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Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman

Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman

Titel: Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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auf jeden Fall bei ihren eigenen Leuten wohler fühlen. Die Lektion habe ich auf die harte Tour gelernt.«
    Jonathan wusste, dass Tillie recht hatte. Er musste eben improvisieren, wenn es so weit war. Er musste sehen, was passierte, wenn Marlee ihre Verwandten traf. »Mir wird ein bisschen komisch, wenn ich daran denke, wie ich mich den Clanmitgliedern verständlich machen soll«, sagte er. »Besteht die Aussicht, dass einer von denen Englisch spricht?«
    »Das ist unwahrscheinlich, es sei denn, einer wäre mal als Farmarbeiter beschäftigt gewesen. Aber vielleicht haben wir da ja eine Lösung«, erwiderte Bernie. »Ich sehe mal nach, ob der alte Burnum irgendwo hinterm Haus ist.« Er stand auf und ging raus.
    »Der alte Burnum?« Jonathan runzelte fragend die Stirn.
    »Um diese Uhrzeit ist er meistens nicht weit weg«, erwiderte Tillie, als ob Jonathan wissen müsste, über wen sie da sprach.
    Bernie kam durch den Fliegenvorhang an der Hintertür, ihm folgte ein alter Aborigine. Er trug einen zerbeulten Hut, ein derart verblichenes Hemd, dass man nicht mehr sagen konnte, welche Farbe es ursprünglich gehabt hatte, lange Hosen in ähnlichem Zustand und keine Schuhe. An der linken Seite des Körpers und auf der linken Gesichtshälfte war er ganz staubig, es sah aus, als wäre er gerade erst wach geworden.
    »Am Nachmittag kommt Burnum immer vorbei«, erklärte Bernie. »Er wohnt mit seiner Familie in einer Siedlung etwa fünf Meilen entfernt. Er kommt zu Fuß nach Curtin Springs, legt sich auf ein Nickerchen unter seinen Lieblingsbaum und trinkt dann ein Bier mit mir, ehe er wieder nach Hause geht.« Bernie grinste.»Das ist unsere Tagesroutine. Burnum hat sich bereit erklärt, mit Ihnen zum Rock zu fahren und zu dolmetschen. Sofern Sie ihm eine Flasche Bier für die Fahrt spendieren.«
    Burnum sagte etwas, und Bernie lachte. Er hatte Englisch gesprochen, sein Kauderwelsch hatte Jonathan jedoch nicht verstanden. »Burnum will was klarstellen. Ein Bier für die Hinfahrt zum Rock, eins für die Rückfahrt«, erklärte Bernie.
    »Ich kaufe ihm gern ein paar Bier«, sagte Jonathan, der dankbar für die Hilfe war. »Ich wollte allerdings ein paar Tage am Ayers Rock zelten.« Er würde Marlee ja nicht einfach so allein lassen können.
    »Dagegen hat Burnum nichts, stimmt’s, Burnum?«, fragte Bernie.
    »Nee, Sie mehr Bier bringen, wir bleiben«, sagte er.
    Diesmal verstand Jonathan ihn. »Nur … das Bier wird warm in dieser Hitze«, sagte er. Es war ja in Ordnung, in einem englischen Winter warmes Bier zu trinken, aber nicht im Sommer in Australien.
    »Burnum wird das Bier in einem Camperkühlschrank kühlen«, erklärte Bernie.
    »In einem Camperkühlschrank?«
    »Einem Wasserloch«, erklärte Tillie.
    Jonathan kaufte ein paar Flaschen Bier für Burnum, dann machten sie sich auf den Weg zum Ayers Rock. Es waren noch gut fünfzig Meilen bis dorthin.
    »Sehen Land da?«, fragte Burnum vom Rücksitz, als sie über die staubige Straße fuhren.
    Jonathan schaute nach Westen. »Ja«, antwortete er dann.
    »Das Land Connor Station. Ich Farmarbeiter da. Lange Zeit. Zehn Jahre«, sagte Burnum. »Boss nicht viel gut.«
    »Ich hätte nicht gedacht, dass das Farmland ist.« Jonathan sah keine Zäune und Vieh auch nicht. Es sah einfach aus wie weites, offenes Land.
    »Connor Station eine Million Hektar Land. Ich hart Arbeit. Boss, Mr. Lucas, er Weißen zahlen viel Geld. Ich nur bekommen Lebensmittel. Bisschen Tee. Bisschen Zucker. Und bisschen Fleisch. Kein Geld, nicht wie weiße Männer. Also ich gehen. Und nie zurück.«
    »Das kann ich Ihnen nicht übel nehmen«, sagte Jonathan. Er fand, dass es eine Schande war, wie man den Mann ausgebeutet hatte.
    »Jetzt junge Schwarze stehlen Vieh von Boss«, sagte Burnum und lachte. »Ich Ältester. Können ihr Gewissen sprechen. Ich aber machen nicht. Boss, er behandeln schwarze Farmarbeiter schlecht. Also er muss zahlen mit Vieh.«
    Sie fuhren weiter, Burnum trank sein Bier und sang Lieder in seiner Stammessprache. Immer wieder lachte er. Er wirkte sehr entspannt und vergnügt. Marlee kicherte, und Jonathan lächelte und schüttelte den Kopf.
    Sie hatten den Mount Connor passiert, einen nierenförmigen Berg mit flacher Kuppe, und der Ayers Rock war seit vielen Meilen schon zu sehen. Ein Landvermesser hatte der Sandsteinformation im Jahr 1873 ihren Namen gegeben – nach Sir Henry Ayers, dem Staatssekretär von Südaustralien.
    »Wie viele Meilen sind es um den Fuß des Berges herum,

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