Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman
trauriges, jämmerliches Bündel zusammengerollt auf der Erde neben dem Feuer lag. »Dann wäre er nicht mehr so wütend.«
»Vielleicht sollte ich das wirklich«, sagte Jonathan, überwältigt von Traurigkeit. »Du hast ein paar schlimme Tage hinter dir, was?«, fragte er freundlich. »Aber es wird wieder besser. Dein Dad ist aufgebracht, und er weiß nicht, was er jetzt machen soll. Das findet er jedoch bald heraus. Ehrenwort.«
Marlee sah auf ihr Sandwich und nahm einen großen Bissen. Es schien ihr zu schmecken.
»Hier, trink auch etwas Wasser, Marlee«, sagte Jonathan und reichte ihr einen Becher. »Brauchst du sonst noch etwas?«
Marlee schüttelte den Kopf.
»Wenn doch, ich bin ganz in der Nähe. Und wenn du dir Sorgen um deinen Dad machst, hol mich einfach oder ruf nach mir. Ich werde euch helfen, so gut ich es kann. Einverstanden?« Sie sollte wissen, dass sie nicht allein war, mehr wollte Jonathan nicht. Es gab jemanden, auf den sie sich verlassen konnte.
Wieder nickte sie.
»Wenn dein Dad ausgeschlafen hat, geht es ihm gut. Du brauchst dir keine Sorgen um ihn zu machen.« Das Feuer war kurz vor dem Verlöschen, die Kälte würde Andro sicher bald wecken.
Marlee nahm den letzten Bissen von ihrem Sandwich, krabbelte unter ihre Decke und schloss die Augen. Jonathan sah, wie erschöpft sie war. Er hoffte, sie würde die ganze Nacht durchschlafen.
Erleichtert ging er zu seinem Schlafplatz zurück. Kurz darauf hörte er ein Würgen, Andro übergab sich. Er hoffte, der Kroate hatte seine Lektion gelernt und würde in Zukunft weniger trinken – wenn schon nicht für sich, dann wenigstens seiner Tochter zuliebe.
Am nächsten Morgen in aller Frühe wurde Jonathan dadurch geweckt, dass jemand ihn in die Seite stieß. Er schaute auf und sah Andro direkt in die Augen.
»Komm mit!«, ranzte der Hüne ihn an.
Jonathan sprang von seinem Lager auf und folgte ihm. Er traute sich nicht, Nein zu sagen. Jetzt würde er erklären müssen, was er am Vorabend getan hatte.
»Setz dich«, schnauzte Andro und stieß mit dem Fuß einen Hocker in Jonathans Richtung.
Jonathan setzte sich ans Feuer, und Andro gab ihm einen Becher Kaffee. Er roch köstlich. Kaffee hatte er seit seiner Abreise aus England nicht mehr getrunken. Trotzdem konnte er sich nicht entspannen, nicht in Gesellschaft dieses Mannes, der so unberechenbar war.
Jonathan sah, dass Andro den Lagerplatz aufgeräumt hatte. Erstellte eine Pfanne auf das Feuer und schlug drei Eier auf. Dann schnitt er ein paar Brotscheiben ab. Jonathan sah zu, wusste nicht, was er zu erwarten hatte. In diesem Moment kam Marlee aus dem Zelt gekrabbelt. Die Kleine wirkte nicht mehr so verängstigt wie am Abend zuvor, auch wenn man ihr die Traurigkeit immer noch anmerkte.
Andro setzte sich Jonathan gegenüber ans Feuer und wendete die Eier. Er konnte seinem Nachbarn kaum in die Augen schauen. Schließlich begann er zu sprechen.
»Was Sie gestern Abend getan haben, für meine Tochter … ich weiß das zu schätzen«, sagte er verlegen. »Ich war zu betrunken, um mich zu rühren, aber ich hab mitbekommen, was Sie da gesagt haben.«
Andro wusste, dass er an seinem Zelt gewesen war? Jonathans Herz begann schneller zu schlagen. Ob er sich jetzt Sorgen machen musste?
»Letzte Nacht hat Marlee zum ersten Mal nicht um ihre Mutter geweint«, fügte Andro hinzu und sah seine Tochter liebevoll an.
Jonathan war irritiert. An dem Tag, als Gedda starb, hatte er Andros verletzliche Seite erlebt, jetzt entdeckte er, dass er sogar zärtlich sein konnte. Er begriff allmählich, dass Andro ein Mann mit menschlichen Schwächen war, womöglich gar nicht so furchteinflößend, wie er immer gedacht hatte.
»Ich helfe gern«, sagte er zögerlich. »Ich habe es ernst gemeint, als ich sagte, ich würde helfen, wenn Sie irgendetwas brauchen.«
Andro musterte ihn aufmerksam. Die Vorstellung, dass ihm tatsächlich jemand Hilfe anbot, schien ihn zu verwirren. »Ich bin viele Jahre schon auf den Opalfeldern«, erklärte er. »Es ist ungewöhnlich, dass hier einer einem anderen hilft, es sei denn, es ist zu seinem Vorteil. Eine Weile hatte ich einen Partner, einen Landsmann, dem ich vertraute. Wir hatten vereinbart, den Gewinn zu teilen, aber es stellte sich heraus, dass er ein Dieb war.« Andros Verbitterung darüber war immer noch zu spüren.
Deshalb also war Andro so vorsichtig und misstrauisch anderengegenüber. »Ist das der Mann, der ab und zu herkommt und mit Ihnen streitet?« Gerüchten
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