Jenseits von Timbuktu
die verschmierten Scheiben anstarrten.
»Wir müssen uns beeilen«, sagte sie. Ihre Besorgnis war unüberhörbar. »Es gibt keinen anderen Weg als den durch KwaDuma als den, den wir auf der Herfahrt genommen haben, und den fahre ich wie gesagt nur ungern zu dieser Zeit.«
Warum, wurde schnell klar. Ein steter Strom von Menschen ergoss sich aus den Taxis und wanderte in Dreierreihen die StraÃe entlang. Für das Auto trat keiner zur Seite. Es war unmöglich, hier schnell zu fahren, und sie krochen mit weniger als zwanzig Stundenkilometern dahin. Sofort erregte das teure Auto wieder neugieriges Interesse. Schulkinder winkten, StraÃenhändlerinnen, die ihre Ware in groÃen Körben auf dem Kopf balancierten, drängten sich heran und streckten ihnen ihre Ware  â meist Ananas oder Avocados, manchmal auch eine ganze Bananenstaude oder Schnitzereien  â entgegen.
Anita lieà spontan ihr Fenster herunter, winkte eine der Frauen heran und bedeutete ihr, dass sie eine Ananas kaufen wolle.
Im Nu drängte sich eine Menschentraube um den Wagen und nötigte Dirk zum Anhalten. Er griff automatisch zu seinem Camcorder, stellte ihn aufs Armaturenbrett und drückte den Auslöser. Seine eingerostete Reporterseele war zum Leben erwacht, und er genoss es. Keine zickigen Schauspieler, kein Regisseur, der herumschrie, kein betrunkener Assistent. Keine endlosen Wiederholungen.
Gesichter pressten sich an die Fenster, Kinder hüpften hoch, um ins Autoinnere zu spähen, mehrere Händlerinnen kletterten auf das Trittbrett, klopften an die Scheiben und gestikulierten. Der Wagen schwankte. Jill nahm ihr Pfefferspray aus der Tasche. Sie berührte Dirk an der Schulter.
»Dirk, fahr einfach weiter, die gehen dir schon aus dem Weg. Mir gefällt diese Situation nicht.«
Kaum hatte sie das gesagt, da drängten sich ein paar junge Männer zum Auto durch und schlugen auf die Kühlerhaube, als wäre sie eine Trommel. »Hey, beautiful white lady, fuck me!«, brüllte einer auf Englisch, wobei er breit grinsend sein lückenhaftes Gebiss zeigte.
»Verdammt!«, flüsterte Jill. »Mach das Fenster zu, Anita. Schnell!«
Anita zog hastig den Kopf zurück und lieà das Fenster schleunigst hochsurren. Dem Mann gelang es noch, eine Hand in den Wagen zu strecken und ihr ins Haar zu greifen, bevor sein Handgelenk eingeklemmt wurde.
»Hilfe, was soll ich tun?«, schrie Anita und wich vor der grapschenden Hand zurück.
Jill lehnte sich blitzschnell vor und drückte kurz den Fensterheber. Das Fenster fuhr ein Stück herunter. »Nimm deine Hand weg, oder du kriegst eine Ladung Pfeffer in die Augen«, fauchte sie und richtete ihr Pfefferspray auf den Angreifer.
»Umqwayizi!«, brüllte der Kerl, zerrte die Hand aus dem Spalt. Dann griff er sich mit einer eindeutigen Geste zwischen die Beine und stieà ein paar stakkatoschnelle Sätze auf Zulu hervor.
»Was ⦠was hat er gesagt?« Anitas Stimme kletterte die Tonleiter hoch.
»Nichts Nettes«, antwortete Jill kurz. »Dirk, tritt aufs Gas. Wir sollten hier weg.«
Dirk lieà als Warnung den Motor aufheulen. Der schwere Wagen machte einen Satz vorwärts, worauf der Camcorder vom Armaturenbrett rutschte und Anita in den Schoà fiel. Die Faustschläge der aufgebrachten Männer auf die Kühlerhaube und gegen die Türen dröhnten im Inneren wie Paukenschläge. Anita hielt sich den schmerzenden Kopf. Endlich blieben ihre Verfolger zurück, und vor ihnen lag die freie StraÃe. Nur ein paar Ziegen rupften am StraÃenrand Gras aus, und mitten im endlosen Grasmeer schwebten riesige Astbündel vorbei. Die zwei Frauen, die das Brennholz hoch aufgestapelt auf dem Kopf trugen, wurden von den Halmen gänzlich verdeckt.
Dirk schaltete in den dritten Gang hoch. »Das war unschön«, sagte er lakonisch. Während des gesamten Vorfalls hatte er kaum ein Wort gesagt und stattdessen die Menge angespannt im Auge behalten. Im Rückspiegel traf er Jills Blick. »Jill, müssen wir wirklich wieder durch Kwa⦠Wie hieà der Ort doch gleich?«
Jill legte ihr Pfefferspray griffbereit neben sich. »KwaDuma  â ja, leider. Es gibt keine andere StraÃe. Aber vielleicht haben wir Glück, und die Rushhour ist dann vorbei. Es war einfach Pech, dass wir zu dieser Zeit dort durchgefahren sind.«
Anita war trotz der durch die
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