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Jenseits des Protokolls

Jenseits des Protokolls

Titel: Jenseits des Protokolls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Wulff , Nicole Maibaum
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gruselig« und 20 Jahre älter aussah. Dies war der Fall im Mai 2011 bei der Südamerika-Reise. Das bunt geblümte Kleid, das ich beim Besuch einer deutschen Schule in Costa Rica trug, fanden sie viel zu »omamäßig«. Auch das beigefarbene Mantelkleid, das ich tagsüber bei der Hochzeit von Prinz Albert und Charlene in Monaco anhatte, war ihnen zu bieder. Aber vor allem sagten sie mir, wenn die Gefahr drohte, dass ich mich vom Wesen her veränderte. Wenn ich mit ihnen, meinen Freundinnen, beispielsweise in einem genauso sachlichen Ton gesprochen habe wie mit meiner Referentin.
    Wir sind bedingungslos füreinander da – eigentlich. Denn zu der Zeit in Berlin kam ich als Freundin deutlich an meine Grenzen. Stephanie erlebte während der letzten Jahre in ihrer Ehe einige schwierige Auseinandersetzungen und immer wenn wir es mal geschafft hatten, doch abends kurz zu telefonieren, und sie mir wieder erzählte, was für Streitereien sie mit ihrem mittlerweile Exmann hatte, teilweise dabei weinte, fühlte ich mich hilflos. Unter anderen Umständen hätte ich mich sofort in den Zug gesetzt und wäre für ein paar Tage zu ihr nach Herford gefahren. Um sie in die Arme zu nehmen, um mit ihr abends in Ruhe ein Glas Wein zu trinken und um einfach auch nur für ihre fünf Mädchen da zu sein, damit Stephanie einmal Zeit für sich hat. Meine Freundin brauchte mich und ich hatte ein schlechtes Gewissen, weil ich nicht bei ihr sein konnte. Denn mit einem Blick in meinen Kalender wusste ich, dass ein Besuch in Herford unmöglich ist. Ein Termin stand da neben dem anderen, ein Auslandsbesuch folgte dem nächsten Staatsbankett …

7 Die Promis
    Standen früher in meinem Kalender Termine wie »15.30 Uhr, Treffen mit Freundin Silke auf dem Spielplatz«, waren es als Frau des Bundespräsidenten Eintragungen wie »12 Uhr, Treffen mit Michelle Obama auf der Ramstein Air Base«. Es erschien mir völlig irreal. Von heute auf morgen befand ich mich plötzlich mitten in der Welt der Politiker und Prominenten. Personen, die ich bis dahin nur aus dem Fernsehen kannte oder mir beim Blättern in irgendwelchen Zeitschriften begegnet waren, die ein völlig anderes Leben zu führen schienen und bei denen ich mich mitunter fragte: »Na, sind die nun tatsächlich so oder ist das nur Show?«, lernte ich nun auf einmal persönlich kennen. Ich war auf dem Staatsbankett des Emir von Katar , tanzte auf der Hochzeit von Monacos Fürst Albert und seiner Charlene und saß zum Abendbrot bei Käse und Rotwein mit Bundeskanzlerin Angela Merkel zusammen.
    Es war spannend, aufregend und interessant und ich bin sehr dankbar, dies alles erlebt haben zu dürfen. Trotzdem sage ich: Dieses Leben war so anders im Vergleich zu meinem vorherigen, dass ich mich erst einmal darin zurechtfinden musste. Ich war als Frau des Bundespräsidenten nicht nur von einem auf den anderen Tag in dieser Welt der Politiker und Prominenten gelandet, ich musste dort auch dementsprechend agieren – ebenfalls von heute auf morgen und darauf bereitet einen keiner vor. Obgleich mein Englisch sicher gut ist, hätte ich zum Beispiel einfach gerne vorher noch einen Kurs »Business-Englisch« belegt. Vielleicht auch einen Kurs in Richtung »Andere Länder, andere Sitten«, um über die Rituale und die Dos and Don’ts in den verschiedenen Ländern besser informiert zu sein. Generell Bescheid zu wissen über manche Tugenden. So weiß ich noch, wie ich anfangs erschrocken zusammenzuckte und es mir nahezu peinlich war, wenn ich von manch wohlerzogenem Herrn zur Begrüßung einen angedeuteten Handkuss bekam. Aber nicht nur, dass mir derartige Kurse nicht angeboten wurden – es fehlte auch die Zeit dafür. Ich konnte das Bundespräsidialamt nicht vertrösten von wegen »Gebt mir mal zwei Monate Zeit, dann bin ich für den Job der Bundespräsidentengattin richtig fit«. Nein, es ging tatsächlich sofort los, von einem auf den anderen Tag. Das war nicht leicht. Eine Michelle Obama ist nicht meine Freundin Silke, mit der ich ganz ungezwungen und ohne nachdenken zu müssen über Jobstress, Klamotten, Nachbarn, gemeinsame Freunde oder lediglich nur das Wetter oder das Fernsehprogramm plaudern kann. Worüber redet man mit der Frau eines US-Präsidenten? Gibt es Themen, die man auf keinen Fall ansprechen darf? Und wie schafft man es bei so einer Unterhaltung, möglichst locker zu erscheinen und so zu tun, als sei man völlig entspannt?
    Als ich am 11. November 2010, dem Tag, an dem Michelle Obama als

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