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Jenseits von Afrika

Jenseits von Afrika

Titel: Jenseits von Afrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Blixen
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und die afrikanischen Menschen paßten gut zueinander. Vielleicht hing es mit der Lage zusammen, dem Hochlandrhythmus, der alle drei durchpulste, denn an der Küste in Mombasa wirkten sie nicht so organisch. Es war, als hätten der großen, weiten Landschaft mit ihren Steppen, Bergen und Flüssen die Windhunde gefehlt, um sie vollkommen zu machen. Alle schottischen Windhunde waren große Jäger und hatten bessere Nasen als die kurzhaarigen, aber sie gebrauchten bei der Jagd die Augen, und es war ein staunenswertes Schauspiel, zwei von ihnen zusammenarbeiten zu sehen. Ich nahm sie mit, wenn ich in das Wildschutzgebiet ritt – was ich eigentlich nicht durfte –, da hetzten sie die Herden der Zebras und Wildbeestantilopen über die Steppe, als stürmten alle Sterne entfesselt übers Firmament. Jagte ich im Massaireservat, so verlor ich kein waidwundes Stück, wenn ich die Windhunde bei mir hatte.
    Schön waren sie auch im Urwald anzusehen, dunkelgrau gegen die satten grünen Tönungen. Einer von ihnen tötete, aus freien Stücken, einen großen alten Pavian; im Kampf wurde ihm durch einen Biß die Nase mittendurch gespalten; die Narbe verdarb zwar sein edles Profil, wurde aber von jedermann auf der Farm als Ehrenmal betrachtet, denn der Pavian ist ein übler Schädling und bei den Schwarzen verhaßt.
    Die Windhunde waren kluge Tiere und wußten, wer in meinem Hause Mohammedaner war und keinen Hund berühren durfte. In den ersten Jahren in Afrika hatte ich einen Somalijäger namens Ismail; er starb, solange ich noch draußen war. Er war noch einer der Jäger aus der alten Schule, wie es sie heute nicht mehr gibt. Er war unter den echten alten Großwildjägern aus dem Anfang des Jahrhunderts aufgewachsen, als noch ganz Afrika ein einziger Wildpark war. Seine Berührung mit der Kultur beschränkte sich ausschließlich auf das Gebiet der Jagd, und sein Englisch war nichts als ein Jägerjargon. Als Ismail nach Somaliland zurückgekehrt war, bekam ich einen Brief von ihm, der war adressiert an die »Löwin Blixen« und fing an: »Verehrte Löwin.« Ismail war ein strenger Mohammedaner und wäre nicht um sein Leben einem Hund nahe gekommen; das hat ihm in seinem Beruf manches Mal zu schaffen gegeben. Aber mit Dusk machte er eine Ausnahme und hatte nichts dagegen einzuwenden, wenn er im kleinen Jagdwagen mit uns fuhr, ja, er ließ Dusk sogar in seinem Zelt schlafen. Denn Dusk, sagte er, kenne einen Mohammedaner vom Ansehen, er würde ihn nie berühren. »Wahrhaftig«, beteuerte mir Ismail, »Dusk kann unterscheiden, ob einer im Herzen ein echter Mohammedaner ist.« Einmal sagte er zu mir: »Jetzt weiß ich, daß Dusk vom gleichen Stamme ist wie du selbst. Er lacht über die Menschen.«
    So verstanden die Hunde auch Lulus Macht. Die Anmaßung der großen Jäger schmolz vor ihr dahin. Sie schubste sie von der Milchschüssel und von ihren Lieblingsplätzen vor dem Feuer fort. Ich hatte Lulu an einem Halsband ein Glöckchen angehängt, und es kam so weit, daß die Hunde, wenn sie das Klingeln des Glöckchens von weitem herannahen hörten, von ihren warmen Lagerplätzen am Feuer aufstanden und sich anderswo im Zimmer niederließen. Und doch konnte niemand sich feiner benehmen als Lulu, wenn sie eintrat und sich hinlegte, wie eine vollendete Dame, die zimperlich ihre Röcke an sich zieht und niemandem im Wege sein möchte. Sie trank ihre Milch mit höflich gezierter Schnauze, als hätte eine übereifrige Gastgeberin sie ihr aufgedrängt. Sie verlangte, hinter den Ohren gekrault zu werden, und machte eine niedliche Duldermiene dazu, wie eine junge Frau, die schnippisch ihrem Gatten eine Liebkosung gestattet.
    Als Lulu heranwuchs und in ihrer jungen Anmut erblühte, war sie eine schlanke, zartgerundete Hindin, von der Nase bis zu den Zehen von unfaßlicher Schönheit. Sie sah aus wie eine genau gemalte Abbildung zu dem Heinelied von den weisen und edlen Gazellen am Ufer des Ganges.
    Aber Lulu war im Grunde nicht edel, sie war, wie man sagt, vom Teufel geritten. Sie zeigte im höchsten Grade die weibliche Eigenart, scheinbar völlig in der Abwehr zu sein, ganz nur darauf bedacht, die Heilheit ihres Wesens zu wahren, indes sie in Wahrheit mit all ihren Kräften im Angriff stand. Gegen wen? Gegen die ganze Welt. Ihr Mutwille setzte sich über alle Grenzen und Maße hinweg, sie ging auf meinen Gaul los, wenn er ihr nicht gefiel. Ich mußte an den alten Hagenbeck in Hamburg denken, der gesagt hat, von allen Tiergattungen, einschließlich

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