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Jenseits von Feuerland: Roman

Jenseits von Feuerland: Roman

Titel: Jenseits von Feuerland: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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er es auf Rita abgesehen.
    Auch diese war zurückgezuckt, doch nicht weit genug, um seiner Hand zu entgehen. Er tat nichts weiter, als ihr sachte über die Wange zu streicheln, doch sie schrie verzweifelt auf, als hätte er auf sie eingeprügelt.
    Emilia stellte sich schützend vor sie und schlug Estebans Hand weg.
    »Fass sie nicht an, du Hurensohn!«
    »Was ist denn?«, rief Agustina kläglich. »Was ist denn los?«
    Estebans böses Lächeln verschwand von seinen Lippen. »Ich fürchte, ich muss deine Mädchen vor die Tür setzen, so aufrührerisch, wie sie sich gebärden«, rief er grimmig.
    »Von wegen!«, schrie Emilia und drängte Rita Richtung Gaststube. »Du musst gar nichts! Wir gehen freiwillig!«
    Sie antwortete nicht auf Agustinas verzweifelte Fragen und ignorierte Estebans Auflachen. Stattdessen zog sie Rita an den verwunderten Gästen vorbei, die hungrig Essen forderten, und stürmte die Treppe hoch zu ihrem Zimmer. Rita stand zunächst tatenlos im Türrahmen. Erst als Emilia begann, ihre Habseligkeiten zu packen, trat auch sie in den Raum, um ihr geliebtes Buch unter einem der Kissen hervorzuziehen und es an sich zu pressen.
    Von unten ertönten Stimmen. Agustina stellte scheue Fragen, auf die Esteban nicht mehr mit diesem kalten Lächeln antwortete, sondern mit ungehaltenem Murren. Anstatt ihr zu erklären, woher er die beiden Frauen kannte, warf er ihr bitter vor, sie überhaupt eingestellt zu haben.
    »Das ist also der verlorene Sohn!«, stieß Emilia aus. »Er schert sich nicht darum, dass seine Mutter sich zu Tode schuftet, macht ihr stattdessen Vorwürfe, dass sie Hilfe braucht, und …«
    Ihre Worte rissen ab.
    Eben hatte sie das Holzbrett zur Seite geschoben, um das ersparte Geld an sich zu bringen, doch darunter klaffte nur Leere. »Mein Gott!«, schrie sie. »Unser Geld ist weg! Hast du …«
    Rita starrte ratlos auf sie. »Nein, ich habe nichts davon genommen.«
    »Es war doch am Nachmittag noch da, und …«
    Eine dunkle Ahnung stieg in ihr hoch – und wurde allzu bald bestätigt. Agustinas Stimme war mittlerweile verstummt, und die von Esteban klang erstaunlich nah an ihrem Ohr, als er – nunmehr nicht länger murrend, sondern mit ausgesuchter Höflichkeit – fragte: »Sucht ihr vielleicht das hier? Ich habe es zufällig gefunden.«
    Emilia fuhr herum und sah ihn am Türrahmen lehnen. Er hielt den Geldbeutel hoch und schwenkte ihn hin und her.
    »Du verfluchter …«
    Besinnungslos vor Wut stürzte Emilia auf ihn zu, und einen Augenblick schien es, dass er nicht zurückzucken, sondern ihr den Geldbeutel vielmehr wiedergeben würde. Doch kaum griff sie nach ihm, zog er ihn ihr nicht nur vor der Nase weg, sondern ballte die andere Hand zur Faust und schlug ihr ins Gesicht. Emilia sah zwar, wie ein dunkler Schatten auf sie zukam, konnte sich jedoch nicht ausreichend gegen den Schlag wappnen. Sie hatte das Gefühl, ihre Haut müsste reißen, als die Faust sie traf, und unter ihrer Wucht wurde sie durch den halben Raum geschleudert. Wenn sie sich nicht am Bettpfosten festgeklammert hätte, sie wäre zu Boden gegangen. Vor ihren Augen stoben Funken.
    »Du verfluchter …«, setzte sie wieder heiser an.
    »Macht, dass ihr rauskommt!«, befahl er kalt und drückte den Geldbeutel an seine Brust.
    Emilia befühlte die heiße Haut ihrer schmerzenden Wange. Trotz aller Wut – blind machte diese sie nicht mehr. Sie ahnte, dass sie ihn unmöglich überwältigen könnte.
    »Das kannst du nicht machen!«, rief sie. »Das ist unser Geld! Wir haben es verdient!«
    »Meiner Mutter gestohlen habt ihr es!«
    »Wir haben aus diesem Rattenloch eine anständige Herberge gemacht!«
    »Und wer soll euch das glauben? Wer würde sich für euch starkmachen? Ihr seid doch nur zwei Weiber …«
    Ehe Emilia etwas sagen konnte, erschien Agustina hinter ihm. Ihr Gesicht war von roten Flecken übersät. Hatte er etwa auch sie geschlagen – die eigene Mutter?
    »Esteban, diese Frauen haben ihr Geld redlich …«
    »Hör auf, mir die Ohren vollzujammern«, fiel er ihr scharf ins Wort. »Ich hätte dir Geld mitgebracht, viel Geld. Aber anstatt mich zu bezahlen, hat mich der Walfänger, für den ich monatelang geschuftet habe, von Bord gejagt. Und zwar wegen dieser hysterischen Weiber! Dieses Geld steht mir darum zu, und du solltest dankbar dafür sein, wenn ich dir einen Teil abgebe!«
    »Aber ich will dieses Geld nicht. Nicht, wenn du es den Frauen …«
    »Nicht?«, unterbrach er sie wieder und klang

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