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Jenseits von Timbuktu

Jenseits von Timbuktu

Titel: Jenseits von Timbuktu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gercke Stefanie
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das Haus ihrer Schwester.
    Drinnen war es kühler als draußen. Wie in den Häusern mediterraner Länder besaßen die hölzernen Fensterläden Lamellen, die geschlossen waren und das Licht zu einem Halbdunkel dämpften. Sie schnupperte. Das tat sie immer, wenn sie ein fremdes Haus betrat. Feuchtigkeit und der Geruch nach süßlichem Bohnerwachs hing in der Luft, die Trompetenblüten einer Datura, die neben der Eingangstür in einem großen Terrakottatopf wuchs, verströmte intensiven Parfumduft. Ihre Augen gewöhnten sich schnell an das Zwielicht. Im Eingang stand eine Mahagonikommode, darüber hing ein Bild, ein Blumenaquarell. Nicht besonders fein gemalt, wie sie mit geschultem Blick feststellte. Ihr Vater hatte ihr beigebracht, Qualität zu erkennen. Der Essensgeruch, der ihr in die Nase stieg, sagte ihr, dass die Küche rechts von ihr lag. Links konnte sie durch die offene Tür einen soliden Esstisch mit geschnitzten Stühlen erkennen. Die Tür gegenüber war zu. Sie huschte hinüber und drückte die Türklinke. Die Tür schwang auf.
    Die Wand auf der linken Seite war durch eine ungefähr drei Meter breite Fensterfront unterbrochen. Hier und da funkelte Sonnenlicht durch die Jalousielamellen und malte Lichtkringel auf die honigfarbenen Holzdielen. Davor gruppierten sich eine Couch, zwei tiefe Sessel und mehrere Stühle aus verschiedenen Stilepochen um einen niedrigen Tisch. In der Ecke glühte das Stand-by-Auge eines Flachbildfernsehers, an den Wänden, die einen neuen Anstrich nötig gehabt hätten, hingen jede Menge Bilder. Ob es Originale oder Drucke waren, konnte sie nicht ausmachen. Auf dem Regal an der gegenüberliegenden Wand waren Bücher und Zeitschriften in unordentlichen Stapeln aufgeschichtet.
Cordelia las offenbar gern und viel. Anita versuchte vergeblich, die Titel von der Tür aus zu erkennen. Bücher verrieten viel über ihre Besitzer. Neugierig machte sie einen Schritt in den Raum.
    Â»Und was tun Sie hier?« Eine scharfe Männerstimme.
    Sie wirbelte herum und sah sich einem massigen Mann gegenüber, einem Fleischberg mit Hamsterbacken, in Khakihemd mit Schulterklappen, halblangen Shorts und hellblauen Kniestrümpfen. Er musterte sie aus eng stehenden, in abstoßende Fettwülste eingebetteten Augen. Zentimeter für Zentimeter kroch sein Blick über sie. Sie spürte ein Kribbeln auf der Haut, bekam keinen Laut heraus. Es war eindeutig der Mann auf dem Foto, das sich auf Maurice’ USB-Stick befand.
    Â»Also, was wollen Sie und wer sind Sie?« Seine ungesund rötliche Haut war von Pigmentflecken übersät. Den Daumen der rechten Hand hatte er in den Gürtel gehakt, an dem ein Pistolenhalfter hing. Der Knauf der Waffe ragte heraus. Der linke Ärmel seines Hemdes war leer, der Arm offensichtlich oberhalb des Ellenbogengelenks amputiert.
    Anitas Mund war plötzlich staubtrocken. Sie schluckte. »Entschuldigung … ich wollte nicht … ich wollte nur …« Sie brach ab und machte eine hilflose Handbewegung.
    Â»Also, wollten Sie nicht oder wollten Sie doch? Mich interessiert vor allen Dingen, was.« Sein Daumen streichelte über den Pistolenknauf. Die dünnen roten Lippen, die wie ein blutiger Schlitz unter seiner Nase saßen, kräuselten sich. Er roch nach Alkohol und Knoblauch. »Fangen wir mal damit an, wer Sie sind.«
    Unter seinem klebrigen Blick wurde ihr bewusst, wie knapp ihre Shorts saßen, wie nackt ihre Schultern waren und dass das tief ausgeschnittene Spaghettiträger-Top einem Mann von seiner Körperlänge eine erstklassige Sicht in ihren Ausschnitt gewähren musste. Sie legte schützend eine Hand auf ihren Brustansatz und räusperte sich kräftig. »Anita«, krächzte sie. »Anita Carvalho.«

    Der Mann zog sichtlich überrascht die Brauen hoch. »Carvalho? Sind Sie etwa mit Cordelia verwandt?«
    Â»Ihre Schwester.«
    Der Dicke starrte sie ausdruckslos aus eisgrauen Augen an. Der Schlitzmund war fest geschlossen. »Ich zähle bis drei«, flüsterte er schließlich. »Dann will ich wissen, wer Sie wirklich sind. Cordelia hat keine Schwester. Eins …«
    Anita hob trotzig ihr Kinn und zwang sich, seinem Blick zu begegnen. Sie hatte nicht vor, sich von diesem Fleischklops einschüchtern zu lassen. Was konnte er ihr schon antun? Dirk wartete draußen, und er war mindestens ebenso groß

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