Jenseits des Spiegels
mich aus meinem Nachthemd, nahm eine schnelle Katzenwäsche an mir vor, und schlüpfte in die sauberen Sachen. Als ich noch dabei war, den Schal in meinem Nacken verhaken, verließ ich schon wieder das Bad.
Julica war weg, aber Kovu saß noch im Bett. Er wirkte noch völlig verschlafen, und rieb sich müde die Augen.
„Wo ist unser Morgenmuffel?“, fragte ich, und nahm mir eine Bürste, um meine weißblonden Haare mit ein paar schnellen Strichen halbwegs in Ordnung zu bringen.
„Ist zu den anderen rüber, um ihnen von deinem Besuch zu erzählen.“
Hätte ich mir eigentlich auch denken können. „Und du bist noch hier, weil du dich gleich wieder ins Bett packst?“
„Ich begleite dich“, brachte er beinahe empört hervor, als wäre jeder andere Gedanke völlig unerhört.
Das Zucken meines Mundwinkels war an dieser Stelle einfach Pflicht. „Na dann komm.“ Ich legte die Haarbürste weg, und war schon zur Tür raus, da hatte der Kleine sich noch nicht mal vom Bett erhoben. Aber der würde mir schon folgen.
So war es dann auch. Als ich an der Haustür ankam, stand dort ein Mann, der etwas kleiner war als ich, etwas älter, aber nicht viel. Blondes, etwas längeres Haar, was ihn nicht ganz so blass aussehen ließ, Pokerface, eine grade, aristokratische Nase, dünne Lippen, schmales Kinn, athletisch. Er wirkte nicht wirklich hübsch, aber das lag wohl er an seiner Ausstrahlung, bei der ich am liebsten in die andere Richtung gegangen wäre. Leider war das nicht Sinn der Sache.
Als ich vor ihm stand, streckte ich ihm mit einem Lächeln, meine Hand entgegen. „Hi, ich bin Talita, ich freue mich Sie kennenzulernen.“
„Recep.“ Ein Fester Händedruck, und dann ließ er mich auch schon wieder hastig los, als bekäme er sonst Pilz.
Ich bekam eine Gänsehaut. Seine Haut war nicht nur kalt, sondern eiskalt, und den Blick konnte ich auch nicht gerade mit Wärme beschreiben. So stellte ich mir einen Massenmörder, oder einen Serienkiller vor. Ein Mitglied der Mafia, frostig wie ein Winter in der der Arktis, und ohne jegliche Skrupel.
Gott, jetzt hör doch mal auf, dir da schon wieder was in deinem Kopf zusammen zu spinnen!
„Der Gefährte von Obaja, ich weiß“, lächelte ich, um meine Unsicherheit zu überspielen.
Er regierte darauf gar nicht – man, der war ja noch schlimmer als Veith, und das war keine einfache Leistung. Obwohl Veith ja bei all der Härte, die er mir entgegenbrachte, nicht wirklich kalt war, sondern nur abweisend.
Man, das wurde hier ja immer besser, jetzt spuckte er mir schon wieder im Kopf herum, gaaanz toll. Seit er mich vor drei Tagen mit Pal in der Küche erwischt hatte, war von ihm kein Wort mehr in meiner Richtung gekommen. Er hatte gar kein Recht sauer auf mich zu sein, er hatte überhaupt kein Recht irgendwas auf mich zu sein, und trotzdem bedrückte es mich, mehr als ich mir selber eingestehen wollte. Gerade als er anfing, mich nicht mehr wie etwas Abartiges anzusehen, musste sowas passieren. Seufz.
„Haben Sie die Akten?“, riss Kovu mich aus meinen Gedanken.
„Draußen.“ Damit drehte er sich um, und verließ das Haus.
Kovu und ich guckten uns nur einen Augenblick in einvernehmlichen Stillschweigen an, und folgten ihm dann. Jetzt wunderte es mich gar nicht mehr, dass Obaja sich hin und wieder vor dem Kerl verkroch. Der war ja herzlich, wie ein Eisklotz, und genauso Wortkarg. Ja selbst Feriin brachte einem mehr Wärme entgegen. Wie hatte er es nur geschafft, eine Frau zu finden, und noch dazu die Nichte von Djenan? Ich kannte sie zwar nicht, aber wenn sie nur annähernd so drauf war wie ihr Onkel, dann musste das Mädel ordentlich Feuer im Hintern haben.
Recep verließ zügig das Anwesen, und hielt auf einen schwarzen Greif zu, der am Straßenrand an einen Pfosten gebunden war. Nein, das war hier kein seltener Anblick, manchmal wenn ich hier durch die Straßen lief, dann kam ich mir vor, wie im Wilden Westen, nur ohne Cowboyhüte und Staubmäntel. Besonders die Wächter bewegten sich hauptsächlich auf diesen geflügelten Löwen mit dem Adlerkopf fort. Mir war das ja suspekt. Ein anders Wesen, welches mich auf mein Geheiß hin durch die Gegend trug, und sich sogar in die Lüfte begab? Nein danke, ich blieb lieber mit meinen eigenen Beinen fest auf dem Boden – oder in einem Baum, aber auch da waren es meine eigenen Beine.
Als Recep an das Tier trat – das aufgeregt mit den Flügeln zu rascheln begann, als es ihn sah – behielt ich einen respektablen Abstand
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