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Jenseits des Nils: Roman (German Edition)

Jenseits des Nils: Roman (German Edition)

Titel: Jenseits des Nils: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole C. Vosseler
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mit Speeren bewaffnete Derwische sichtlich unwillig dahermarschiert kamen, sich vor ihm aufbauten und ihn anblafften. » Yalla! Yalla! Vorwärts! Vorwärts!«, das verstand er. Er schwang die aneinandergeketteten Füße herunter,den Rumpf hinterher und ließ sich auf die Erde fallen. Wütend schrien sie ihn an, stachen mit dem stumpfen Ende der Speere auf ihn ein, und hastig rappelte sich Jeremy wieder auf, machte einen tapsenden Schritt in den Fußeisen und noch einen. Beim nächsten Schritt drehte er den rechten geschwollenen Fuß einwärts, und erneut stolperte er und stürzte zu Boden und kam unter Brüllen und Stockschlägen wieder auf die Beine. Bis zu seinem nächsten Sturz ließ er sich mehr Zeit, und dieses Mal begannen die beiden Derwische eine hitzige Auseinandersetzung, während Jeremy taumelnd wieder auf die Füße kam. Beide wirkten ratlos, schienen sich aber auch darin einig zu sein, den Weg nicht auf diese mühevolle Weise fortsetzen zu wollen. Dann redete der eine eifrig auf den anderen ein, bis dieser schließlich nickend sein Einverständnis gab. Sie packten Jeremy an den Oberarmen und schleiften ihn aus der zariba hinaus und zu einem im Boden steckenden Pfahl, neben dem eine Kette und ein kürzerer Pflock lagen. Einer der Derwische steckte die Kette durch das eine Fußeisen, befestigte sie am Pfahl und benutzte den Pflock, um das Fußeisen aufzuhebeln, verfuhr dann ebenso mit dem anderen Eisen. Jeremy gab keinen Laut von sich während dieser Prozedur, die ihm die Haut an den Fußknöcheln aufschürfte und ihm den dicken, geschwollenen Spann blau quetschte. Die beiden Männer packten ihn wieder und machten ihm deutlich, dass er nicht an Flucht zu denken brauche, indem sie ihm mit der Faust ins Genick schlugen und ihm den Speerstab ins Kreuz hieben.
    Jeremy wandte den Blick ab, als seine Augen auf die Galgen am Rande des mäßig belebten Marktplatzes fielen. An einem davon baumelte ein Junge, vielleicht dreizehn, vierzehn Jahre alt, das Gesicht mit den himmelwärts verdrehten Augen bläulich verfärbt, und die Zunge hing aus dem Mund wie eine purpurne, fest gestopfte Wurst. Die Derwische führten Jeremy zu einem Ziegelhäuschen am Rande des Platzes, an dessen türlosem Eingang ein weiterer speerbewehrter Wächter lustlos herumlungerte. Die drei wechselten einige kurze Worte und stießen ihren Gefangenen in das Häuschen hinein.
    Bis auf ein rotes Glühen über dem Boden, gleich hinter dem Eingang, war es hier dämmrig, und Jeremy brauchte eine Weile, bis sich seine Augen nach der Sonnenglut draußen an das trübe Licht gewöhnt hatten. An der hinteren Wand waren einige kleine Stoffsäcke aufgestapelt; auf der rechten Seite stand ein mit Erde gefüllter Flechtkorb, daneben lagen allerlei Dinge durcheinander: zersprungene Ziegelsteine, aus Holz geschnitzte Löffel, ein metallenes Kaffeekännchen mit langem Schnabel, wassergefüllte Krüge und angeschlagene irdene Schalen. Das Glühen rührte von entzündeter Holzkohle her, die man in einer Metallschale auf den Boden gestellt hatte. Offenbar war das Prinzip zur Salpetergewinnung durchaus bekannt, nur das genaue Vorgehen nicht. Jeremy bekam einen Stoß in den Rücken und eine gebellte Aufforderung und krempelte sogleich die Ärmel seiner djibba auf, was die breiten, geriffelten Narben an seinen Handgelenken enthüllte, die er von seinem ersten Tag in Omdurman zurückbehalten hatte.
    Denk nach, befahl er sich selbst. Denk nach. Versuch dich Schritt für Schritt zu erinnern. Und wenn dir etwas nicht einfällt, versuch die Lücke mit Logik zu schließen.
    Er nahm eine Schale, füllte sie mit einigen Handvoll der Erde und goss Wasser dazu, verrührte die Mischung und goss die Flüssigkeit in einem dünnen Strahl in das Kaffeekännchen, das er anschließend auf die Holzkohle stellte. Mit verschränkten Armen lehnte er sich dann an die Wand, was ungehaltene Rufe der Männer, die ihm bislang neugierig zugesehen hatten, zur Folge hatte. Jeremy machte eine beschwichtigende Geste. Ab und zu spähte er in das Kännchen und goss Wasser nach, wartete, bis das Wasser verkocht war, und goss wieder Wasser nach. Zwei, vielleicht drei Stunden etwa würde es dauern, bis in dem Kännchen ein dünner Sirup entstanden wäre. Sofern er sich richtig erinnerte, könnte er diesen dann auf die Ziegel gießen, undsobald der gebrannte Lehm die Feuchtigkeit aufgenommen hätte, würden Kristalle auf der Oberfläche zurückbleiben. Streute man diese auf die glühende Holzkohle,

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