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Jenseits von Feuerland: Roman

Jenseits von Feuerland: Roman

Titel: Jenseits von Feuerland: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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ihr bereits jetzt als absolut unmöglich erschien, diesen Fremden auszuliefern. Ganz gleich, wer er war – sie würde es niemals über das Herz bringen, selbst wenn sie eine Katastrophe riskierte: ein Tehuelche, der sich auf ihrer Farm versteckte … diese Truppe Männer, denen sie nur Lügen entgegensetzen konnte und von denen sie nicht wusste, ob sie wirklich so schnell aufgeben würden.
    Sie kamen zum Geräteschuppen.
    »Maril?«, rief Ana. »Maril?«
    Erklärend wandte sie sich an Emilia: »Das ist sein Name. Er hat ihn mir erst gestern gesagt.«
    Eine Erinnerung stieg in Emilia hoch – an die schreckerstarrte Rita, die nach dem Grauen nicht mehr gewusst hatte, wie sie hieß, es bis heute nicht wusste. »Mir ist völlig gleich, wie er heißt«, sagte sie barsch, »ich will nur nicht, dass er mir Schwierigkeiten macht.«
    Ana öffnete die quietschende Tür. Als Emilia über die Schwelle trat, nahm sie zunächst nur die dunklen Schatten von Gerätschaften wahr, keine menschliche Gestalt. Doch plötzlich fiel etwas krachend um: Dieser Tehuelche musste voller Panik aufgesprungen sein, als er nicht nur die vertraute Ana, sondern auch sie gesehen hatte.
    »Keine Angst!«, rief Ana schnell. »Da ist Emilia … Sie weiß Bescheid … Sie tut dir nichts.«
    Schon im nächsten Augenblick kamen Emilia diese Worte unglaublich lächerlich vor. Wie sollte sie diesem Mann auch etwas antun? Nun, da er auf sie zu und ins Licht trat, sah sie, dass er die Statur eines Riesen hatte. Sie konnte sich nicht daran erinnern, jemals einen so großen Mann gesehen zu haben. Neben ihm würde wohl selbst Pedro wie ein Kind wirken.
    »Du lieber Himmel!«, stieß sie aus und wich unwillkürlich zurück.
    »Seine Verletzung ist gut verheilt. Er ist nur noch ein bisschen schwach.«
    Emilia starrte in dunkle Augen – und trotz der Furcht, die sie beim Anblick dieses Hünen befiel, erwachte wieder die Erinnerung an den Tag, da sie Rita gefunden hatte und diese sie mit traurigen, leeren Augen angestarrt hatte.
    »Ich gehe«, entschied der Hüne. »Wenn ihr wollt, dann verlasse ich die Estancia sofort.«
    Emilia wollte bereits zustimmend nicken – sie hätte ihn niemals von sich aus verjagt, aber dass er selbst gehen wollte, erschien ihr als gute Lösung, doch da erklärte Ana streng: »Die Männer, die dich suchen, sind noch in unmittelbarer Nähe. Wenn du jetzt gehst, läufst du ihnen direkt in die Arme!«
    Der Tehuelche öffnete den Mund, um etwas zu sagen – und auch Emilia lag Protest auf den Lippen: Viel besser, er verschwand jetzt bei Dunkelheit als morgen im Tageslicht.
    Doch ehe einer von ihnen beiden etwas einwenden konnte, hörten sie hastige Schritte hinter sich. Maril duckte sich, Emilia fuhr herum. Schon von weitem vernahm sie Ritas trockenes Schluchzen und Balthasars Stimme, der beschwichtigend auf sie einredete: »Rita … Rita, schau mich an! Ich bin doch hier. Ich werde nicht zulassen, dass dir etwas geschieht!«
    »Was …?«, setzte Emilia an und fühlte förmlich die Bedrohung, die in der Luft lag. Der Wind schien innerhalb weniger Augenblicke noch kälter zu wehen, der Nachthimmel in noch abgründigerem Schwarz zu stehen.
    Sie wollte Maril ein Zeichen geben, damit er sich versteckte, doch im nächsten Augenblick erfasste sie, dass es nunmehr ihr geringstes Problem war, Rita und Balthasar könnten den Tehuelche entdecken. Die beiden schienen ihn gar nicht zu bemerken; stattdessen stürzte Rita auf Emilia zu und klammerte sich an sie.
    »Sie sind zurückgekommen«, stammelte sie ein ums andere Mal, »sie sind zurückgekommen.«
    Emilia wusste sofort, wen sie meinte, und fragte dennoch gedehnt: »Wer?«
    »Die Männer, die die Schafdiebe suchten«, stellte Ana fest, ehe Rita antworten konnte.
    Emilia runzelte die Stirn. Schlimm genug, dass es so war. Aber warum war Rita so dermaßen entsetzt? Dass sie sich angesichts der vielen fremden Männer fürchtete, war verständlich, aber warum schlotterte sie am ganzen Leib?
    »Und … und sie haben Verstärkung mitgebracht«, stammelte sie mühsam.
    Emilia machte sich von ihren Händen los, sah noch, wie sie sich nun an Balthasar klammerte und stürmte, gefolgt von Ana, zum Patio.
    Emilia erstarrte, als ihr Blick auf die Männer fiel, die dort warteten – viel mehr als vorhin. Ein Teil war abgestiegen, der Rest saß noch auf den Pferden. Sie erkannte nicht nur das Gesicht des Mannes wieder, mit dem sie eben noch gesprochen hatte, sondern auch das von zwei anderen. Der

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