Jenseits von Timbuktu
Gürtel. Seit gestern Morgen begleitete er sie auf Schritt und Tritt. Meist bemerkte sie ihn gar nicht, was sie für eine der hervorragendsten Eigenschaften eines Bodyguards hielt, und sie hatte den Eindruck, dass er ein eingebautes Radar für das besaÃ, was hinter seinem Rücken vor sich ging. Sich ihm zu nähern, ohne dass er es merkte, hatte sich als unmöglich erwiesen. Sie hatte es probiert, nur um zu wissen, woran sie war.
Jetzt lehnte er entspannt im Sitz. Hinter der goldfarbenen, verspiegelten Sonnenbrille waren seine Augen nicht zu erkennen, aber sie wusste, dass sein ruheloser Blick ständig systematisch über die Gegend strich. Dass ihm nichts entging, was um sie herum geschah. Eigentlich war das beruhigend, auch wenn es Jill ziemlich irritierte, bedeutete es doch, dass sie einen Teil ihrer Bewegungsfreiheit aufgeben musste. Aber der Gedanke, dass Len Pienaar sich in der Gegend aufhielt, war genug, um das vorläufig zu relativieren.
Sie betätigte den Blinker und bog in eine schmale SandstraÃe ein, deren geriffelte Oberfläche an Wellblech erinnerte. Bei derartigen StraÃenverhältnissen gab es nur zwei Möglichkeiten, mit dem Auto darauf vorwärtszukommen. Entweder man fuhr langsam im Schaukelgang jede Bodenwelle aus, oder man gab Vollgas, sodass die Reifen nur eben die Kuppen berührten und der Wagen gleichsam dahinflog.
Jill gab Vollgas. Wilson packte rechts seinen Sitz und mit der linken Hand den Handgriff oberhalb der Tür und verankerte seine langen Beine im FuÃraum. Jill bemerkte es und grinste vergnügt. Zu beiden Seiten der StraÃe dehnte sich gelbbraunes Grasland aus, lediglich hier und da war ein durch die Trockenheit verkrüppelter Baum zu sehen, unter dem sich meist eine Schatten suchende Ziegen- oder Kuhherde drängte. Hitzeschlieren flimmerten über der StraÃe, und der Rest des Tages versprach nur noch heiÃer zu werden. Sie stellte die Klimaanlage auf die höchste Stufe.
Vor dem Frühstück hatte sie mit Liz, der Mutter von Lucy, gesprochen und Bescheid gesagt, dass sie Kira noch vor dem Mittagessen abholen werde. Als Kira hörte, dass ihre Mutter sich bereits auf den Weg machen wollte, um sie abzuholen, hatte sie gebettelt, länger dableiben zu dürfen, weil es so supertoll sei, mit ihrer Freundin den Tag zu verbringen, und die Köchin von Lucys Mutter so supergeile Schokoladenshakes mache.
»Gordie ist auch supergeil«, hatte sie nebenbei bemerkt.
Gordon war der Ãlteste der Mortimers. Ein hübscher Bengel. Himmel, dachte Jill, ging das heutzutage schon so früh los? Kira war doch erst zehn Jahre alt.
SchlieÃlich hatte sie ihrer Tochter versprochen, dass sie in der nächsten Woche zwei, vielleicht sogar drei Tage bei ihrer Freundin bleiben könne, vorausgesetzt, Lucys Eltern erlaubten das.
»Tun sie«, hatte Kira im Brustton der Ãberzeugung gerufen.
Jill beschloss, auf jeden Fall darauf zu bestehen, dass Kira von
Zak, ihrem Bodyguard begleitet wurde. Es sei denn, der Spuk mit Len Pienaar würde unvorhergesehen schnell vorbei sein. Nils hatte so etwas angedeutet. Zwar war er nicht sehr konkret geworden, aber er schien sich seiner Sache relativ sicher zu sein. Woher er diese Zuversicht nahm, war ihr allerdings schleierhaft. Bevor es nicht vorbei war, würde sie keine Ruhe finden.
AuÃer den GrüÃen, die ihr Anita von Usathane ausgerichtet hatte, hatte sie keinen Hinweis auf seine Anwesenheit bekommen. Weder hatte er sich gemeldet, noch war er von irgendjemand gesichtet worden. Nun waren sie rund um die Uhr von Bodyguards umgeben, und Nils hatte den Männern nachdrücklich klargemacht, worum es hier gehe. Die Männer hatten schweigend zugehört, und seitdem lief jedes Lebewesen, das im Umkreis ihrer Schützlinge ein unerwartetes Geräusch machte, Gefahr, sofort eliminiert zu werden.
Als kleines Zugeständnis ihrer Tochter gegenüber, erledigte sie zuerst ihre Einkäufe in Mtubatuba und einem nahe gelegenen Markt, ohne sich dabei übermäÃig zu beeilen, damit Kira noch etwas mehr Zeit mit ihrer Freundin verbringen konnte. Es war schon fast ein Uhr, und sie würde Liz wohl ins Mittagessen fallen. Aber das war in diesem Land kein Problem. Man rückte am Tisch ein wenig zusammen, ein weiterer Stuhl wurde gebracht, ein Teller und Besteck, und schon konnte der zusätzliche Gast Platz nehmen. Alle Köchinnen kochten ohnehin immer mehr als
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