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Jenseits des Nils: Roman (German Edition)

Jenseits des Nils: Roman (German Edition)

Titel: Jenseits des Nils: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole C. Vosseler
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spitzen Aufschrei und von Hundegebell, ließen die beiden auseinanderfahren. Becky stand zitternd auf dem Rasen, Tuch und Teller zu ihren Füßen und das Gebäck auf dem Rasen verstreut. Sie brach in Schluchzen aus und kniete sich hin, um alles aufzuheben und Henry davon abzuhalten, sich auf die süßen Teilchen zu stürzen, während Stephen wutentbrannt davonrollte.
    »Entschuldige, ich muss zu ihr«, sagte Grace, stand auf und lief zu Becky hinüber.
    Royston sah zu, wie Grace ihre weinende Freundin in denArm nahm, während Henry gierig einen Keks nach dem anderen verschlang. »... mir einfach aus der Hand geschlagen ...«, hörte er Becky schluchzen. »... nur gut gemeint ...«
    Mit bedrückter Miene schüttelte Royston den Kopf und ging über den Rasen hinüber zu Ada. »Hallo, Ads.«
    Hastig schlug Ada das Deckblatt über ihren Skizzenblock, den sie gegen die angezogenen Knie gelehnt hatte. »Hallo, Royston.«
    »Ich wollte dich nicht stören.«
    »Nein, schon gut.« Sie streckte die Beine unter der Wolldecke aus und legte sich zurück, deutete auf die Kante des Liegestuhls. »Setz dich doch.«
    Es tat Royston in der Seele weh, sie so zu sehen, blass und die matten Augen tief in die Höhlen gesunken, Nase und Kinn spitz im eingefallenen Gesicht. Wenn Ada sich tatsächlich auf dem Weg der Besserung befand, wollte er lieber nicht wissen, wie sie ausgesehen hatte, als es ihr schlecht ging.
    »Mit Verlaub, du siehst furchtbar aus«, entfuhr es ihm unwillkürlich.
    Ada gab ein Schnauben von sich. »Vielen Dank auch.«
    Royston grinste. »Immer wieder gern, junges Fräulein .« Er deutete auf den Skizzenblock, den Ada umklammert hielt. »Darf ich’s sehen?«
    Ada zögerte, nickte schließlich und reichte ihm den Block. Als er das Deckblatt zurückschlug, schluckte er, und seine Augen wurden feucht. Lange starrte er auf die Skizze: Simon, einen Rugbyball unter dem Arm, wie er angestrengt vorwärtsspurtete. Er hörte das satte Thunk! , wenn das Ei aus Leder auf dem Boden auftraf, und das Gebrüll der Jungs, das in spielerischem Ernst, in freudigem Kampf über das Rugbyfeld schallte. Hier! Hier! Gib ab, du Nase! Jungs waren sie gewesen, die nichts wussten vom Ernst des Lebens, von der Grausamkeit des Krieges und von der Bitternis des Todes, und der Schmerz wühlte seine Klauen tief in Royston hinein.
    »Du ... du hast ihn gut getroffen«, sagte er schließlich leise.»Seine Züge, seinen Gesichtsausdruck, die Art, wie er sich bewegt hat – es ist alles da.«
    »Ich hab solche Angst, dass mir die Erinnerung an ihn verloren geht«, wisperte Ada. »Es ist bald fünf Jahre her, dass ich ihn zuletzt gesehen habe.«
    »Das wird nicht passieren«, erwiderte Royston und gab ihr den Block zurück. »Alles, was dir wichtig ist, wird dir auch im Gedächtnis bleiben.«
    Adas Finger strichen am Rand des Blocks entlang, den sie auf dem Schoß hielt. »Hast ... hast du ihn noch einmal gesehen ... danach?« Als Royston bejahte, setzte sie hinzu: »Glaubst du, er hat sehr gelitten?«
    »Das weiß ich nicht«, gab Royston zurück, und seine Stimme klang gepresst. »Aber wenn, dann wohl nicht sehr lange. Er hat ...« Royston schluckte hart ob der Bilder, die in ihm aufstiegen. Simons regloser Leib, die klaffenden Wunden darin. All das Blut. »Friedlich sah er aus. Ja, friedlich.« Simon in seinen Armen, der schwer war, so schwer. »Len und ich haben ihn begraben, Ads.«
    Sie nickte, und zwei Tränen rannen ihr über die Wangen. »Das ist gut. Ich danke euch.«
    Er berührte sie leicht am Arm. »Er würde nicht wollen, dass du so leidest. Trauern ja – aber nicht leiden.«
    Ein winzig kleiner Zornesfunke glühte in Adas Augen auf, machte sie beinahe wieder lebendig. »Das ist solch ein dummer, dummer Spruch! Du glaubst gar nicht, wie oft ich den schon gehört habe und wie sehr er mir zu den Ohren rauskommt!« Weitere Tränen liefen ihr über das Gesicht. »Es tut so weh, Royston! Es tut immer noch so weh, nach der ganzen Zeit!«
    Er rutschte näher, legte den Skizzenblock behutsam zur Seite und zog Ada in seine Arme, an seine breite Brust, in der sich etwas zusammenzog, als er spürte, wie dünn sie war, zerbrechlich wie ein Vogeljunges, das aus dem Nest gefallen war. »Ich weiß. Mir auch, kleine Ada. Nicht so wie dir, aber mir tut es auch immernoch weh.« Nach kurzem Schweigen fuhr er fort: »Wenn ich eins gelernt habe in diesem verdammten, sinnlosen Krieg, dann, wie kostbar das Leben ist. Gut«, er lachte dürr auf, »ich mache

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