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Jenseits von Timbuktu

Jenseits von Timbuktu

Titel: Jenseits von Timbuktu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gercke Stefanie
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was deren Anwesenheit hier zu bedeuten habe, wer sie hierhergebracht habe und vor allen Dingen, wozu, als sie Jills Stimme zu hören meinte.
    Â»Dem gehört die größte Bordellkette im Land.«
    Ihr Herzschlag geriet aus dem Takt. Menschenhandel? Grauenvolle Bilder von missbrauchten Kindern, die sie im Fernsehen oder Magazinen gesehen hatte, drehten sich als Schreckenskarussell vor ihren Augen, während die plötzliche Erkenntnis, was der fette Kerl mit diesen Mädchen wohl vorhatte, tropfenweise in ihr Bewusstsein sickerte. Entsetzt sprang ihr Blick von Kind zu Kind. Sie fand kleine Unterschiede in der Hautfarbe und der Gesichtsform, hätte aber nicht sagen können, ob die Kinder Einheimische waren oder aus anderen Ländern stammten.
    Doch dann fiel ihr ein Mädchen auf, das ausgefranste Jeans und ein verdrecktes T-Shirt mit aufgedrucktem Elefantenkopf trug. Eine Erinnerung regte sich, sie sah genauer hin, und nun erst erkannte sie Jabulile, Busis Tochter, so sehr hatte sich die Kleine verändert. Sie zitterte wie im Fieber, wirkte völlig verängstigt und war so dünn geworden, dass ihr die Jeans von den schmalen Hüften rutschten.

    Himmelherrgott! Busis verschwundene Tochter! Dieser Mistkerl hatte auch sie entführt. Um sie an ein Bordell zu verkaufen? Anita wurde von krampfartiger Übelkeit überfallen, graue Flecken schwammen durch ihr Blickfeld. Sie schwankte. Mit Daumen und Zeigefinger kniff sie sich fest in die Nasenwurzel, und langsam wurde ihre Sicht wieder klar. Gleichzeitig fiel ihr eine weitere Bemerkung von Jill ein.
    Â»Es wird laut gemunkelt, dass er illegal Frauen und Kinder aus dem Ausland ins Land bringt und zur Prostitution zwingt«, hatte sie gesagt und auf einen Mann mit Pferdeschwanz und Diamantohrring gezeigt, der in einem schwarzen Porsche vorbeigefahren war, auf dessen Kühler ein zähnefletschender Löwenkopf und das Logo »Lion’s Den« prangte.
    Löwengrube! Ihr Blick wurde unwiderstehlich von den großen goldfarbenen Raubkatzen angezogen, die jetzt ruhig hinter dem Gitter lagen, sie aber nicht eine Sekunde unbeobachtet ließen. Löwengrube?
    Sie wirbelte herum. »Was haben Sie mit den Kindern hier vor?«, schrie sie Pienaar an und schaute ihm geradewegs ins Gesicht. Er musste nicht merken, dass ihr noch immer vor Angst die Knie schlotterten.
    Die eng stehenden Augen richteten sich auf sie. Die feuchten roten Lippen spitzten sich wie zu einem Kussmund. »Meine Liebe, auf diese entzückenden Kinder warten liebende Adoptiveltern, die die armen Kleinen hier aus dem Dreck holen und ihnen ein menschenwürdiges Leben bieten«, sagte er salbungsvoll. »Ist das nicht wunderbar?«
    Anita rutschten die Worte wie stinkender Schlamm über die Haut. Sie stierte ihn an, und plötzlich explodierte etwas in ihr, grelle Lichtblitze zuckten vor ihren Augen, und eine heiße Zornesflamme schoss durch sie hindurch und fegte ihre Angst weg. Ohne auch nur den Bruchteil der Sekunde nachzudenken, holte sie mit ihrem rechten Fuß aus und trat Len Pienaar zwischen die
Beine. Genau wie sie es im Selbstverteidigungskurs gelernt hatte, auf den Frank bestanden hatte. Es war das erste Mal in ihrem Leben, dass sie einem Menschen gegenüber körperliche Gewalt anwendete.
    Ihr Fuß traf auf ekelhaft Weiches, aber das schmerzerfüllte Grunzen des Fleischbergs darauf war Musik in ihren Ohren. Vornübergebeugt stand er da, presste beide Hände zwischen die Beine und stieß ein halb ersticktes, harsches Stöhnen aus. Er hob den Kopf. Sein Gesicht war hochrot angelaufen, die eng stehenden Augen schossen eisgraue Blitze.
    Sie wollte gerade noch einmal zutreten, da traf sie ein furchtbarer Schlag hinter dem rechten Ohr, und alles Licht erlosch.

16
    J ill nahm die Kurve etwas zu schnell. Die Hinterreifen rutschten auf der Schotterstraße weg, und sie hatte mit dem Steuerrad zu kämpfen, um den schweren Wagen wieder unter Kontrolle zu bringen. »Sorry«, sagte sie zu dem schweigsamen, baumlangen Schwarzen auf dem Beifahrersitz.
    Â»Kein Problem« war die lapidare Antwort.
    Jill sah ihn von der Seite an. Er hieß Wilson, sprach vorzügliches Englisch, hatte eisenharte Muskeln und war ganz in Schwarz gekleidet. Schwarzes Hemd, schwarze Jeans, schwarze Sonnenbrille. Und die Waffe, die er sonst hinten im Hosenbund unter seinem locker herunterhängenden Hemd versteckt trug, ragte jetzt griffbereit aus dem

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