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Jenseits von Uedem

Jenseits von Uedem

Titel: Jenseits von Uedem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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Flintrops verdattertes Gesicht sehen. Sie stürzte hinaus auf den Gang und brüllte: »Wo haben Sie gesteckt, verflucht noch mal?«
    »Ich war doch höchstens eine Minute ... menschliches Bedürfnis ...« stammelte er.
    »Scheiße!« schrie sie. »Am liebsten würde ich Sie ...«
    »Tut mir echt leid .«
    »Ach.« Sie rieb sich die Stirn. »Halten Sie bloß die Klappe.«
    Damit verschwand sie türknallend wieder im Vernehmungszimmer.
    »Und jetzt«, fuhr sie Schöningh an, »Ihre Unterschrift, aber sofort, und dann Ihren Abgang, bitte!«

    Der Leichenwagen parkte quer vor der Eingangstreppe von Haus Ley.
    Susanne Holbe stand vor dem Durchgang zum Wintergarten mit dem Rücken zur Tür; hinter ihr guckten mehrere alte Leute neugierig durch die Scheiben. Sie wollte offenbar niemanden in der Halle haben.
    »Was machen Sie denn schon wieder hier?« fuhr sie Toppe und van Appeldorn an.
    »Wer ist denn gestorben?« fragte Toppe ebenso unfreundlich.
    Sie räusperte sich und probierte ein geschäftsmäßiges Lächeln. »Herr Geurts, ein Patient von der Pflegestation. Er war schon sehr lange krank, Syphilis im dritten Stadium. Wir sind froh, daß es dann doch noch so schnell gegangen ist.«
    »Ist Dr. Grootens im Haus?« fragte van Appeldorn.
    »Ja, Sie haben Glück. Er ist gerade in meinem Büro und stellt den Totenschein aus. Wenn Sie allein hinfänden ... ich möchte im Augenblick hier nicht weg.«
    Dr. Grootens saß an Holbes Schreibtisch, ein großer Mann mit Seehundbart, ein Beau, an dem das Alter schon kräftig genagt hatte. Er war blitzwütend.
    »Dann verdanke ich es ja wohl auch Ihnen, daß mir die Drogenfahndung gerade die ganze Praxis auf den Kopf stellt?«
    »Genau«, sagte van Appeldorn.
    »Aber deswegen sind wir heute nicht gekommen«, meinte Toppe schlicht. »Wir haben .« »Ich weiß, warum Sie hier sind«, fiel ihm Grootens ins Wort.
    »Das haben mir schon mindestens zehn Leute erzählt. Sie wollen wissen, ob ich diesen Privatdetektiv hier im Haus gesehen habe. Dazu sage ich Ihnen klar und deutlich: Nein, ich habe diesen Menschen zu keinem Zeitpunkt gesehen, weder hier noch sonstwo. Ich habe nicht einmal von seiner Existenz gewußt. Reicht Ihnen das?«
    Toppe nahm in aller Ruhe seinen Notizblock heraus und fing an zu schreiben.
    »Warum sind Sie eigentlich so ... ungehalten?« fragte van Appeldorn.
    »Das kann ich Ihnen sagen!« Grootens kam mit einem Satz auf die Füße. »Mein Ruf ist mein Kapital. Und wenn bei mir wegen irgendeiner Verleumdung die Drogenfahndung auftaucht, dann bedroht das meine Existenz.«
    »Darf ich mal den Totenschein sehen?« streckte Toppe die Hand aus.
    »Was soll das jetzt wieder?« knurrte Grootens. »Aber bitte, bedienen Sie sich.«
    »Todesursache: Herzversagen«, las Toppe. »Sind Sie da ganz sicher?«
    Grootens dicker Schnurrbart zitterte. »Ich bin absolut sicher. Wollen Sie mir jetzt auch noch unterstellen, daß ich meine Arbeit nicht anständig mache?«
    »Wie stellen Sie denn so was fest?« fragte Toppe. »Todesursache: Herzversagen?«
    Grootens ließ sich auf den Stuhl fallen, schüttelte lange den Kopf über soviel Unverstand und setzte dann an zu einer endlosen Erläuterung, die vor medizinischen Fachausdrücken nur so strotzte. Seelenruhig ließ Toppe sich jede Kleinigkeit erklären.
    »Und Sie haben von Anfang an hier die Totenscheine ausgestellt?«
    »Ja.«
    »Waren Fälle mit unklarer Todesursache dabei, oder Fälle, bei denen Sie im Zweifel waren?«
    »Das ist doch .« Grootens schnappte nach Luft, stand dann auf zum großen Abgang. »Das muß ich mir alles nicht bieten lassen! Ohne meinen Anwalt werde ich kein weiteres Gespräch mit Ihnen führen.«
    Die Tür klickte hinter ihm ins Schloß.
    »Touché«, murmelte Toppe.
    »Hm«, nickte van Appeldorn, »den haben wir ganz schön aufgescheucht.«

    Die Heimbewohner saßen beim Mittagessen an weißgedeckten kleinen Tischen, zu dritt und zu viert. Toppe und van Appeldorn sahen vom Wintergarten aus zu und warteten auf Emil Wagner und Auguste Beykirch. Besteck klirrte, Teller klapperten, aber kaum jemand sprach. Toppe konnte nicht erkennen, was es gab, auf jeden Fall war es etwas, wozu man kein Messer brauchte. Einem alten Mann lief beim Trinken die Hälfte der Milch aus den Mundwinkeln und tropfte auf den Teller. Er bemerkte es gar nicht. Toppe sah weg. Frau Köster saß neben ihrem Mann und rührte keinen Bissen an. Gehetzt sah sie von einem zum anderen, drehte sich sogar zu denen um, die ihr im Rücken saßen.

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