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Jenseits von Timbuktu

Jenseits von Timbuktu

Titel: Jenseits von Timbuktu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gercke Stefanie
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Rinne zu kratzen, um das Wasser abfließen zu lassen. Aber natürlich war der Boden zu hart. Sie sah zu, wie die die Vertiefung aufgefüllt wurde, überlief und in den Ritzen des aufgebrochenen Betons versickerte. Innerhalb von Minuten war es praktisch dunkel geworden. Unbehaglich suchte sie sich einen Platz an der Wand und bereitete sich darauf vor, die ganze Nacht
allein hier draußen ausharren zu müssen. Doch es dauerte nicht sehr lange, und leises Motorengeräusch näherte sich. Es erstarb, dann wurde die Heckklappe eines großen Wagens geöffnet, ein starkes Licht wurde eingeschaltet. Durch das Sackgewebe vor dem Fenster gefiltert, erhellte es gedämpft den Raum. Sie stand auf und schob den Sack ein Stück zur Seite.
    Im Schein einer starken Lampe tanzte der Schatten von Pienaars massiger Gestalt im strömenden Regen über die Hofmauer. Seine grobe Stimme war zu hören, dann ein gellender Pfiff. »Jacob, Zungu, holt den Kudu aus dem Wagen.«
    Ein Schurren und Ächzen war zu vernehmen, das Stöhnen eines der Männer, und dann schlug etwas Schweres mit sattem Klatschen auf den Boden. Mit einem Zeigefinger weitete Anita den Spalt zwischen Sackvorhang und Leiste, bis sie den gesamten umzäunten Bereich im Blick hatte. Grelles Licht floss über den Hof, das tiefschwarze Schlagschatten warf und die Szene, die sich ihr bot, wie aus einem Horrorfilm erscheinen ließ.
    Der Kadaver einer riesigen Antilope lag in einer Blutlache auf dem Betonboden. Sogleich machten sich die beiden Zulus daran, das Tier mit großen Hackmessern zu zerlegen. Die tropfenden Fleischstücke wurden in eine Zinkwanne geworfen. Im Regen vergrößerte sich die Lache schnell und wurde zu einem rot glänzenden See. Klebriger Blutgeruch wehte zu Anita herüber und bescherte ihr einen Übelkeitsanfall, dass sie sich um ein Haar geräuschvoll übergeben und damit verraten hätte. Mühsam schluckte sie die gallige Säure wieder herunter.
    Pienaar stand etwas abseits und trank in langen Zügen aus einer Flasche. Einer Wodkaflasche, soweit Anita das erkennen konnte, und die Flasche war halb leer. Sie hoffte nur, dass die andere Hälfte nicht schon ihren Weg in Pienaars Magen gefunden hatte. Er schwankte nicht, also war er offenbar nicht betrunken. Noch nicht. Den Gedanken daran, dass er ein Alkoholiker sein
könnte, der Unmengen vertrug, ehe er umfiel, schob sie energisch von sich.
    Zungu, über dessen bloßem Oberkörper der Regen in Bächen floss, setzte dem Kadaver seinen Fuß auf den Hals und hackte und säbelte an einem der mächtigen Korkenzieherhörner herum, dort wo es aus dem Kopf herauswuchs, bis er die Wurzel freigelegt hatte. Mit einem gewaltigen Hieb durchtrennte er den Knochen, packte das Horn mit beiden Händen und ruckte und zog mit aller Kraft daran, bis es mit einem schmatzenden Krachen aus dem Schädel brach. Er warf es zur Seite und machte sich sofort daran, auch das zweite Horn herauszuschneiden.
    Â»Schafft die Hörner weg«, rief Pienaar den beiden Schwarzen mit schwerer Zunge zu. »Die müssen hier nicht unbedingt gefunden werden.« Er setzte die Wodkaflasche wieder an und tat einen langen Zug. Der Pegel in der Flasche sank schnell.
    Â»Woher stammt das Vieh eigentlich?«, fragte er. »Inqaba?« Als Jacob nickte, grinste er tückisch. »Na prima. So soll’s sein. Jill hat mehr als genug davon. Wird Zeit, dass sie ihren Reichtum mit uns teilt, oder? Sie schuldet mir was, die so wunderschöne Jill Rogge. Ein paar Jahre meines Lebens … Das kann sie gar nicht alles abzahlen.« Die Wodkaflasche kam wieder zum Einsatz.
    Anita lief es kalt über den Rücken. Er musste Jill abgrundtief hassen. Was das für Kira hieß, war zu schrecklich, als dass sie darüber nachdenken wollte. Mit Macht zwang sie ihre Aufmerksamkeit auf das Geschehen im Hof.
    Angelockt vom Blutgeruch hatte sich ein ganzes Rudel Löwen vor dem Zaun versammelt. Im gleißenden Scheinwerferlicht glühten ihre Augen gespenstisch. Anita zählte fünfzehn Tiere. Vier davon schienen reinweiß zu sein, und anscheinend waren sie nicht so aggressiv wie ihre lohfarbenen Verwandten. Die Großkatzen liefen ruhelos am Zaun hin und her und stritten sich knurrend und tatzenschlagend um die vorderen Plätze. Ab
und zu gerieten zwei Tiere jaulend aneinander, Krallen wurden ausgefahren, Blut floss. Die jüngeren Tiere hielten sich im

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