Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jenseits von Timbuktu

Jenseits von Timbuktu

Titel: Jenseits von Timbuktu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gercke Stefanie
Vom Netzwerk:
wehgetan?«
    Â»Ach wo, nur einen Schrecken bekommen.« Sie ließ das Fenster hinunter und betrachtete verzückt eine Herde hölzerner Warzenschweine, die eine Marktfrau aufgebaut hatte. »Können wir hier anhalten? Ich möchte mir die Schnitzereien ansehen.«
    Dirk tat es, und sie öffnete die Tür. Der Luftschwall, der sie von draußen traf, schien direkt aus dem Hochofen zu kommen.
    Aber Jill schüttelte entschieden den Kopf. »Nein, lieber nicht. Nimm die nächste Straße rechts, Dirk, und fahr zügig.«
    Dirk stutzte. »Was heißt das? Ist es hier gefährlich?«
    Jill ließ ihre Augen kurz über den Marktplatz schweifen. Eine
Gruppe junger Burschen lungerte rauchend auf einer aus Holzplanken krude gezimmerten Bank. Sie sahen wie auf Kommando hoch, als sie den Geländewagen bemerkten. Die fünf Männer, die mit lebhaften Gesten und lauten Kommentaren Würfel gespielt hatten, verstummten und richteten sich auf. Fast alle, die sich auf dem Markt befanden, beäugten das teure Gefährt und seine Insassen mit größtem Interesse.
    Jill hob ihre Schultern. »Sicher ist sicher«, sagte sie mit einer Mischung aus Resignation und Trauer in der Stimme. »Hier herrscht zwischen sechzig und siebzig Prozent Arbeitslosigkeit …«
    Wortlos zog Dirk die Tür wieder zu, bog ab und trat aufs Gas. Kinder, Ziegen und Hühner stoben zur Seite, und bald hatten sie KwaDuma unbehelligt hinter sich gelassen.
    Jill atmete hörbar auf. »Da vorne geht es wieder rechts ab. Wir sind dann bald da.«
    Die Straße stellte sich als eine von Löchern durchzogene schmale Schotterstraße heraus. Auch hier trieben Kinder mit langen Stöcken und lauten Rufen Kühe und Ziegen am Weg entlang. Immer wieder geriet eines der Tiere auf die Fahrbahn, blieb stehen und starrte ihnen dumpf entgegen, ehe ihm sein Hirte eins mit dem Stock überzog und es sich schleunigst trollte. Dirk war einsilbig geworden, die Verhältnisse auf der Straße forderten seine gesamte Aufmerksamkeit, und Anita hing ihren eigenen Gedanken nach.
    Nach einer knappen Viertelstunde setzte sich Jill auf. »Dort hinten ist die Farm von Maurice. Kannst du das Haus sehen, Dirk? Unter dem Tulpenbaum, dem mit den becherartigen roten Blüten.«
    Anita reckte den Hals. Der Tulpenbaum warf einen tiefen Schatten, und alles, was sie erkennen konnte, war ein dunkles Dach. Erst als sie langsam die breite Einfahrt hinauffuhren, die rechts und links von Dattelpalmen mit dicken Stämmen und
orangefarbenen Fruchtständen flankiert wurde, konnte sie das Haus überblicken.
    Es war einstöckig und in einer weiten U-Form gebaut. Das tiefe Schieferdach hielt die Sonne von der Veranda ab, die sich über die Länge des Hauses zog. Um die Pfosten, die das Verandadach stützten, wanden sich leuchtend rosa Bougainvilleen, und die feurig orange gefärbten Blütentrauben einer üppigen Kletterpflanze schoben sich über die grauen Schindeln. Eine schwarze Katze stolzierte in der orangeroten Pracht umher. Auf der weiten, gewellten Rasenfläche stand eine mächtige Würgefeige, unter der fliederfarbene Schmucklilien wucherten. Bäume mit herzförmigen Blättern, mit kleinen, glänzend dunkelgrünen Blättern, Bäume mit fedriger grüner Krone, in der hier und da Blüten wie kostbare rote Orchideen aufblitzten, warfen filigrane Muster auf den kurz gehaltenen Rasen, zart wie ein Spitzendeckchen. Ein uralter Baum, zwischen dessen dunkelgrünem Laub goldrote Früchte leuchteten, behütete die Zufahrt.
    Â»Ein Mangobaum«, bemerkte Jill.
    Â»Meine Güte, ist das hübsch … diese Farben«, rief Anita. »Ist das Maurice’ Verdienst?«
    Jill lachte. »Ach nein, ich bezweifle, dass Maurice eine Blume von Unkraut unterscheiden kann. Seine Mutter ist die Gartenkünstlerin. Sie lebt ebenfalls hier. Lia Maxwell.«
    Dirk parkte in der Einfahrt kurz vor dem Haus. Anita sprang hinaus und lief die gepflasterte Auffahrt hinauf. Eine breite, vierstufige Treppe führte über die Veranda zur Eingangstür, vor der ein schweres Gitter gezogen war. Auch die Fenster waren vergittert, wie bei den meisten Häusern, die sie bisher gesehen hatte. Maurice’ Grundstück war wenigstens nicht von einer Mauer mit einer Krone aus Stacheldraht und elektrischem Draht umgeben.
    Eine Klingel war nicht vorhanden, also klopfte sie. Niemand antwortete.

Weitere Kostenlose Bücher