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Jenseits des Meeres liegt die ganze Welt

Titel: Jenseits des Meeres liegt die ganze Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Audur Jónsdóttir
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in mein Gesicht, während wir rannten.
    *
    Es tat gut, sich auf der Damentoilette im Bauch des Schiffes den Schweiß aus dem sonnenverbrannten Gesicht zu waschen, eine freundliche Toilettenfrau reichte mir ein duftendes sauberes Handtuch, bevor ich in den Speisesaal ging.
    Dann dösten wir auf Bänken vor uns hin, zusammen mit einer marokkanischen Großfamilie und drei Gärtnern aus Granada, die ihren Reiseproviant und Nussmilch aus einer Rotweinflasche miteinander teilten. Sie boten uns Brote mit scharfer Wurst an, was Arndís annahm, ich aber ablehnte, da mir jetzt schon übel war, obwohl das Schiff noch im Hafen lag.
    Der Geruch von Schmieröl, Schweiß und Seesalz legte sich auf meine Sinne. Ich bereute es sehr, dass ich Arndís nicht widersprochen hatte, als sie heute Morgen für uns entschied, dass wir mit einer marokkanischen Reederei fahren anstatt mit einer europäischen. Seitdem sahen wir Expressfähren zwischen Spanien und Marokko hin und her dampfen, während sich das Ablegen unseres Kahns immer weiter verzögerte und die See mit jeder Minute rauer wurde.
    Auf dem Weg zum Strand hatte ich eine Paella heruntergeschlungen und fürchtete nun, dass sie aufgewärmt gewesen sein könnte.
    Wellen schwappten an meine Magenwand, während andere, salzigere das Schiff bewegten. Als wir endlich ablegten, war es draußen stockfinster.
    Die Überfahrt war anfangs ganz in Ordnung, aber je näher wir Afrika kamen, desto mehr nahm der Seegang zu. Die Wellen warfen das Schiff hin und her wie Kinder einen Ball, während ich im Speisesaal auf den Teppich kotzte, schamlos vor Übelkeit. Die Mutter der Großfamilie tat dasselbe, während ihre Kinder weinten, doch ich vermutete, dass meine Übelkeit eher von der Paella kam als von dem Seegang, wenn nicht gar von dem befruchteten Ei in meinem Unterleib. Arndís tupfte mir die Stirn mit einem feuchten Tuch, der Vater der Großfamilie zwang mich, ein paar Schlucke Wasser zu trinken, und die Gärtner zogen Pflanzenmixturen aus ihren Rucksäcken, einer von ihnen schenkte mir sogar einen Halbedelstein als Talisman, aber das half alles nichts, und ich fühlte mich bald, als hätte mein letztes Stündlein geschlagen.
    Mir war alles egal, ich starrte nur noch auf das Foto von König Hassan II., das sich in seinem goldverzierten Rahmen drehte. Ich wollte nur einschlafen. Schlafen, schlafen, schlafen; verschwinden in einer bodenlosen Allvergessenheit, einer samtweichen Finsternis, ich wollte einfach verlöschen, unter den schwarzgrünen Wolken im Chaos der Wellen versinken, bis hinunter zu den schleimigen Algen, die im Herzschlag der Tiefe hin und her pendeln; für alle Ewigkeit schlafen in einem Korallenriff, unter den Armen eines Oktopus, der Flosse einer Meerjungfrau, im aufgesperrten Rachen eines Hais. Wenn nur der Brechreiz endlich verschwinden würde.
    Kraftlos ließ ich mich von einem Polizisten aufs Deck an die frische Luft schleppen, und als meine Lunge sich mit Seeluft füllte, sah ich zum ersten Mal in meinem Leben einen anderen Kontinent. Haufenweise weiße Häuser, die in einen sternenklaren Himmel sahen, und hinter ihnen das stockfinstere Afrika. Ich lächelte.
    An der Landungsbrücke wartete eine Horde von Taxifahrern, die sich gegenseitig darin übertrafen, uns ihre Dienste anzubieten, einer aufgeregter als der andere. Nur zu gern überließ ich es Arndís, mit ihnen zu verhandeln, und sie feilschte, plapperte, lachte und schimpfte, bevor sie mit einem Taxifahrer einig wurde, der entgegenkommender zu sein schien als die anderen.
    Das Auto holperte durch die dunklen Gassen, Stadtlärm drang durch die offenen Fenster und verfloss mit den Flüchen des Taxifahrers, der die Hand kaum von der Hupe nahm. Als wir schließlich ein mondänes Hotel betraten, kam mir mein Magen vor wie ein Vulkan kurz vor dem Ausbruch.
    Die Empfangshalle hatte sehr hohe Decken, auf den dicken Teppichen standen Möbel aus dunklem Holz mit goldverzierten Schnitzereien. Überall standen Pagen herum, die beim geringsten Wink zur Stelle waren. Die Muster auf den alles dämpfenden Läufern waren so verworren, dass mir nun auch noch schwindelig wurde. Aus dem Nebenzimmer drang Partylärm. Dort feiern sie eine Hochzeit, und Pagen servieren Speisen auf Silbertabletts, sagte Arndís, aber ich sah nur ein sonnenverbranntes, Englisch sprechendes Paar, das in Holzsesseln saß und Gin trank. Am besten jedoch erinnere ich mich an die Kloschüssel in unserem Zimmer, über der ich die nächsten Stunden wechselweise

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