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Jenseits

Jenseits

Titel: Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Cabot
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Brüdern, und ich hatte das alles nur vergessen. Aber für die Ereignisse auf Großvaters Beerdigung war das immer noch keine Erklärung.
    John. Ich bin John .
    »Wie … wie hast du das gemacht?«, fragte ich ihn mit zitternder Stimme. »Wir waren doch gerade noch an diesem See, und jetzt …«
    »Ach, das.« Er zuckte die Achseln. »So eine Art Privileg, das mein Job mit sich bringt, könnte man sagen.« Er schob mir einen der thronartigen Stühle hin. »Du musst ziemlich müde sein. Möchtest du dich nicht hinsetzen? Und du hast bestimmt auch Hunger.«
    Als er das sagte, merkte ich, wie recht er hatte. All die Berge reifer Pfirsiche, knackiger Äpfel und frischer Weintrauben in den glänzenden Silberschalen, ganz zu schweigen von dem klaren Wasser, das so kalt war, dass ich die Kondenstropfen an den Bäuchen der Kristallkaraffen sehen konnte … Es fiel mir schwer, mich nicht sofort auf all das zu stürzen, aber ich wollte lieber warten, bis meine Knie nicht mehr so weich waren.
    Außerdem hatte mein Dad mich immer ermahnt, in solchen Situationen vorsichtig zu sein. Nun ja, vielleicht nicht direkt in solchen Situationen. Er hatte natürlich gemeint, ich sollte ja kein Essen und keine Getränke von Fremden annehmen. Vor allem nicht, wenn sie jung und männlichen Geschlechts waren. Selbst dann nicht, wenn ich sie bereits kannte.
    »Job?«, fragte ich, ohne mich von der Stelle zu rühren. Mein Gehirn schien etwas überfordert damit, das alles zu verarbeiten. Es war viel zu viel passiert, und das in viel zu kurzer Zeit. »Welcher Job? Versteh ich nicht. Und du hast mir immer noch nicht gesagt, wo genau wir sind. Und wer waren diese ganzen anderen Leute?«
    »Ach, draußen am See?« Als er jetzt seine grauen Augen auf mich richtete, sahen sie nicht mehr aus wie Sturmwolken und blitzten auch nicht mehr wie harter, kalter Stahl. Nein, was ich jetzt in ihnen sah, war … Bedauern. Das war das einzige Wort, das mir dazu einfiel. »Es tut mir alles schrecklich leid. Das, dessen ich dich vorhin beschuldigt habe … das war unverzeihlich von mir. Ich habe noch nie ein Mädchen wie dich getroffen. Zumindest nicht seit sehr, sehr langer Zeit.«
    »Ein Mädchen wie mich?«, wiederholte ich mit immer noch zitternder Stimme. Obwohl ich jetzt trocken war und auch nicht mehr fror wie vorhin am See, war ich sicher, dass ich jeden Moment einen hysterischen Anfall bekommen würde. »Du kennst mich doch so gut wie überhaupt nicht. Das letzte Mal, als wir uns trafen, war ich sieben, und du hast mich nicht mal wiedererkannt. Erst als ich dir sagte, wer ich bin, ist der Groschen gefallen, und selbst dann musstest du erst noch meinen Namen in diesem komischen goldenen Ding nachschlagen. Was stand da überhaupt über mich drin?«
    »Das war als Kompliment gemeint«, insistierte er und ließ den Stuhl wieder los. Er ging auf mich zu und breitete die Hände aus, als wäre ich ein nervöses Pony, das es zu beruhigen galt. »Außerdem hast du dich gar nicht so stark verändert, wie du vielleicht glaubst. Du hast immer noch die größten Augen, die ich je gesehen habe. Sie strahlen eine aufrichtige Wärme aus. Wie Honig.«
    Seine Augen hingegen hatten genau dieselbe Farbe wie die Fruchtschalen.
    »Aber du hast dich verändert«, sagte ich. Das war nicht als Kompliment gemeint, und er schien es zu merken. Vor allem, da ich für jeden Schritt, den er auf mich zumachte, vorsichtig einen in die entgegengesetzte Richtung ging. So lange, bis ich plötzlich den Diwan in meinen Kniekehlen spürte. Da stand ich nun und konnte nicht mehr ein noch aus.
    Ich blickte zu ihm auf, und das Herz schlug mir bis zum Hals. In was hatte ich mich da bloß reingeritten? Ich hätte nie mit ihm hierherkommen dürfen.
    »Eigentlich«, sagte John und war mir jetzt so nahe, dass ich die Wärme spüren konnte, die von seinem Körper ausging, »habe ich mich kein bisschen verändert. Und du auch nicht. Deine größte Sorge ist immer noch das Wohlergehen anderer, wie beim letzten Mal, als ich dich traf. Da wolltest du, dass ich einen Vogel wieder zum Leben erwecke. Dann deinen Großvater. Und gerade eben hast du auch ständig von den anderen gesprochen. Ihnen ist kalt, ihre Klamotten sind durchweicht. Sie verdienen es, besser behandelt zu werden. Das hast du gesagt. Ob ich denn verletzt wäre, hast du mich gefragt. Das alles wolltest du wissen, nachdem mein Pferd dich um ein Haar totgetrampelt hätte. Ob ich verletzt sei. Weißt du, wie oft mir diese Frage gestellt wurde,

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