brot mit solchen Diensten, doch sie war fort, war sang- und klanglos verschwunden, in die entgegengesetzte Richtung wie die beiden Mitglieder der Bruderschaft.
    „Geh schlafen, Charlotte. Du musst furchtbar müde sein. Ich danke dir. Ich danke dir für alles.“
    „Du bist auch müde.“
    „Das macht nichts. Ich bleibe hier bei ihm.“
    Sophie fand sich auf einmal in der Umarmung der jüngeren Frau wieder und musste an sich halten, um nicht loszuweinen.
    „Ich muss dauernd an diese alte Frau denken. Kein Lazarus, keine Julia“, sagte Charly, als sie sich voneinander lösten.
    „Ich muss immer an das Gift denken, das Shakespeares Julia nahm, um tot zu wirken“, gab Sophie zur Antwort. „Es ist nur eine Erfindung. Mehr war es nie. Doch der Tod ist endgültig. Er ist tot, Charlotte. Thorolf ist …“
    „Die meisten Menschen glauben, die Sí seien ein Mythos, und wer glaubt schon an die Existenz der Bruderschaft? Dennoch gibt es sie alle, gegen jede Wahrscheinlichkeit. Das logisch Denkbare muss sich allzu oft dem dummen Zufall unterwerfen.“
    „Oder ergibt sich aus ungenügendem Wissen. Heute Nachmittag hätte ich gerne weniger gewusst. Jetzt wüsste ich gern mehr.“
    „Solange wir nicht alle Fakten kennen, ist alles denkbar. Die Welt ist ein Puzzle, und wir haben nicht alle Teile davon. Niemand scheint alles zu wissen.“
    „Direktor Hundthammer wusste genau, wer diese Kirchenmänner waren.“
    „Sie haben vielleicht schon früher versucht, in seinem Gefängnis nach Sí zu suchen. Dafür ‚wusste ‘ er aber auch, dass Sí nicht existieren, und diesem Wissen entsprechend hat er gehandelt.“
    Beide musterten das leblose Gesicht des Mannes auf dem Bett.
    „Er erinnert mich an Arpad“, sagte Charly, „obgleich er weniger schmalgliedrig und elegant ist. Er ist viel … kompakter.“
    „Er sieht gut aus, ohne irgendwie feyonhaft zu wirken. Gott sei Dank.“
    Charly kniete neben dem Bett nieder.
    „Lass uns beten.“
    Sophie sank neben ihr auf die Knie.
    Sie knieten noch, als das Hausmädchen eine halbe Stunde später zur Tür hineinlugte.
    „Da sind zwei Herren, die Sie sehen möchten, Frau Treynstern. Mr. McMullen und ein Mr. Sutton. Ich habe ihnen gesagt, dies sei nicht der rechte Zeitpunkt, aber sie haben darauf bestanden, ich soll Ihnen ausrichten, dass es von

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