Jenseits von Timbuktu
Miezekätzchen, die an der Leine laufen?«
Vor Jills innerem Auge tauchte der prachtvolle Mähnenlöwe auf, der das Inqaba -Rudel anführte. »Nein, Miezekätzchen sind es nicht unbedingt. Aber sie nähern sich ungern menschlichen Behausungen. Das passiert äuÃerst selten.«
»Aber das heiÃt, dass es doch passiert! Wenn sie also Lust dazu verspüren, könnten Löwen, Elefanten und was sonst noch hier durch den Busch streicht, sich einfach auf meiner Terrasse niederlassen?«
»Im Prinzip schon«, antwortete Jill und erschlug eine Mücke, die sich gerade daranmachte, sie in den Handrücken zu stechen.
»Aber das ist wirklich noch nie vorgekommen. Du musst dir keine Sorgen machen.« Sie kreuzte beschwörend die Finger hinter dem Rücken und betete, dass Anita nie erfahren würde, dass vor einigen Jahren am Swimmingpool eine Frau von einer Löwin gerissen worden war. Sie hatte lange gebraucht, um jenen Anblick in die hinterste Ecke ihres Gedächtnisses zu verbannen. Vergessen konnte sie ihn natürlich nicht. Fast hätte sie aufgelacht. Diese Ecke quoll langsam über. »Moskitos sind viel gefährlicher als Raubkatzen. Hast du etwas zur Prophylaxe dabei?«
Aus den Augenwinkeln beobachtete sie Anita und hoffte dabei, dass die Ablenkung Erfolg haben würde. Die Diskussion über gefräÃige Löwen, die sich über ahnungslose Gäste auf deren Veranda hermachten, musste sie fast jeden Tag führen, und manchmal überkam sie der Impuls, den Gästen klarzumachen, dass sie sich hier in Afrika befanden, mitten unter wilden Tieren, und ja, die könnten sich auf der Terrasse niederlassen. Es war zwar eher unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich. Für diesen Nervenkitzel bezahlten sie doch, und nicht gerade wenig. Natürlich sagte sie das nie laut. Die Gäste waren meist verweichlichte Geschöpfe aus Europa, wo das wildeste Tier der Mensch war. Man musste behutsam mit ihnen umgehen, denn ohne sie fehlte Inqaba und allen, die davon ernährt wurden, die Lebensgrundlage.
»Ja, hab ich«, antwortete Anita. Misstrauisch schaute sie immer noch hinüber zum dichten Busch, der den Parkplatz einrahmte und jetzt bei Nacht wie eine unheimliche schwarze Mauer erschien.
»Keine Angst«, sagte Nils und verzog dabei keine Miene, »da lauert kein Löwe  â der hätte uns längst gefressen.« Er grinste frech.
Für eine Sekunde fixierte Anita ihn irritiert, dann richtete sie den Blick an ihm vorbei in die tiefen Blätterschatten, als hätte sie plötzlich etwas entdeckt. »Und der da? Kann ich mich darauf verlassen, dass der schon satt ist?«
Nilsâ Grinsen fiel ihm schlagartig herunter. Er fuhr herum, starrte nervös in den Busch, aber da war nichts als Schwärze, und als alle losprusteten, merkte auch er, dass er hereingelegt worden war.
Anita lächelte ihn süà an.
Jill schüttelte sich vor unterdrücktem Lachen. »Geschieht dir ganz recht, mein Lieber«, murmelte sie entzückt.
Unter den überhängenden Zweigen erschienen Ziko und Africa. Beide trugen ihr Gewehr geschultert. Ein kleines Mädchen mit Augen wie schwarze Kirschen, barfuÃ, in zerfransten Jeans und einem T-Shirt mit dem Aufdruck eines Elefantenkopfes mit aufgestellten Ohren hüpfte neben Ziko her.
»Sawubona und willkommen auf Inqaba «, rief er, wie Jill ihm das beigebracht hatte, und grinste dabei sein breites, afrikanisches Grinsen. Die Kleine zupfte an seiner Uniform, und er schüttelte den Kopf, flüsterte ihr etwas auf Zulu zu. Mit hängendem Kopf rannte das Mädchen über die Terrasse davon.
»Die ist ja niedlich«, murmelte Anita. »Was für wunderschöne Augen.«
»Meine Tochter Jabulile«, erklärte der Ranger verlegen. »Sie rennt mir nach wie ein Hündchen. Dabei soll sie bei den Hütten bleiben. Sorry, Maâam.«
Jills Miene wurde weich. »Mach dir keine Sorgen. Jabulile ist hier immer willkommen, solange sie die Gäste nicht stört.« GeschäftsmäÃig blickte sie anschlieÃend in die Runde. »Das ist Ziko, einer der besten Ranger und Scouts, den wir haben. Er kann bei Nacht eine Ameise auf einem Baum erspähen. Absolut phänomenal.« Sie wies auf den anderen Ranger. »Und das ist Africa. Er ist neu bei uns, aber er ist jetzt schon ein guter Ranger. Wir sind sehr froh, ihn zu unserem Team zählen zu
Weitere Kostenlose Bücher