Jenseits von Uedem
seinen Bericht eigentlich schon runtergegeben?« fragte er.
»Nein«, antwortete Heinrichs. »Haben die denn überhaupt am Wochenende gearbeitet?«
»Van Gemmern schon.« Toppe wählte die Nummer vom Labor und hatte Berns in der Leitung.
»Bericht? Was für ein Bericht?« bellte der.
Toppe erklärte es ihm.
»Ich glaub', ich spinne! Noch nie was von Freizeit gehört?« - »Waas?« brüllte er dann so laut, daß es in Toppes Ohr klingelte. Leises Gemurmel - Berns hatte die Hand auf die Muschel gelegt.
»Also«, brummte er dann, »mein werter Kollege hat mal wieder den Eifrigen gespielt. Er kommt gleich runter zu euch.«
Sie beschlossen, sich zunächst auf te Laaks aktuelle Fälle zu konzentrieren - irgendwo mußten sie ansetzen. Astrid wollte die Pferdegeschichte übernehmen, van Appeldorn würde sich um die Industriespionage kümmern und Toppe um die beiden Brüder. Er war nicht glücklich mit dieser Lösung, aber für den Anfang mußte es so gehen. Wenn Heinrichs seine Sache als Koordinator nur halb so gut machte wie Breitenegger, dann waren alle auch über die Ermittlungen der anderen auf dem Laufenden.
Toppe und van Appeldorn griffen zu ihren Telefonen. Auch Heinrichs nahm den Hörer. »Herr Siegelkötter? Heinrichs hier«, flötete er. »Es tut mir leid, aber Herr Toppe ist in den nächsten zwei, drei Stunden leider unabkömmlich - dringende Ermittlungssache. Er wird sich später bei Ihnen melden.«
Astrid ging hinunter zum diensthabenden Kollegen von der Schupo und ließ sich Heuvelmanns Anzeige und die Protokolle vom letzten Dezember geben. Sie blätterte die Papiere kurz durch. »Kann ich die mal mit hochnehmen?«
»Steht sowieso nichts drin«, meinte der Kollege achselzuckend, »aber wenn es dir hilft. Die haben dem Heuvelmann übrigens noch einen Gaul abgestochen, aber bei uns hat er sich deswegen nicht mehr gemeldet. Hat sich lieber einen Privatschnüffler genommen.«
»Woher weißt du das?«
»Hab' ich so gehört ...«
Astrid grinste - das gute alte Radio Tamtam.
Toppe und van Appeldorn telefonierten immer noch, als sie wieder ins Büro kam; Heinrichs las in einem dicken Wälzer.
Früher war Astrid auch mal geritten; zuerst auf dem Pony, das ihre Eltern ihr geschenkt hatten, als sie neun wurde, später dann im Reitstall in Hau. Eine Freundin von damals ritt immer noch Turniere, das wußte sie aus der Zeitung. Sie hatte Mareike ewig nicht gesehen. Überhaupt war der Kontakt zu ihren alten Freunden spärlich geworden, seit sie in den Beruf eingestiegen war, und das lag nicht nur an ihrer unregelmäßigen Freizeit. Sie hatte einfach keine Lust mehr auf Reiterbälle und Spritztouren in die Altstadt, und die Gespräche über Lebensversicherungen, Kapitalanlagen und die Malediven ödeten sie an. Bis vor einem Jahr war sie noch in der Moyländer Tennismannschaft gewesen, aber das war ihr auch zuviel geworden. Im Moment spielte sie zwei, drei Stunden in der Woche, aber eigentlich nur, um einigermaßen in Form zu bleiben. Seit sie die Pille wieder nahm, mußte sie ganz schön auf ihr Gewicht achten.
Nach drei vergeblichen Telefonaten erwischte Astrid Mareike schließlich im Reitstall.
»Astrid von Steendijk! Daß es dich noch gibt!« - »Beruflich?« - »Bei der Kripo? Du? Was macht so jemand wie du denn bei der Polizei?« - »Ein Zuchthengst? Geht es um die Heuvelmanngeschichte? Wieso interessiert sich denn die Polizei dafür? Ich dachte, Heuvelmann hätte einen Detektiv eingeschaltet.« - »Ein guter Zuchthengst - der kann bis zu einer halben Million kosten.« - »Die von Heuvelmann? Ich würde sagen, so zwischen achtzig- und hunderttausend. Aber eigentlich läßt sich das kaum rechnen. So ein Tier ist eine Kapitalanlage auf lange Sicht: die Deckprämie liegt bei rund tausend Mark pro Versuch bei einem Hengst dieser Qualität, und Decksaison ist immerhin von Februar bis August - da kommt was zusammen.«
»Ja«, meinte Astrid. »Sag mal, habt ihr untereinander nicht mal spekuliert, wer das getan haben könnte?«
»Schon, aber ohne Ergebnis. Auf jeden Fall war das kein Pferdefreund, so viel steht fest. Nicht nur dem Heuvelmann ist die Sache an die Nieren gegangen; das waren ein paar ganz feine Tiere.«
»Kennst du Heuvelmann eigentlich näher?«
»Ach Gott, näher ... du weißt ja, wie das bei uns Reitern so ist ...«
Sie geriet ins Plaudern, und Astrid wußte gar nicht, wie sie aus diesem Gespräch wieder rauskommen konnte.
»Das war's eigentlich«, sagte sie hastig in Mareikes nächstes
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