Jenseits des Meeres
versprach sie.
„Ein über dem Feuer gebratener Hirsch wäre mir lieber.“ Er lächelte ihr zu. „Gestern Abend beunruhigten mich unsere Umstän-de zu sehr, als dass ich lange über das Festessen nachgedacht hätte, welches die Soldaten genossen. Heute Morgen dagegen würde ich viel für nur einen Bissen geben. “
„Wir werden schon noch essen.“ Kieran steckte sich einen Dolch unter den Gürtel und verstaute die Goldmünzen wieder in einer der Satteltaschen. „Lasst uns jetzt weiterreiten. Noch vor Sonnenuntergang werde ich Wild erlegt haben, und dann werden wir unser Mahl genießen. Das verspreche ich.“
„Meinst du, die Soldaten verfolgen uns?“ Colin überlegte einen Moment und lächelte dann hoffnungsfroh. „Da ihr Hauptmann jetzt tot ist, kehren sie ja möglicherweise wieder nach England zurück.“
„Mag sein.“ Kieran runzelte die Stirn. „Allerdings behaupteten sie doch, Freunde des Wärters zu sein, den ich tötete.“ Er merkte, dass Megan ihn beobachtete, und fragte sich, wie viel er preisgeben sollte. „Ich glaube, sie sind zu mordgierig, um die Jagd jetzt schon aufzugeben.“
Er half Megan in den Sattel und schwang sich selbst hinter ihr hinauf, da sie das lahmende Pferde zurücklassen mussten. Als auch Colin aufgesessen war, ließen sie die Pferde dem Pfad am Fluss folgen.
„Wohin reiten wir?“ erkundigte sich Megan, die sich der Arme sehr bewusst war, welche sie umfingen. Kierans große Hände, die die Zügel hielten, berührten ihre Schenkel. Dieselben Hände, die mich vergangene Nacht gehalten und gestreichelt hatten, dachte sie.
„Zuerst einmal zu einem Hafen. Wenn wir Irland erreichen wollen, müssen wir die Irische See überqueren.“
Der Wind fuhr Megan durchs Haar, und Kieran atmete den Geruch von Wildblumen ein, der von ihr ausging. Bilder stiegen in ihm auf, Bilder, die er aus seiner Fantasie verbannen musste. Er zwang sich dazu, sich mit ihrer derzeitigen Situation zu beschäftigen. Es war notwendig, dass sie einen Weg zum Meer fanden, und dann würden sie sich damit befassen, ein Schiff zu finden, das sie nach Hause brachte.
Wo war Megans Zuhause? Sie erinnerte sich nicht einmal an die einfachsten Dinge, weder an ihren Namen noch an ihre Heimstatt. Was musste das für ein Gefühl sein, wenn man nicht einmal wusste, wohin man gehörte?
Kieran dagegen sah seinen Landsitz deutlich vor sich, und seine Entschlossenheit wuchs, so schnell wie möglich dorthin zurückzu-kehren. Andererseits war ihm klar, dass sich Megan mit jeder zurückgelegten Meile immer weiter von ihrem Zuhause entfernte. „Der Fluss wird breiter“, verkündete Colin.
„Ja. Wir werden ihm bis zur Mündung ins Meer folgen.“
Die Landschaft wurde ebener. Hier gab es keine zerklüfteten Berge und keine Wälder mehr, sondern nur noch sanft ansteigende grasbewachsene Hügel. Bald verschwanden auch die kleinen Erhebungen, und man konnte in jeder Richtung weit über das flache Land blicken. Die Luft hatte sich merklich abgekühlt und trug den Salzgeruch des Meers heran, das jetzt schon in der Ferne auszumachen war.
„Wissen die Soldaten, wo Ihr lebt?“
„Ja“, antwortete Kieran einsilbig.
Megan fröstelte, als sie die Küste erreichten. Das liegt nur an der kalten Luft, sagte sie sich. „Dann könnten sie sich denken, dass Ihr ein Boot benötigt, um dorthin zu gelangen, und möglicherweise sind sie uns vorausgeritten.“
„Das habe ich auch schon erwogen. Wir werden eben doppelt wachsam sein müssen.“
Als sie in der Ferne ein Dorf sahen, zügelte Kieran sein Pferd und glitt hinunter. „Man wird nach zwei Männern und einer Frau suchen. Ich werde ins Dorf gehen und mich dort nach irgendeinem Boot erkundigen. Falls die Soldaten bereits dort waren, dürfte irgendjemand sie bemerkt haben. Wenn wir nichts zu befürchten haben, kehre ich sofort zurück.“
„Und falls Ihr in eine Falle tappt? Wie sollen wir es erfahren?“ Megans Augen blitzten. „Ihr habt uns schon einmal verlassen und wurdet gefesselt. Es gefällt mir nicht, dass ich hier Zurückbleiben soll, während Ihr Euch gefangen nehmen lasst.“
Colin lachte. „Was meinst du dazu, mein Bruder?“
„Ihr seid eine höchst widerspenstige Frau!“ Kieran blickte sie grimmig an, während sie das nervöse Pferd beruhigte.
„Ich mag Euch vielleicht verdrießen, doch Euer Plan taugt nichts“, erklärte sie gelassen. „Ihr solltet lieber mich in das Dorf schicken. Nach einer einzelnen Frau wird man nicht suchen. Mich wird überhaupt
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