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Jenseits des Windes

Jenseits des Windes

Titel: Jenseits des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine Kühnemann
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Die Vorkommnisse vor drei Wochen, der verpatzte Abend ihrer Verlobung und die belanglosen Vorfälle beim Dinner, verblassten zunehmend wie ein Albtraum, dessen vage Bilder man tags darauf zu keinem Ganzen mehr zusammenfügen konnte. Elane schalt sich eine Närrin, dass sie den Ereignissen mehr Bedeutung beigemessen hatte, als sie es verdienten. Was besagte schon ein einzelner Abend gegenüber der Freude, die sie jetzt empfand? Seit Jahren hatte sie diesem Moment entgegengefiebert und nichts auf der Welt hätte ihr das Glück verderben können.
    Elane war vollkommen in ihre Gedanken versunken, als der König zwei Plätze neben ihr geräuschvoll seinen Stuhl zurückschob und sich räusperte. Schlagartig kehrte Elane in die Realität zurück. Stille senkte sich über den Saal.
    »Ich danke Ihnen für Ihr Kommen, liebe Anwesende«, sagte Adoran mit lauter Stimme. Elane wandte den Kopf und beobachtete ihren Onkel. Er lächelte, aber in seinen Augen spiegelten sich Traurigkeit und Erschöpfung, als er einmal kurz in ihre Richtung blickte. Seine Frau Celesa starrte auf die Tischplatte. Sie rührte sich keinen Millimeter.
    »Mir ist zu Ohren gekommen, dass unsere tapferen Soldaten, die an der Grenze für die Erweiterung des Königreiches kämpfen, von ihrer Expedition zurückgekehrt sind«, fuhr Adoran fort. »Dies ist auch der Grund, weshalb ich diese Versammlung einberufen habe.« Er machte eine Pause und ließ den Blick durch den Saal schweifen, als wollte er sicherstellen, dass ihm die ungeteilte Aufmerksamkeit zuteilwurde.
    Elane sah sich ebenfalls um. Die neun Mitglieder des Kronrats saßen an einer gesonderten Tafel unterhalb des Podests des Königs. Sie lächelten und nickten zufrieden. Ein Soldat mit dem Abzeichen eines Offiziers saß an einem anderen Tisch, neben ihm zwei ältere Männer. Über das Gesicht des einen zog sich eine hässliche Narbe. Ansonsten durften nur die Königin Celesa, Adorans Berater Kase Borey, Elane und Jonneth anwesend sein.
    Ein Anflug von Stolz durchflutete sie. Zum ersten Mal erlaubte man ihr, bei einer Versammlung des Kronrates zugegen zu sein. Sie war jetzt eine vollwertige Frau, und noch dazu die zukünftige Königin. Bislang hatten die andauernden Feierlichkeiten und dringende politische Geschäfte, von denen Elane nichts verstand, Jonneth abgehalten, die eigens für sie hergerichteten Zimmer im Palast zu beziehen . D och Elane freute sich bereits auf die erste Nacht, die sie als Ehepaar gemeinsam verbringen würden.
    Sie strich den Kragen ihres blauen Kleides glatt und warf ihrem frisch angetrauten Ehegatten einen zufriedenen Seitenblick zu.
    Jonneth jedoch blickte interessiert geradeaus. Der dunkelblaue Anzug stand ihm ausgezeichnet und unterstrich seine Männlichkeit. Elane freute sich wie ein kleines Kind, dem man zum Sturmfest einen Korb voll Süßigkeiten schenkte, über ihr grenzenloses Glück.
    »Hauptmann Lenry, dem das Kommando über diese Mission oblag, hat mich gebeten, den Kronrat heute Abend hierherkommen zu lassen.«
    Adorans aufgeregt klingender Bass holte Elanes Aufmerksamkeit zur Versammlung zurück. Der Soldat mit den Offiziersabzeichen nickte. Die Mitglieder des Kronrats warfen skeptische Blicke in seine Richtung. Die beiden Männer, die mit dem Offizier am Tisch saßen, hielten die Köpfe gesenkt. Irgendetwas Sonderbares musste geschehen sein. Elane richtete sich auf, ihr Interesse war geweckt.
    »Bitte, Hauptmann, sprechen Sie. Was gibt es so Wichtiges, das Sie zu berichten haben?«, verlangte der König zu wissen.
    Der Offizier räusperte sich und erhob sich von seinem Platz. Er stand kerzengerade und steif, Soldat durch und durch. »Auf unserem Eroberungsfeldzug durch Eld sind wir auf eine Festung der Firunen gestoßen. Sie lag versteckt mitten im Wald. Wir haben sie eingenommen und zerstört, keiner unserer Feinde ist entkommen. Dort haben wir diese beiden tapferen Valanen gefunden.« Er deutete auf die Männer, die immer noch mit gesenkten Köpfen am Tisch saßen. »Sie sagen, ihre Namen seien Tivor Breel und Phal Redland. Weiterhin gaben sie an, einst im Palast unter König Alloret gedient zu haben.«
    Ein leises Raunen ging durch den Kronrat. Jonneth rutschte auf einmal auf seinem Stuhl hin und her. Elane teilte die allgemeine Unruhe nicht, denn sie hatte bislang weder etwas von einem Mr. Breel noch von einem Mr. Redland gehört. Was war so bedeutend an zwei Vagabunden, die man auf einem von wilden Firunen bevölkerten Kontinent aufgelesen hatte?

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