Jenseits von Uedem
ich fange am besten von vorne an. Auf diesen Disketten hier hat te Laak seine abgeschlossenen Fälle gespeichert, sehr ordentlich mit Rechnungsdatum und Zahlungseingang. Es sind neunundzwanzig; der erste wurde im März '87 abgeschlossen, der letzte vor vier Monaten. Auf der Festplatte befinden sich nur drei Fälle, vermutlich diejenigen, an denen er gerade gearbeitet hat.
Der Auftrag für den ersten noch nicht abgeschlossenen Fall wurde am 30.12.91 erteilt; Auftraggeber ist der Pferdezüchter Jakob Heuvelmann. Die Sache ist uns bekannt. Es geht um die abgeschlachteten Pferde.«
Alle nickten. Anfang Dezember war jemand in Heuvelmanns Pferdestall eingedrungen und hatte einen seiner Zuchthengste brutal abgestochen. Die Ermittlungen der Kripo waren im Sande verlaufen.
»Heuvelmann hat offenbar sein Vertrauen in die Polizei verloren«, meinte Astrid, »denn die Tötung eines weiteren Pferdes am 29.12.91 hat er nicht mehr angezeigt. Statt dessen beauftragte er te Laak. Ich habe seine Aufzeichnungen ausgedruckt. Seine Arbeit hat sich bisher wohl auf die nächtliche Observation der Ställe beschränkt. Es gibt da auch noch eine Liste mit der Überschrift >Verdächtige Personenc, die zwölf Namen und Adressen umfaßt, aber nicht weiter kommentiert ist.«
Sie legte einen zusammengehefteten Stapel Blätter auf Heinrichs Schreibtisch. »Ich habe immer gleich drei Kopien gemacht. Kriege ich noch einen Schluck Asti?«
Van Appeldorn schob ihr wortlos die Flasche rüber. Astrid goß ihren Becher halbvoll und ging zum PC zurück.
»Fall Nummer zwei läuft bei te Laak unter der Überschrift >Industriespionage<. Der Auftrag ist vom 15.10.91; Auftraggeber: Dr. Veronika Krug. Sie hat ein kleines Unternehmen, das medizinische Geräte entwickelt.«
»In Kleve?« fragte Toppe.
»Ja, unten im Industriegebiet. Der Betrieb heißt Vecru.«
»Komisch, hab' ich noch nie gehört.«
»Ich auch nicht. Sie hat sechs Mitarbeiter, ausnahmslos junge Leute, die meisten Physiker. Frau Krug hatte wohl den Verdacht, daß einer von ihren Leuten Konstruktionspläne an Konkurrenzunternehmen weitergeleitet hat. Te Laak hat jedenfalls die einzelnen Mitarbeiter überprüft. Wie es scheint, ohne Erfolg, denn am 1.3. sollte er als Hausmeister in den Betrieb eingeschleust werden.«
Der Papierstapel, den Astrid van Appeldorn überreichte, war ein ganzes Stück dicker als der erste.
»Und schließlich der drifte Fall: Auftraggeber ist ein Werner Braun; Bibliothekar, erwerbslos. Der Auftrag lautet: >Überprüfung des Verkaufs des elterlichen Hauses durch den Bruder des Auftraggebers, Georg Braun, Apotheker< und wurde am 2.1.92 erteilt. Te Laaks Aufzeichnungen sind spärlich. Ein paar Einzelheiten verschiedener Verträge sind vermerkt. Die Brüder haben das elterliche Haus, Hafenstraße 9, am 28.1.91 zu gleichen Teilen geerbt; der Schätzwert betrug DM 150.000. Zwei Monate später wird ein Vertrag geschlossen: Georg Braun übernimmt das Haus, zahlt seinen Bruder mit DM 75.000 aus und räumt ihm, sollte das Haus verkauft werden, ein Vorkaufsrecht ein. Dann gibt es da noch einen Mietvertrag vom 1.6.91.: Georg Braun vermietet an seinen Bruder die Geschäftsräume im Erdgeschoß des Hauses Hafenstraße 9, zwecks Einrichtung eines Antiquariats, zu einem Mietzins von DM 650 zuzüglich Nebenkosten. Und schließlich ist da noch ein Vorvertrag zwischen Georg Braun und einem gewissen Matthias Schleier aus Essen, der das Haus für DM 500.000 kaufen will.«
»Mann, das ist aber eine Wertsteigerung!« staunte Heinrichs.
»Fragen Sie mich nicht, wie so etwas funktioniert. Ich finde das alles sehr verwirrend. Die einzigen Aufzeichnungen von te Laak beziehen sich auf die Observation der Sternapotheke, Inhaber Georg Braun, am 15.1., 22.1., 29.1. und 5.2. - das war jeweils ein Mittwoch - immer von 19 bis 20.30 Uhr. Er beschreibt mehrere unbekannte Personen, die in der Zeit die Apotheke durch den Seiteneingang betreten haben und gibt an, wie lange sie drin geblieben sind.«
Sie nahm den letzten Packen Unterlagen und drückte ihn Toppe in die Hand. »Mehr habe ich leider nicht.«
»Na, mir reicht das völlig«, knurrte van Appeldorn und demonstrierte Müdigkeit: die dünnen Beine ausgestreckt, die Hände im Nacken verschränkt, kippelte er auf der Stuhlkante.
»War das vorhin eigentlich die Ausbeute eines gesamten Arbeitstages, Walter?«
»Vom Ergebnis her beinahe«, antwortete Heinrichs gutmütig. »Ich könnte euch jetzt alles mögliche über te Laaks Persönlichkeit
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