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Jenseits

Jenseits

Titel: Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Cabot
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unterbrach ich sie. »Aber ich bin ziemlich müde; ich glaube, ich werde jetzt ins Bett gehen.« Ich wollte mir nur noch die Decke über den Kopf ziehen und nie wieder aufstehen.
    »Wirklich?«, sagte Mom enttäuscht. »Möchtest du dich nicht mal von deinen Gästen verabschieden? Chris hat extra auf dich gewartet, bevor er mit Oma und Alex wieder nach Hause fährt. Und ich glaube, Alex wollte dich fragen, ob du für den Schulanfang morgen noch irgendetwas wissen willst. Das ist doch wahnsinnig nett von ihm, oder?«
    Allein beim Gedanken an den ersten Schultag hätte ich mir am liebsten alle Fingernägel gleichzeitig abgekaut. Aber Mom war wegen des Schulanfangs gestern extra mit mir zur Mani- und Pediküre gegangen, also konnte ich das wohl vergessen.
    »Weißt du, Mom«, sagte ich, »ich bin echt fertig. Muss an der ganzen Aufregung wegen der Party liegen. Sag Alex einfach Danke von mir und dass wir uns morgen sowieso sehen, wenn er mich zur Schule abholt. Gute Nacht, Mom.«
    Ich rannte die Treppe hinauf, noch ehe sie irgendetwas erwidern konnte.
    Er hat das Friedhofstor aufgebrochen .
    Ein einziger, harter Tritt mit seinem schweren schwarzen Stiefel, und das Schloss war in zwei Teile zersprungen. Die Torflügel waren weit aufgeflogen, dann hatte er mich hindurchgeschoben.
    »Raus!«, hatte er mich mit seiner tiefen Teufelsstimme angeknurrt. »Hast du gehört, Pierce? Geh da raus und komm nie wieder. Dieser Ort ist nichts für dich, außer du wärst gerne wieder tot. Für immer diesmal.«
    Gleich nachdem er das gesagt hatte, hatte ein greller Blitz die Wolken zerrissen, gefolgt von einem Donner, der das Scheppern der zurückschwingenden Torflügel übertönte und so laut war, dass ich dachte, der Himmel würde jeden Moment einstürzen. Ohne mich umzudrehen, war ich zu meinem Cruiser gerannt, überglücklich, noch einmal davongekommen zu sein.
    Doch jetzt, da ich unter der heißen Dusche stand – so heiß, wie ich es gerade noch ertragen konnte –, fragte ich mich: War irgendetwas von alldem wirklich geschehen? Wie sollte das möglich sein? Niemand konnte ein schmiedeeisernes Tor mal eben mit einem Fußtritt aufbrechen. Und das am Friedhof von Isla Huesos war riesig, damit die Beerdigungs-Kutschen hindurchpassten, die Eisenstäbe daran so dick wie die einer Gefängniszelle.
    Zumindest niemand, der in dieser Welt lebte.
    Ich wollte einfach nicht mehr daran denken.
    Aber ich konnte an nichts anderes denken.
    Hatte ich ihn wirklich gesehen, mit ihm gesprochen, ihn berührt und … und er mich ? Ich schaute hinunter auf die Stelle an meinem nackten Arm, an der er mich mit seiner Killerhand gepackt hatte. Erstaunlicherweise waren keine Spuren zurückgeblieben, denn auf dem Friedhof hatte es sich noch angefühlt, als hätte die Hand sich bis auf den Knochen durchgebrannt. Ich hatte ja nicht einmal mehr die Kette, um mir selbst zu beweisen, dass irgendetwas davon wirklich geschehen war. Sie war weg, und diesmal für immer, wie er selbst gesagt hatte, denn ich würde ganz bestimmt keinen Fuß mehr auf den Friedhof setzen. Ob ein Tourist sie irgendwann finden würde? Wahrscheinlich würde sie eines Tages in einer Online-Auktion oder einem Pfandleihhaus enden.
    Ich trat aus der Dusche, wickelte mich in eins der dicken weißen Handtücher, die Moms Innenausstatter ausgesucht hatte, und schüttelte den Kopf. Es spielte keine Rolle mehr. Ich wusste, was ich gesehen hatte, was ich gefühlt hatte. Ich brauchte diesen Klunker nicht, um es zu beweisen. Mir selbst nicht und auch niemand anderem.
    Die Begegnung heute Nacht hatte alles nur noch schlimmer gemacht. Der Versuch, mich zu entschuldigen für das, was ich ihm angetan hatte, war ungefähr so gut angekommen wie eine schimmelige Geburtstagstorte.
    Andererseits, hatte er sich bei mir entschuldigt? Was kümmerte es mich also? Manchmal waren Jungs einfach Idioten. Das war zumindest meine Erfahrung, und Moms auch. Deshalb hatte sie mich eingepackt und war mit mir nach Isla Huesos gezogen. Ich war nicht das Einzige, das sie liebte und das, ihrer Meinung nach, durch Dads Nachlässigkeit beinahe gestorben wäre.
    »Isla Huesos, Deb? Da willst du hin?«, hatte er gefragt, nachdem er mich neulich nach einem gemeinsamen (natürlich vor Gericht ausgehandelten, aber das machte mir nichts aus) Mittagessen wieder zu Mom gebracht hatte. Sie hatte nicht gewusst, dass ich draußen vor der Tür stand und lauschte. Natürlich wusste ich, dass man das eigentlich nicht tun durfte, aber wie sonst

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