Jenseits von Timbuktu
benötigt wurde, hauptsächlich, um etwas für sich abzweigen zu können.
Vor ihr lag eine Haarnadelkurve, und sie schaltete in den ersten Gang, bis der Wagen im Schritttempo über die Bodenwellen rumpelte. Nicht lange danach sah sie das Tor der Mortimers, das in eine mit einem fünffachen Hochspannungsdraht versehene Mauer eingelassen war, durch das staubige Grünzeug schimmern. Sie hielt davor und hupte zweimal. Das Tor lief auf Rollen zur Seite und gab ihr den Weg aufs Grundstück frei. Kaum hatte
sie gehalten, sprang Wilson hinaus, schaute sich gründlich um, ehe er ihr dann die Wagentür öffnete. Jill erschien die Aktion vollkommen übetrieben.
Liz Mortimer kam ihnen bereits entgegen. Sie war eine groÃe Frau mit ausdrucksvollen dunkelbraunen Augen und einem anziehenden Lächeln. Ihre Haut war von der afrikanischen Sonne lederbraun gebrannt und vorzeitig von unzähligen feinen Fältchen zerknittert, das hellbraune gelockte Haar von den ersten silbernen Strähnen durchzogen. »Jill, schön, dich zu sehen. Komm rein. Kira, Lucy und Gordie sind hinten in den Ananasfeldern.«
»Oje, bei Ananas kann Kira sich nicht beherrschen. Selbst Bauchweh hält sie nicht davon ab, sich vollzustopfen, obwohl sie hinterher garantiert Durchfall bekommt.« Sie fischte ihre Tasche vom Rücksitz und hängte sie sich über. »Man sollte glauben, dass sie das irgendwann lernt ⦠aber nein, es ist jedes Mal das Gleiche.«
»Ananas sind ungeheuer gesund, ein bisschen Durchfall schadet nichts«, bemerkte Lucys Mutter trocken.
»Aber das Gejammer hinterher geht mir auf die Nerven.« Jill lachte und musterte ihre Freundin. »Das Kleid steht dir.«
Liz strich über das kniekurze Hängerkleid, das sie über dreiviertellangen, engen Hosen trug und grinste. »Schummelt einige Kilos weg.«
»Hast du den Kindern eine Zeit vorgegeben, wann sie wieder am Haus sein müssen?« Jill lieà ihre Schlüssel um den Zeigefinger wirbeln. Es wirkte nervös.
Lucys Mutter zog ein betretenes Gesicht. »Meine Güte, das habe ich vergessen. Hätte ich das machen sollten? Allerdings wusste ich auch nicht genau, wann du kommen würdest.«
Jill steckte den Schlüssel ein. »Na ja, ist nicht so schlimm. Wir haben noch Zeit.«
Trotzdem wäre es ihr lieber gewesen, wenn Kira hier am Haus
auf sie gewartet hätte. Den ganzen Tag schon lieà eine innere Anspannung ihre Nerven vibrieren. Es fiel ihr zunehmend schwerer, zumindest äuÃerlich ruhig zu bleiben. Sobald sie Kira wieder bei sich hatte, würde sich die Unruhe wohl schlagartig legen, hoffte sie, und zwang sich, ein unverbindlich freundliches Gesicht zu machen.
»Ich habe dir übrigens etwas mitgebracht.« Sie ging ums Auto herum und wollte den offenen Karton mit Pflanzenablegern vom Rücksitz wuchten, aber Wilson war schneller.
»Lassen Sie mich das machen«, sagte er. Er nahm den schweren Karton mit einer Hand und richtete sich mit einer geschmeidigen Bewegung zu seiner vollen GröÃe auf.
Liz, die Wilson offenbar vorher nicht wahrgenommen hatte, lieà ihren Blick verblüfft zuerst an Wilsons imponierender Erscheinung hochgleiten und dann wieder zurück zu Jill. »Wen haben wir denn da?«, sagte sie mit einem Anflug von scherzhaftem Spott. »Ist das der neue Mann in deinem Leben?«
Jill nahm ihrem Leibwächter den Karton ab. »Ach, tut mir leid, Liz, ich habe dir Wilson ja noch nicht vorgestellt.« Mit dem Kinn wies sie auf ihn. »Wilson ist ⦠ein Freund von uns, den ich ⦠überraschend unterwegs abholen musste. Ich hoffe, du hast nichts dagegen, wenn er mit hineinkommt. Sonst verbanne ich ihn ins Auto â¦Â« Mühsam zog sie ihren Mund zu etwas Ãhnlichem wie einem Lächeln in die Breite.
»Soweit kommt es. Als Nächstes stellst du ihn in der Diele ab wie einen Regenschirm.« Liz Mortimer lachte und machte eine einladende Handbewegung. »Nett, Sie kennenzulernen, Wilson. Sind Sie von hier?«
»Vom Kap«, sagte Wilson, nahm seine Sonnenbrille ab und verbeugte sich leicht.
Jill musterte ihn überrascht. Von einem Bodyguard hatte sein Benehmen wirklich nichts. Auch seine Waffe war plötzlich nicht mehr sichtbar, worüber sie sehr froh war, denn so musste sie keine
umständlichen Erklärungen erfinden. Erleichtert hielt sie ihrer Freundin den Karton hin. »Ich habe dir Ableger vom
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