Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jenseits von Timbuktu

Jenseits von Timbuktu

Titel: Jenseits von Timbuktu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gercke Stefanie
Vom Netzwerk:
unser … nördlicher Nachbar. Eines … seiner Rinder ist ausgerissen.«
    Â»Ach nein, und er fragt sicher, ob deine Löwen es gefressen haben, oder?«, bemerkte Jill sarkastisch, während sie schon die Kurzwahl für Nils in ihr Handy tippte. Er meldete sich sofort. »Len Pienaar hat eben angerufen«, berichtete sie, wobei sie Maurice nicht aus den Augen ließ, um sich keine seiner Reaktionen entgehen zu lassen. »Ich glaube nicht, dass Kira noch auf der Farm ist. Dazu ist Maurice plötzlich viel zu entspannt. Honey, ich …« Ihr wurde unvermittelt die Kehle rau, und sie brach ab.
    Â»Bleib ruhig, Liebling. Wir finden sie, und wenn ich es aus Maurice herausprügeln muss. Und glaub mir, das werde ich! Wir sind jetzt dort, wo das Gebiet der Löwen an den Hof grenzt, und durchsuchen das Gebäude. Philani hat Spuren gefunden, die mich stutzig machen. Etwas stimmt da nicht. Ich rufe dich sofort an, sollten wir tatsächlich etwas entdecken.«
    Jill legte auf und schaute Cordelia unverwandt an. Die benahm sich wie eine Löwenmutter, die ihr Junges gegen Angreifer verteidigte. Nur dass ihr Junges schon fast vierzig Jahre alt war. Seltsames Verhalten, dachte sie. Und völlig untypisch für Cordelia. Sie musterte ihre Nachbarin, von der sie geglaubt hatte, sie einigermaßen gut zu kennen. Offensichtlich hatte sie sich geirrt. Sie konnte sich auf Cordelias momentanes Verhalten überhaupt keinen Reim machen. Vielleicht kannte sie Maurice’
Mutter einfach nicht gut genug. Vielleicht hatte sie nur immer die nette Oberfläche wahrgenommen, nur das, was sie hatte sehen sollen.
    Â 
    Im Lieferwagen war die Luft heiß und stickig, der feuchte Boden stank beißend nach Urin. Vermutlich hatten sich die Kinder vor Angst nass gemacht, fuhr es Anita durch den Kopf. Sonst hatte sie während der Fahrt, die ausschließlich über immer schlechter werdende Schotterstraßen zu führen schien, genug damit zu tun, auf irgendeine Weise Halt zu finden, als sich über die Luft und Urinlachen im Auto Gedanken zu machen. Ständig wurde sie herumgeworfen, knallte gegen die metallene Seitenwand oder wurde von einem Kinderkörper getroffen. Die Kinder schrien fast unaufhörlich, vor Schmerzen und vor Angst vermutlich. Sicherlich.
    Sie überlegte, ob der Krach von draußen zu hören war, und ob sie vielleicht auch schreien sollte, um die Aufmerksamkeit eines Passanten zu erregen, unterließ es aber. Soweit sie Zululand kennengelernt hatte, würde außer dösigen Kühen und bockigen Ziegen kaum ein lebendes Wesen in der Hitze herumlaufen. Doch dann belebte sie der Gedanke, dass sie vielleicht auf Sammeltaxis treffen könnten. Wenn sie mit den Kindern zusammen schreien würde, müssten sie doch wenigstens von einigen Passagieren bemerkt werden.
    Sie wollte auf die Uhr sehen und stellte dabei fest, dass auch die verschwunden war. Ein scharfer Schmerz durchfuhr sie. Frank hatte sie ihr zum Jahrestag ihres Kennenlerntages geschenkt. Mit Mühe schluckte sie den hochschießenden Wutanfall herunter. Das war in ihrer Lage nur Kräfteverschwendung. Jetzt galt es, aus diesem Gefängnis zu entkommen.
    Verbissen versuchte sie, in Gedanken einen Zeitplan des Tagesablaufs aufzustellen, was ihr aber nicht gelang, weil sie nicht abschätzen konnte, wie lange sie bewusstlos gewesen war. Jedoch
fiel ihr ein, dass die Sonne bereits relativ schräg gestanden hatte, als man sie aus der Abfallgrube gezogen hatte. Zwar war es auf dem Hof noch immer drückend heiß gewesen, aber trotzdem musste es schon nachmittags sein. Fünfzehn Uhr, vielleicht aber auch schon später. Auf jeden Fall würde auf den Straßen Zululands bald reger Verkehr herrschen. Sie lauschte angestrengt, aber zu ihrer Enttäuschung drang kein Geräusch von außen herein. Das Motorengeräusch übertönte alles. Entmutigt legte sie sich halb zurück und stützte sich dabei auf den Ellenbogen ab.
    Â»Anita?« Kiras raues Stimmchen.
    Â»Hier bin ich«, antwortete sie, und kurz darauf spürte sie Kiras warmen Körper in ihrer Armbeuge. Sie setzte sich auf, legte ihren Kopf auf das weiche Haar und hielt die Kleine fest umschlungen.
    Nach einiger Zeit stoppte der Lieferwagen plötzlich und so abrupt, dass alle Insassen nach vorn geschleudert wurden. Die Kinder schrien und weinten durcheinander, verstummten auch nicht, als die Tür aufgezogen wurde.

Weitere Kostenlose Bücher