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Jenseits des Spiegels

Jenseits des Spiegels

Titel: Jenseits des Spiegels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Markstoller
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beschützt!“
    „Ach, hast du dein Repertoire erweitert?“, frage Domina. „Jetzt sind es nicht mehr nur Welpen die du frisst, sondern auch junge Frauen?“ Zuerst glaubte ich, dass sie Löwin einen schlechten Scherz machte, aber die Spannung im Raum belehrte mich eines besseren. Wie die beiden Frauen sich anstarrten, als wartete jede darauf, dass die andere den ersten Schritt machte, verdeutlichte mir, dass es hier um etwas Ernstes ging. Kaj hatte Kinder gefressen? Okay, meine Phantasie spielte mir vermutlich einen Streich. Ich musste etwas missverstanden haben. Wölfe die Kinder fraßen, waren doch ein wenig zu märchenhaft. Die Geschichten vom großen, bösen Wolf, waren nichts weiter als das, Geschichten. Hoffte ich zumindest.
    „Kaj“, sagte Erion in ruhigem Ton. „Ich glaube es ist bereits an der Zeit, dass du deiner Arbeit nachkommst, meinst du nicht?“
    Auch eine nette Art ihr zu erklären, dass sie sich verziehen sollte, bevor es hier zu einer Eskalation kam. Sie knurrte mich an, und wehte dann mit fliegenden Haaren an mir vorbei.
    „Also das finde ich echt gruselig“, murmelte ich.
    „Was?“, fragte Erion ehrlich neugierig.
    „Naja, wenn sie knurren. Ich meine wenn sie auf vier Beinen laufen, okay, das gehört dazu, aber ein menschlicher Kehlkopf sollte nicht in der Lage sein einen solchen Ton zustande zu bringen.“
    Erion sah mich an, und dann fing er aus tiefster Seele an zu lachen.
     
    °°°
     
    „Wow!“ Diese Blumenpracht war einfach genial. Noch nie hatte ich solche Blüten gesehen, und solche lieblichen Gerüche gerochen. Gut, noch nie war bei mir relativ. Aber ich glaubte nicht daran. Einige Blumen kamen mir bekannt vor, manche konnte ich sogar mit Namen benennen, wie die Orchideen in dem Beet vor dem Haus, aber diese hier waren mir völlig neu.
    „Gefallen sie dir?“, fragte Erion.
    „Ja, sie sind wunderschön.“ Ich hockte mich vor die schwarzen Blüten mit dem blauen Kern, und atmete tief ein.
    Pal und Domina waren zu Fang gerufen worden, um über den toten Einzelläufer zu berichten, über dem ich im Wald praktisch gestolpert war. Ich war bei diesem Gespräch nicht erwünscht, was mir einen kleinen Stich gab. Nicht dass ich mich ausgeschlossen fühlte, oder so, ich … na gut, ich fühlte mich ausgeschlossen. Alles was ich in dieser Welt kannte war das Rudel, und die wenigen Dinge, die sie mir bisher gezeigt hatten. Sie waren mein einziger Bezugspunkt. Ich hatte in den letzten Tagen eine Art Beziehung zu ihnen aufgebaut, und war für sie immer noch eine Außenseiterin. Klar, sie waren nett zu mir, manche zumindest, okay, eigentlich nur Pal, aber immerhin. Und sie ließen mich einfach stehen. Das kann selbst dem stärksten Gemüt einen Tiefschlag versetzen.
    „Sie werden Nachtstern genannt.“
    Lächelnd sah ich zu Erion nach oben. Als mich Gott und die Welt hatte einfach stehen gelassen, nahm er meine Hand, und brachte mich nach draußen in den Garten. Wenigstens einer der sich um mich kümmerte. Auch wenn es nur was mit höflichen Manieren zu tun hatte. Die Wölfe konnten sich ruhig eine Scheibe davon abschneiden. Es war ja nicht so, dass ich nicht auch was zu dem Vorfall beizutragen hätte.
    Erion hockte sich neben mich. „Wenn nachts die ersten Sterne am Himmel stehen, fangen auch die Blüten an zu funkeln.“
    „Das muss toll aussehen.“ Ich fuhr über die wachsartigen Blätter. Ein leichtes Glitzern blieb an meinen Fingern haften.
    „Es ist, als wenn die Blüten den Himmel spiegeln“, raunte er.
    Das Bild einer blauen Rose stieg in mir auf. Ihre Knospe glitzerte, aber etwas in mir sagte künstlich. Eine Erinnerung? Wenigstens ohne Kopfschmerzen. „Da wo ich herkomme, gibt es solche Blumen nicht.“ Keine Ahnung woher ich das wusste, aber an der Aussage war nicht zu rütteln. Das spürte ich ganz tief in mir.
    „Du kannst dich also doch an manche Dinge erinnern.“
    Ich ließ die Blumen, Blumen sein, und richtete mich auf. Meine Hände wischte ich an meiner Hose ab, die war eh völlig verdreckt. „Es ist weniger eine Erinnerung, als Wissen. Du könntest mich jetzt fragen wer Elvis Presley ist, oder wie der erste Mann hieß, der auf den Mond geschickt wurde, und ich könnte es dir ausführlich beantworten. Aber wenn du mich auch nur nach meiner Schuhgröße fragst, bin ich völlig überfordert. Ich musste in meinen Ausweis sehen, um zu wissen wie ich heiße und wie alt ich bin, brauchte einen Spiegel um in Erfahrung zu bringen, wie ich aussehe. Nicht mal meine

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