Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jenseits

Jenseits

Titel: Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Cabot
Vom Netzwerk:
gerade ablegt?« Als ich sein Gesicht sah, verstummte ich abrupt. Es war ernster als je zuvor.
    »Die gerade abgelegt hat , meinst du«, korrigierte mich John. Die Worte schienen durch den Raum zu hallen, wieder und wieder, obwohl das natürlich gar nicht möglich war.
    »Warte mal«, sagte ich schließlich. »Wie bitte?«
    »Die Fähre ist weg«, erklärte John. »Ich habe dich gefragt, ob du woandershin willst, und du hast gesagt: ›Ja, bitte‹. Du hast dich gegen die Fähre und für mich entschieden. Was auch der Grund ist, weshalb du wirst hier bleiben müssen. Bei mir. Sieh mal, ich glaube, dir geht es im Moment einfach nicht gut. Vielleicht solltest du dich hinsetzen. Ein bisschen was essen. Wie wär’s mit etwas zu trinken? Warmen Tee vielleicht?«
    Donner grollte, aber diesmal in meinem Kopf, nicht am Himmel. Mit einem Mal war mir wieder eiskalt, trotz des prasselnden Feuers in dem großen offenen Kamin.
    »Willst du mir damit sagen, dass ich auf immer und ewig hierbleiben muss, weil ich wegen dir die Fähre verpasst habe!?«, fauchte ich ihn an.
    Er war so groß, dass ich mir regelrecht den Hals verrenken musste, um ihm in die Augen sehen zu können. Und was ich dort sah, die hohen Wangenknochen, die zuckenden Muskeln um seinen vorspringenden Kiefer, machte mir genauso viel Angst, wie ich sie unten am Strand verspürt hatte. Doch trotz aller Entschlossenheit in Johns Gesicht sah ich auch die Traurigkeit in seinen silbrigen Augen.
    Was jedoch nichts gegen die Tränen auszurichten vermochte, die in mir aufstiegen, oder gegen meinen rasenden Puls.
    »Und was ist mit dem anderen Schiff?«, bohrte ich weiter nach. Meine Stimme klang schrill, selbst für meine Ohren. »Das, mit dem die Leute in der anderen Schlange fahren werden?«
    »Wo dieses Schiff hinfährt, willst du ganz sicher nicht enden«, antwortete John knapp. »Was glaubst du, warum die anderen alle unbedingt auf deins wollten?«
    Ich konnte nicht glauben, was hier gerade geschah.
    »Okay«, sagte ich und versuchte, mich irgendwie zu beruhigen, auch wenn mir das Herz immer noch bis zum Hals schlug. »Ich habe also meine Fähre verpasst, weshalb ich auch noch nicht auf dem Weg zu meiner gerechten Bestimmung bin. Richtig? Und du kannst Tote wieder zum Leben erwecken. Das hast du damals bei der Taube gemacht, also wirst du es jetzt auch mit mir machen: Du machst mich einfach wieder lebendig! Das ist deine heilige Pflicht, schließlich hast du es verbockt, indem du dafür gesorgt hast, dass ich meine Fähre verpasse! Also tu’s. Jetzt, John.«
    Sein Gesicht blieb ungerührt, auch wenn sein Blick weiterhin traurig war. »Ich kann nicht«, sagte er.
    »Du kannst nicht?«, fragte ich zurück und musste ein Schluchzen unterdrücken. »Oder du willst nicht?«
    Er blickte zur Seite. »Ich will nicht«, antwortete er schließlich.
    Mein Herz fühlte sich an, als läge es immer noch unter der Poolabdeckung. »Warum nicht?«
    »Darum«, erwiderte er schlicht. Es schien, als müsse er erst noch einen Moment darüber nachdenken. »Es ist gegen die Regeln.«
    »Bist du nicht derjenige, der hier die Regeln macht?«, fragte ich. Das hier war nur noch schlimm, das Schlimmste, was mir jemals passiert war. Meinen Tod eingeschlossen.
    »Nein«, antwortete er. Ich konnte sehen, wie er um Fassung rang und dabei genauso wenig Erfolg hatte wie ich damit, meine Tränen zurückzuhalten. In der Ferne grollte Donner – und eindeutig nicht in meinem Kopf. »Tue ich nicht.«
    »Wer dann?« Ich konnte ihn kaum noch sehen, aber nicht, weil er plötzlich verschwunden war, sondern wegen all der Tränen, die sich in meinen Augen gesammelt hatten. Verzweifelt versuchte ich, sie wegzuwischen.
    »Ich weiß es nicht«, sagte er und klang plötzlich müde. »Kapiert? Denkst du, mir macht das Spaß? Meinst du nicht, dass auch ich meine Mutter gerne mal wiedersehen würde? Aber das kann ich nicht. Genauso wenig wie du.«
    Zu hören, dass er sich ebenfalls danach sehnte, seine Mutter wiederzusehen, brachte meinen Tränenfluss zwar nicht zum Versiegen, aber ich war doch einigermaßen überrascht, dass sogar jemand wie er eine Mutter hatte. Andererseits: Natürlich hatte er eine. So wie wir alle.
    »Warum nicht?«, fragte ich.
    »Wegen der Furien«, gab er tonlos zurück, als würde das irgendwas erklären. »Glaub mir, die sorgen dafür, dass die Konsequenzen eines Regelverstoßes um einiges schlimmer ausfallen, als du es dir auch nur vorstellen kannst. Und das gilt nicht nur für

Weitere Kostenlose Bücher