Jenseits des Nils: Roman (German Edition)
fein und weich war wie Daunenfedern, und ihre Finger kämmten sich behutsam hinein. Sie zuckte zusammen, als er herumfuhr, die Arme um ihre Hüften warf, ließ es aber zu, dass er sie zu sich heranzog und sein Gesicht in ihrem Schoß vergrub, hineinschluchzte und ihren Rock mit seinen Tränen durchnässte. Unablässig streichelte sie durch sein Haar, und ihr Herz quoll über vor Liebe für Stephen.
Die Augen fest zusammengekniffen, starb Stephen, starb vor Scham, die ihn innerlich verbrannte, während er auf seinem Bett lag. Nackt, denn das in die Hose gesteckte Hemd hatte den Urin der nassen, beschmutzten Windel aufgesaugt. Den Rand der Gummimatte unter seinem bloßen Rücken konnte er noch fühlen, darunter fühlte er nichts mehr. Der Mann ohne Unterleib , ging es ihm durch den Kopf, und nicht zum ersten Mal wünschte er sich, es wäre wirklich so, denn ohne Unterleib bliebe ihm all der Ekel, all die Scham erspart, die die gefühllose untere Hälfte seines Leibes ihm verursachte.
Sich zu wehren, sei es auch nur mit einem bissigen Wort, dafür hatte er nicht mehr die Kraft gehabt, als Becky ihn in sein Zimmer geschoben und aus dem Rollstuhl auf sein Bett gehievt hatte.Nachdem er unter ihrem strengen Blick den Revolver wieder entladen und sie ihm dabei geholfen hatte, ihn wieder zurückzulegen, kurz bevor Lizzie, von fürsorglicher Neugierde getrieben, um die Ecke kam.
Er wusste, was Becky tat. Da war das Geräusch von Wasser in einer Schüssel, von einem ausgewrungenen Waschtuch, das Geraschel von Handtuch und Windel und von Kleidungsstücken, wie er es von den Pflegerinnen kannte. Die gleichen rüttelnden Bewegungen an seinem Oberkörper, seinen Armen und Schultern, während sie ihn auszogen und wuschen und wieder ankleideten und ihn umlagerten, die Gummimatte zusammenlegten und wegpackten. Doch es war tausendmal entsetzlicher, dass es Becky war, die diese Tätigkeiten ausführte, die ihn so sah, nackt und hilflos, seine dürren und nutzlosen Beinchen, den gefühllosen, spärlich behaarten Unterleib, sein schlaffes Glied. Becky mit ihrer aufdringlichen Art. Mit ihrer einfältigen, engstirnigen Sturheit, mit der sie seit Monaten seinem Rollstuhl folgte, wo immer er damit hinfuhr, die ihn mit Blicken anbettelte wie Henry, wenn er einen Leckerbissen erspähte, und die sich auch nicht abschütteln ließ, wenn er sie eine dumme Gans schalt oder sie anbrüllte, sie solle ihn endlich in Ruhe lassen.
Immerhin ersparte sie ihm das ständige Gegurre und Geglucke, diese hätschelnden Sätze wie »Ei, wo isser denn?« und »Brraaav waren wir heute!«. Becky summte einfach nur in unaufdringlicher Weise vor sich hin.
»Jetzt musst du mir ein bisschen helfen«, hörte er sie flüstern, und er versuchte, sich leicht zu machen, während sie ihm die Arme unter die Achseln schob, über der Brust verschränkte und ihn hochzog, in eine sitzende Stellung. Er fuhr zusammen, als ihn ein Stoffbündel an seiner nackten, knochigen Brust traf, unterhalb der wulstigen Narbe, die sich quer über seine Schulter zog, und er blinzelte auf ein zusammengefaltetes Unterhemd und ein Oberhemd hinunter.
»Das kannst du dir allein anziehen«, kam es vergnügt von ihr.»Ich bin gleich wieder da.« Die Schüssel in der Hand, ging sie hinaus und rumorte gleich darauf im Badezimmer nebenan.
Hastig schlüpfte er in die Kleidungsstücke, schloss die letzten Knöpfe und ließ sich zurücksinken. Er drehte den Kopf zur Seite, vergrub seine brennende Wange im Kissen und wünschte, er wäre tot. Und hätte Becky ihn nicht im Arbeitszimmer des Colonels überrascht, dann wäre er jetzt auch tot. Tot und endlich erlöst von seinem elenden Dasein.
Lange hatten er und Royston im Lazarett von Korti, später in Cairo und während der Überfahrt nach England über den Freitod des Earls gesprochen, nach dem langen und für Stephen nicht nur demütigenden, sondern auch quälenden Rücktransport auf einer Trage von Abu Klea nach Korti und von dort den Nil hinauf nach Cairo. Oh, wie gut konnte er den alten Earl verstehen! Selbstmord war eine Todsünde, das wusste er, zumal er allen Grund gehabt hätte, dankbar zu sein, dass er mit dem Leben davongekommen war. Anders als Simon. Anders als Jeremy. Und dennoch erschien ihm die Entscheidung, Hand an sich zu legen, als der einzige, der rettende Ausweg aus einem Leben, das für ihn kein Leben mehr war.
Es ist nur der Schock, nur der Schock , hatte er sich selbst versichert, auf dem Schlachtfeld von Abu Klea, als alles
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