Jenseits des Nils: Roman (German Edition)
Rücken gegen die Wand neben dem Türrahmen. Sie mochte sich lieber nicht vorstellen, dass es in diesem Haus tatsächlich spuken könnte. Schon bei dem Gedanken daran richteten sich die Härchen an ihren Unterarmen auf. Angst machte ihr diese Vorstellung jedoch nicht. Eigentlich machte ihr nichts Angst, solange sie Simon in ihrer Nähe wusste. Und er war in ihrer Nähe, das verriet das Knarzen der Dielen vor der Tür.
»Ada?«
Allenfalls ihre eigene Courage vermochte ihr Angst einzujagen, mit der sie sich am frühen Morgen, während Grace in dem breiten Himmelbett noch fest schlief, aus dem Gästezimmer gestohlen hatte, um das ehemalige Gärtnerhaus näher in Augenschein zu nehmen.
»Ada, wo bist du?«
Sie fasste das breite Bett ins Auge, auf dem zusammengefaltete Decken und Laken und stockfleckige Kissen lagen, und ihr Magen schlug einen Purzelbaum.
»Ich bin hier, Simon!«
Als er eintrat und sich suchend umblickte, stieß sie sich von der Wand ab und ging um ihn herum. Noch im Gehen schlüpfte sie aus ihren Schuhen und zupfte die letzten verbliebenen Nadeln aus ihrem Haar, das ihr vom schnellen Lauf in losen Strähnenüber die Schultern fiel. Sie wich seiner ausgestreckten Hand aus und stellte sich ans Fußende des Bettes. Vor allem seinem Blick wich sie aus; sie konnte ihn nicht dabei ansehen.
Mit gesenkten Lidern öffnete sie die obersten Knöpfe ihres Kleides, eines der wenigen, die sie besaß, die sich ohne fremde Hilfe anziehen und ausziehen ließen.
»Was machst –« Die Frage blieb ihm im Hals stecken, der plötzlich rau und trocken war wie Sandpapier. Unfähig, sich zu rühren, schaute er zu, wie sie sich aus dem Kleid schälte und es achtlos zu Boden fallen ließ. Wie sie die Häkchen an der Vorderseite des Korsetts eines nach dem anderen aufmachte, die mit Streben verstärkte Stoffbahn beiseitewarf und danach aus dem leichten Unterrock stieg.
Simon durchlief es heiß und kalt zugleich, und seine Finger umkrampften schweißfeucht das Jackett in seiner Hand, das er auf dem Weg hier herauf ausgezogen hatte. Nicht, Ada. Hör auf.
Nur in Unterwäsche ließ sie sich auf der Bettkante nieder und rollte einen Strumpf herunter, dann den anderen. Sie kauerte sich zusammen, um sich das taillierte Hemdchen über den Kopf zu ziehen, hob kurz die Hüften an und schob sich aus der langen, volantbesetzten Unterhose. Einen Berg Wäsche zu ihren Füßen, saß sie schließlich da, leicht vorgebeugt, die Knie beisammen, das Haar wie in dicken Strängen aus Seide über den Schultern, über der Brust. Endlich hob sie den Blick, den Kopf mit den roten Wangen schräg gelegt.
»Jetzt ... du?«
Mit ihrer hellen Haut sah sie aus wie eine an Land gespülte Meerjungfrau. Nichts an ihr wirkte lasterhaft oder gar verdorben. Sie war ganz Unschuld, so als handele es sich um ein harmloses Kinderspiel, und doch war sie die leibhaftige Versuchung und ganz Frau.
Nicht, Ada, wir müssen doch nicht ... Das Jackett glitt aus seinen Fingern, und wie von selbst setzten sich Simons Füße in Bewegung. Bleib anständig, Simon! In den vier Schritten bis zum Bettpeinigten ihn Gedanken an den Colonel. Ich kann doch nicht – ich darf doch nicht ... Colonel Norbury würde dafür sorgen, dass Simon Digby-Jones noch vor Dienstantritt aus dem Regiment flog und niemals mehr irgendwo einen Posten bekäme. Aus und vorbei. Gedanken, die sich zu albtraumhaften Bildern steigerten. Wie Adas Vater ihn mit Kugeln durchsiebte. Gott, Ada, ich will dich so sehr ... Wie der Colonel ihn mit einem einzigen Schwertstreich entmannte. Ich bin erledigt, wenn das je ...
Dann dachte er nichts mehr, und er sank vor Ada auf die Knie.
Vorsichtig, als fürchtete er, sie würde sich bei der ersten Berührung in Luft auflösen oder ihn von sich stoßen, legte er die Hände auf ihre Schenkel, und als nichts geschah, als sie stillhielt, ließ er sein Gesicht darauf ruhen. Ein schwacher Duft ging von ihr aus, schwer wie voll erblühte Lilien, und Simon drückte mit seinem Kopf ihre Beine auseinander, umschlang ihre Hüften, die schmal waren und doch sanft gerundet, und bahnte sich seinen Weg zum Quell dieses Duftes. Ada wand sich, gab einen Laut von sich, der klang wie ein Aufkichern, als er sein Gesicht gegen das dunkle Vlies ihres Venushügels drückte, atmete dann entzückt aus, als er ihren Duft trank. Aufwärts, aufwärts, über ihren flachen Bauch, hin zu ihren kleinen Brüsten, die Spitzen blass und zart wie Rosenknospen. Ihre Finger krallten sich in sein Haar,
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