Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman
hineingelegt. Jeder, der hier eindringt, wird denken, die Opale lägen darin, bis er die Kassette dann zu Hause aufbricht und eine Überraschung erlebt. Unsere Opale werden sicher in der Mehldose im Küchenschrank verstaut sein.«
Erin musste lachen. »Du bist ganz schön clever, Onkel Cornelius.«
10
Jonathan Maxwell schaute in die knisternden Flammen seines Lagerfeuers, wie er das seit drei Wochen jeden Abend tat. Er war unglücklich und mutlos, und das Herz tat ihm weh vor Einsamkeit, einer Einsamkeit, wie er sie nie für möglich gehalten hatte. Das Opalfeld Eight Mile war gesprenkelt mit Opalsuchern, aber sein Gefühl des Verlassenseins war so intensiv, dass er genauso gut Hunderte von Meilen weit von jeder Menschenseele hätte entfernt sein können.
Das Licht des Feuers schien auf das Briefpapier in seinen blasenübersäten, rissigen und schwieligen Händen, Händen, die er längst nicht mehr als seine eigenen erkannte. Mit gezücktem Stift überlegte er, wie er beginnen sollte. Dies sollte der dritte Brief an seine Verlobte Liza Hastings werden, die zu Hause in London auf ihn wartete, doch er erwies sich als der am schwierigsten zu schreibende. Die beiden ersten Briefe waren noch voller Optimismus gewesen, Hoffnung und Idealismus waren allerdings inzwischen mit einer beträchtlichen Dosis brutaler Wirklichkeit befleckt. Ein Vermögen als Opalsucher zu machen war schwieriger, als er sich vorgestellt hatte, nur … wie sollte er Liza das erklären?
Die anderen Arbeiter auf den Feldern bereiteten gerade ihr Abendessen zu. Der verführerische Duft von Fleisch, das über dem Feuer gegrillt wurde, vermischte sich in der Luft mit dem Aroma der Holzkohle und dem von heißem Fladenbrot. Jonathans Magen knurrte, und das Wasser lief ihm im Mund zusammen, doch er hatte nichts zu essen. Obwohl er das eine Woche zuvor im Gemischtwarenladen gekaufte Brot gut rationiert hatte, war nichts mehr davon übrig. Zu Mittag hatte er das letzte Stückchen gegessen. Er kochte sich ein Gebräu aus Teeblättern, die erschon mehrmals verwendet hatte, doch auch darauf freute er sich nicht – Zucker und Milch waren ein Luxus, den er sich nicht leisten konnte.
Jonathan hatte mit der Arbeit erst aufgehört, als es dunkel geworden war und er nichts mehr sah. Er schürfte in einem fast zehn Meter tiefen Schacht. Jeder Muskel und jeder Knochen in seinem Körper schmerzte. Im Schacht war es stickig heiß, und er sehnte sich nach einem Bad oder zumindest der Möglichkeit, sich zu waschen, um seinen Körper von übel riechendem Schweiß und rotem Staub zu befreien, aber er hatte nur sehr wenig Wasser, und eine Quelle gab es im Ort nicht. Das Wasser musste an einem riesigen Tank gekauft werden, den die Regierung hatte bauen lassen. Tanklastwagen befüllten ihn regelmäßig, einer Lösung des Wasserproblems der Stadt war man damit allerdings nicht näher gekommen. Das Wasser, das sich Jonathan leisten konnte, verwendete er nur als Trinkwasser.
Nachdem die Sonne untergegangen war, ließ auch die Hitze nach, und die Luft kühlte sich sehr schnell ab. Jonathan fröstelte und warf noch ein paar Holzstücke ins Feuer. Dann sah er in den Himmel. Wie immer boten die Sterne einen grandiosen Anblick, und auch wenn er nicht in der Stimmung war, das Schauspiel zu genießen, fühlte er sich ein wenig getröstet.
Meine liebste Liza , begann Jonathan und hielt dann inne. Er war heilfroh, dass sie nicht sah, in welchem Zustand er war. Den eleganten Großstädter, in den sie sich verliebt hatte, würde sie nicht in ihm erkennen. Es war wieder einmal eine harte Woche, fuhr er fort, und ich muss gestehen, dass ich im Grunde gar nicht weiß, was ich hier mache. Ich habe meine Nachbarn um Rat und Hilfe gebeten, aber den Minenarbeiter, der gewillt ist, mir überhaupt nur zu sagen, wie spät es ist, den muss ich noch finden. Wie schon erwähnt, sind die meisten hier Ausländer, ich bin jedoch sicher, sie sprechen alle etwas Englisch, wenn auch viele so tun, als wäre das nicht der Fall. Und das nur, damit sie mich links liegen lassen können.
Mein nächster Nachbar bei den Minen ist ein Mann namens Andro D razan. Ich glaube, er ist aus Kroatien. Er ist ein wahrer Hüne, und wenn er herumbrüllt, was er oft tut, zittert die ganze Umgebung, als gäbe es ein Erdbeben. Er macht mir Angst, also halte ich mich von ihm fern. Aber hier ist noch ein Kroate, der Bojan Ratko heißt und keine Hemmungen hat, sich mit Andro anzulegen. Er ist nicht ganz so groß, allerdings
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