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Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman

Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman

Titel: Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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hatten, gingen sie zum Auto, um ihre Schlafdecken zu holen, dann kehrten sie zu ihrem Lagerplatz am Wasser zurück. Marlee war ganz verzückt, als Jonathan vorschlug, in dieser Nacht draußen am Feuer zu schlafen.
    Bald nach Einbruch der Dunkelheit wurde die Kleine müde. Es war ein anstrengender Tag für sie gewesen. Sie kuschelte sich unter ihre Decke und schlief fast sofort ein. Jonathan und Burnum saßen da, schauten in die Flammen des knisternden Feuers und hingen ihren Gedanken nach. Von nun an könnte jeder Tag für Marlee so sein, überlegte Jonathan.
    »Wann werden wir die Anangu-Leute sehen?«, fragte er Burnum.
    »Sie bald kommen.«
    »Woher wissen sie denn, dass wir hier sind?«, erkundigte Jonathan sich verblüfft.
    Aus seinen dunklen, im Feuerschein leuchtenden Augen sah Burnum ihn an, und Jonathan wusste, dass er eine dumme Frage gestellt hatte.
    »Komm«, sagte er und stand auf. »Wir Feuerholz zu suchen, damit genug für Nacht.«
    Abseits des verlöschenden Feuers war es sehr dunkel, und es war kaum etwas zu sehen. Jonathan setzte seine Schritte vorsichtig. Er hatte eine Taschenlampe dabei, aber die Batterien waren fast leer, das Licht reichte gerade, um den Boden zu sehen.
    Jonathan war noch nicht weit gegangen, als er glaubte, ein Heulen zu hören. Wie angewurzelt blieb er stehen. Die Dingos, dachte er, ich muss sofort zu Marlee. So schnell es in der Dunkelheit möglich war, lief er los. Da hörte er Marlee schreien.
    »Marlee!«
    Jonathan wusste nicht genau, in welche Richtung er laufen sollte, in der Dunkelheit konnte er sich nicht mehr orientieren.Er strauchelte und stolperte über einen Busch, blieb erneut stehen. Lieber Gott, betete er, lass mich rechtzeitig bei ihr sein.
    »Marlee«, brüllte er panisch. »Ich komme.«
    Endlich sah er die Feuerstelle, und dann nahm er Burnum neben sich wahr. Er warf ein Stück Holz in Marlees Richtung, und sie hörten ein Aufjaulen.
    Marlee hockte auf ihrer Schlafdecke, die Hände vors Gesicht geschlagen, und schluchzte. Jonathan setzte sich zu ihr und nahm sie in die Arme.
    »Er … er hat mich gebissen«, stammelte sie, »der … der Dingo, er hat mich gebissen.«
    In diesem Moment fühlte Jonathan etwas Klebriges an seiner Hand. Blut? Er untersuchte, so gut es im schwachen Feuerschein ging, Marlees tränenüberströmtes Gesicht, doch dann sah er Blut an ihrer Schulter.
    »Der Dingo hat dich in die Schulter gebissen?«, fragte Jonathan entsetzt.
    Er erschrak zu Tode. Hatte der Dingo sie … sie fressen wollen? Er verdrängte diesen furchtbaren Gedanken in die hinterste Ecke seines Bewusstseins. Das konnte doch sicher nicht sein.
    »Dingos weg jetzt«, sagte Burnum. »Sie Hunger.«
    Jonathan riss die Augen auf. Er hatte recht gehabt. Als ein Kind, das ganz allein und reglos im Dunkeln auf seiner Schlafmatte lag, war Marlee für die Dingos leicht angreifbar gewesen. Jonathan machte sich schwere Vorwürfe, dass er sie allein gelassen hatte. Er verband die Wunde, die glücklicherweise nicht groß war, mit einem provisorischen Verband, während Burnum das Feuer neu entfachte, dann legten sie sich hin.
    In dieser Nacht hielt Jonathan Marlee fest in seinen Armen und ließ sie bis zum Morgen nicht mehr los.

24
    Die ersten magischen Sonnenstrahlen fielen auf die Ostseite des Ayers Rock und ließen ihn in leuchtendem Rot erstrahlen. Jonathan wurde jäh aus dem Schlaf gerissen. Hörte er Stimmen? Wer sprach da? Im ersten Moment dachte er, er wäre auf den Opalfeldern und seine Nachbarn bereiteten sich auf einen weiteren Tag harter Arbeit in ihren Minen vor, doch er vernahm auch das heisere Kreischen von Papageien. Marlees schmächtige Gestalt, in seine Armbeuge gekuschelt, war es schließlich, die seine Illusion zerstörte. Dann fiel es ihm wieder ein. Der Angriff des Dingos! Nur so, nahe bei ihm, hatte Marlee sich sicher gefühlt.
    Burnum hatte mit Bestimmtheit erklärt, die Dingos würden nicht mehr zurückkommen, doch Jonathan hatte versucht, die ganze Nacht wachzubleiben. Ein paar Stunden hatte er ausgehalten, ehe er völlig erschöpft in den Schlaf gesunken war.
    Jetzt sah er den Aborigine. Er stand ganz in der Nähe und war in eine Diskussion mit drei jungen Männern vertieft, die genauso aussahen und genauso spärlich bekleidet waren wie die Jäger, die am Vortag ihren Wagen repariert hatten. Burnum versuchte offenbar, ihnen etwas zu erklären.
    Jonathan rappelte sich auf, weckte Marlee und ging auf Burnum und die Männer zu. Er lächelte sie an und

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