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Jenseits von Feuerland: Roman

Jenseits von Feuerland: Roman

Titel: Jenseits von Feuerland: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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gerettet hatte.
    Doch als sie mit scharfer Klinge auf Esteban losging, gewillt, ihm eigenhändig die Augen auszustechen, riss Ana sie zurück.
    »Nicht!«, rief Ana geistesgegenwärtig. »Glaub mir! Ich würde ihn auch am liebsten töten, aber damit würden wir in Schwierigkeiten kommen … vor allem Maril.«
    Die Worte erreichten Rita nicht, aber Balthasar hielt inne. Blutend und sich windend lag Esteban vor ihm auf dem Boden, hielt sich den Magen, wo ihn ein Faustschlag empfindlich getroffen hatte, und spuckte Staub.
    Der Zorn in Balthasars Gesicht wich der tiefen Sorgen, als er von Esteban abließ und zu Rita eilte. »Ist alles in Ordnung mit dir?«
    Sie ließ die Schere wieder sinken. »Mir geht es gut«, stammelte sie. Die heiße Glut, die der Anblick des prügelnden Balthasars in ihr erweckt hatte, ebbte ab. Da war kein Hass mehr, kein Wille, auf Esteban einzustechen, nur Erleichterung, dass es vorbei war.
    »Wenn Esteban hier seinen Tod findet und es irgendjemand erfährt – so wird man Maril die Schuld geben«, rief Ana besorgt.
    Balthasar nickte schweigend. Rita sank an ihn und barg ihr Gesicht an seiner Brust. Maril war indessen nicht untätig geblieben. Noch ehe Esteban wieder aufstehen konnte, hatte er sich auf ihn gestürzt und seine Hände mit einem Seil gefesselt. Nun zog er daran, so dass Esteban sich mit schmerzverzerrtem Gesicht erheben musste. Er brüllte unflätige Flüche, beschimpfte Rita als Rothaut, Ana als Hure und Emilia, obwohl sie nicht hier war, als Mannweib.
    »Aber was sollen wir nun mit ihm machen?«, fragte Balthasar.
    Maril pfiff nach seinem Pferd, das meist nicht angebunden war, und dieses trabte prompt herbei. Er schwang sich geschmeidig darauf, ohne das Seil loszulassen. »Ich werde ihm kein Leid zufügen«, erklärte er stolz, »ich werde ihn lediglich von hier wegbringen, weit weg von hier. Soll er doch zusehen, wie er alleine und ohne Wasser in der Pampa zurechtkommt. Sein Pferd behalten wir einfach.«
    Er zog an dem Seil, und Esteban fluchte wieder, aber es blieb ihm nichts anderes übrig, als Schritt vor Schritt zu setzen – ansonsten hätte sich das Hanfseil schmerzhaft in seine Arme geschnitten, er wäre gefallen, und Maril hätte ihn über den steinigen, dornigen Boden geschliffen.
    Rita konnte nicht darüber nachdenken, ob es richtig war, was sie taten, und welches Schicksal Esteban womöglich bevorstand. Sie war einfach nur froh, als seine Flüche erst leiser wurden, dann gänzlich abrissen und er in einer Staubwolke verschwand. Dann ließ sie ihren Kopf wieder an Balthasars Brust sinken, und diesmal wehrte sie sich nicht wie sonst, als seine Hände erst über ihren Rücken streichelten, dann über ihr Haar und ihr Gesicht.
    »Balthasar«, murmelte sie ein ums andere Mal. »Oh, Balthasar!«

30. Kapitel
    A na hielt ungeduldig nach Maril Ausschau. Sie konnte sich noch so oft sagen, dass Esteban ihm nicht gefährlich werden würde, aber sie wusste, dass sie erst dann beruhigt war, wenn er wieder da war. Ärgerlich schüttelte sie den Kopf. Sie hatte so oft Angst um Maril, und jedes Mal verfluchte sie sich selbst dafür! Es lebte sich so viel leichter ohne Angst. Und vor allem lebte es sich leichter, wenn man sein Herz an niemanden hing!
    Nur Balthasar und Rita hatten diese Lektion offenbar nicht gelernt – im Gegenteil, sie hatten nur Augen füreinander, auch wenn sie das beide leugnen würden. Nun gut, Aurelia kam nicht zu kurz. Und manchmal waren sie so konzentriert mit etwas beschäftigt, dass sie niemanden wahrnahmen – er mit dem Zeichnen, sie mit der Wolle und den Stoffen. Dennoch konnte jeder das enge Band zwischen ihnen spüren, das sich langsam, kaum merklich geflochten hatte und zum festen Strang geworden war. Manchmal war Ana neidisch auf diese tiefe Zuneigung, die ebenso wortlos wie selbstverständlich ausfiel, und nicht minder darauf, dass beide mit so viel Leidenschaft ihr jeweils größtes Talent auslebten. Für sie selbst gab es keine Tätigkeit, in der sie ähnlich aufging. Das Wichtigste für sie war nicht, etwas Bestimmtes zu tun, sondern dass sie dazu nicht gezwungen wurde, vielmehr die Freiheit hatte, über ihr Tun zu entscheiden. Doch wenn sie sich ansonsten kein größeres Glück als dieses vorstellen konnte – wenn sie Rita und Balthasar beobachtete, überlegte sie, ob es nicht noch befriedigender war, mit ihrer Hingabe zu zeichnen oder zu weben oder sich – wie die beiden es nun taten – aneinander festzuklammern.
    »Ich … ich

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