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Jenseits von Timbuktu

Jenseits von Timbuktu

Titel: Jenseits von Timbuktu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gercke Stefanie
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den Mann an und begriff erst nicht, wen sie da vor sich hatte. Erst allmählich reagierte ihr Gehirn. Es war Len Pienaar. Ein-Arm-Len. Die Verkörperung des Bösen. Vor Schreck verschluckte sie sich und krümmte sich anschließend in einem Hustenanfall.
    Pienaar drehte sie so, dass sie ihm ins Gesicht schauen musste. »So, und nun erzählen Sie mir, was Sie hier zu suchen haben! Wie Sie überhaupt hier hereingekommen sind.«
    Stotternd erklärte sie, was vorgefallen war. »Ich hatte eine Panne und habe Hilfe gesucht.« Das Loch im Maschendraht unterschlug sie aus Angst, er könnte merken, dass sie etwas verheimlichte. Aber er hakte nicht nach.
    Â»Warum haben Sie nicht Ihr Handy benutzt und Cordelia angerufen? Oder jemand auf Inqaba ?« Lauernd, zupackend. »Raus mit der Sprache, wen haben Sie angerufen?«
    Â»Ich habe keinen Empfang gehabt. Die ganze Zeit nicht … Ich konnte niemand erreichen.« Sie senkte den Kopf, um seinem wütenden Blick auszuweichen.
    Â»Geben Sie mir Ihr Telefon!« Len Pienaar streckte ihr seine Pranke entgegen.
    Anita nestelte mit zitternden Fingern an der Tasche ihrer Shorts und musste entdecken, dass sie das Telefon offensichtlich verloren hatte. »Ich … habe es irgendwo verloren.« Selbst in ihren eigenen Ohren klang das wie eine Ausrede.
    Bevor sie sich wehren konnte, fuhr er mit seiner Hand grob in ihre Hosentasche und zog diese nach außen. Dann stieß er Anita herum und durchsuchte die andere Tasche auf die gleiche Weise. Nachdem er auch die leer hervorgezogen hatte, nahm er ihr die Umhängetasche ab und durchwühlte sie, kehrte das Unterste zuoberst.
Zum Schluss schüttete er den Inhalt einfach auf die Erde und schob ihn mit den Zehenspitzen auseinander, fand aber kein Telefon. Für einen Moment verzerrte sich sein Gesicht vor Wut, dann aber lächelte er wieder. Anita war sich nicht sicher, welcher Gesichtsausdruck ihr lieber war.
    Pienaar stieß einen gellenden Pfiff aus, worauf ein Mann mit tiefschwarzer Haut und absolut ausdruckslosem Gesicht erschien. »Jacob, ihr Handy ist weg. Sie hat es verloren, sagt sie. Wo?« Die eisgrauen Augen bohrten sich in ihre.
    Sie zwang sich, gleichmütig mit den Schultern zu zucken. »Keine Ahnung. Irgendwo dahinten …« Ihre Hände flatterten in die allgemeine Richtung des Gartens. Sollten sie sich doch totsuchen. Sie vermutete, dass es in der Umgebung des Lochs im Maschendraht lag. Sicherlich war es ihr aus der Hosentasche gerutscht, als sie sich dort hindurchgezwängt hatte. Auch ihr Sonnenhut musste dort liegen.
    Â»Wo, verdammt, haben Sie das Telefon verloren, Sie dumme Kuh?«, brüllte Pienaar ebenso urplötzlich los wie zuvor der Löwe.
    Anita schrie vor Schreck auf. »Ich weiß es nicht«, stammelte sie. »Wirklich nicht. Irgendwo da …« Ihr ausgestreckter Zeigefinger zitterte auf höchst demütigende Art und Weise. Sie atmete tief ein und hielt die Luft an, hoffte, ihren Herzschlag einigermaßen auf eine normale Frequenz zu bringen. In der Hoffnung, dass Cordelia sie hören könnte – oder Maurice –, erwog sie kurz, laut zu schreien. Aber was hatte ihre Schwester gesagt? Das war kein Schrei, das war ein Löwe? Obwohl es offensichtlich ein Mensch gewesen war und Cordelia das auch wissen musste? Len Pienaar sei Löwenexperte, hatte ihre Schwester hinzugesetzt, und er helfe Maurice mit den Tieren, zusammen mit diesem Riaan Fourie, der Anita allein schon durch seine körperliche Präsenz Angst einjagte.
    Nein, zu schreien hatte jetzt keinen Sinn. Sie musste sich etwas
anderes einfallen lassen. Wer wusste, dass sie hierhergefahren war? Sie überlegte fieberhaft und kam lediglich auf Dirk. Der aber würde sie frühestens heute Abend, vermutlich jedoch erst morgen vermissen. Vielleicht würde das Hausmädchen ihre Chefin informieren, dass der Gast von Bungalow eins nicht in seinem Bett geschlafen habe, und vielleicht würde Jill Rogge mit dieser Frage zu Dirk gehen. Vielleicht. Vielleicht würde sich Dirk genug für sie interessieren, dass er bei Cordelia anrief.
    Oder auch nicht. Schließlich hatte sie ihn nicht immer nett behandelt. Trotzdem hatte er sein Leben riskiert, sie aus dem Meer zu fischen.
    Während sie ihre Habseligkeiten wieder in die Tasche stopfte, warf sie einen verstohlenen Blick auf die verängstigten Kinder. Gerade setzte sie zu der Überlegung an,

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