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Jenseits von Feuerland: Roman

Jenseits von Feuerland: Roman

Titel: Jenseits von Feuerland: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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Gesicht schlagen, doch da legten nicht weit von ihnen neue Boote an. Diesmal wurden tote Matrosen an Land gebracht, und wenn auch die meisten Passagiere Fremde gewesen waren, so befanden sich unter der Besatzung viele Männer aus Punta Arenas. Schreie des Kummers und des Entsetzens wurden laut.
    »Mein Gott, Arthur!«, stieß Emilia aus. Ihr Ärger versiegte. Sie ließ die Hand sinken, drängte sich an ihn, umarmte, ja umklammerte ihn. »Mein Gott, Arthur.«
    Er strich ihr über die Haare. »Ich bin aber kein Gott. Ich bin lediglich dein Liebhaber. Oder vielleicht nicht mal das, sondern nur so etwas wie dein Lustknabe.«
    »Hör auf, so zu reden!«, zischte sie ihn an. »Das ist nicht der rechte Ort, um Späße zu machen!«
    Unwirsch ließ sie ihn wieder los.
    »Da hast du allerdings recht«, gab er zu. Schweigend führte er sie noch ein Stückchen weiter vom Steg weg. Nun konnte man die Reihe der Toten nicht mehr sehen, lediglich die Klagen der Angehörigen vernehmen. »Sag nun aber ehrlich: Kann es wirklich sein, dass du dir Sorgen gemacht hast? Um mich?«
    Sie schüttelte den Kopf. Ihre Tränen waren verkrustet, aber der Schreck saß noch immer tief und ließ ihre Beine erbeben. »Natürlich habe ich mir Sorgen gemacht! Aber wenn ich es mir recht überlege, war das ziemlich dumm von mir. Warum soll ich mich um einen Schuft wie dich schon sorgen?«
    Er grinste. »In jedem Fall hast du es getan.«
    »Was nicht gleich heißt, dass du’s auch verdient hättest.«
    »Und was machst du eigentlich hier in Punta Arenas?«, fragte er angelegentlich. »Kann es sein, dass du meinetwegen …«
    »Nun bild dir nichts ein!«, fuhr sie ihn schroff an. »Ich bin zufällig hier … und habe ebenso zufällig vom Schiffsunglück gehört. Nun, da ich weiß, dass es dir gutgeht, kann ich auf die Estancia zurückkehren.« Sie kniff trotzig ihre Lippen zusammen, machte aber keine Anstalten zu gehen.
    »Du hast gewusst, dass ich komme«, stellte er befriedigt fest. »Balthasar muss es dir gesagt haben. Sonst hättest du keine Angst haben müssen, dass ich unter den Ertrunkenen bin.« Er machte eine kurze Pause, ehe er spöttisch hinzufügte: »Kann es also sein, dass du vor Sehnsucht krank geworden bist und hierher geeilt bist, nur um mich zu sehen?«
    »Was erwartest du eigentlich von mir?«, gab sie widerwillig zurück. »Dass ich dich mit Küssen und Liebesschwüren empfange?«
    »Nun, gegen die Küsse hätte ich nichts … und andere Paare würden sich im Angesicht des Todes ihre Liebe gestehen.«
    Der Spott schwand aus seinem Blick.
    Ihre Kiefer mahlten. »Ich liebe dich aber nicht.« Ihre Stimme hatte kaum Kraft, als sie die Worte sagte, doch ihre Augen funkelten ihn herausfordernd an.
    »Um mich geweint hast du aber schon«, stellte er fest.
    »Nicht um dich, sondern um diesen armen, jungen Mann.«
    »Irgendwo wird eine Frau sitzen und tatsächlich um ihn weinen. Und was lehrt uns das?«
    »Spotte nicht!«
    »Ich spotte nicht. Ich meine nur, der Tod kann immer und überall kommen. Wir sollten jede Stunde nützen. Und nicht kostbare Zeit verschwenden, indem wir uns etwas vormachen.« Er zögerte kurz, seufzte und fuhr dann doch entschlossen fort: »Ich für meinen Teil bin deinetwegen hier. Nicht nur, aber eben auch. Ich würde nicht wieder und wieder zurückkehren, wenn ich dich aus meinem Denken verbannen könnte und wenn mich eine andere Frau auch nur annähernd interessieren würde.« Aus dem Seufzen wurde ein Stöhnen. Er klang, als würde er von Schmerzen geplagt werden. »Emilia! Siehst du nicht, wie schwer es mir fällt, es zuzugeben – und kannst du nicht auch einmal …«
    »Nun gut«, gab sie zu, »ich bin auch nicht zufällig hier, sondern deinetwegen.«
    »Na also!«, rief er aus. »Jetzt sind wir schon ein Stückchen weiter. Auch wenn du sagst, dass du mich nicht liebst.«
    Sie runzelte die Stirn. »Nun vielleicht liebe ich dich doch. Zumindest ein ganz kleines bisschen.«
    Er lachte auf und zog sie ganz dicht an sich heran. Dann nahm er ihren Kopf zwischen die Hände und küsste sie. Unwirsch befreite sie sich daraus. »Und du?«, fragte sie.
    »Was – und ich?«
    »Liebst du mich auch?«
    Er lächelte. »Vielleicht auch ein ganz kleines bisschen.«
    Wieder beugte er sich zu ihr, küsste sie, und diesmal erwiderte sie das sachte Necken seiner Zunge, öffnete ihr weit den Mund und genoss den vertrauten Geschmack. Sie küssten sich lange und leidenschaftlich, und sie spürte, wie die Kälte und der Schrecken

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